Der Druck auf Unternehmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung hat in den letzten Jahren tendenziell zugenommen. Die IT-Abteilung steht nach den allgemeinen Ausgaben, Transportkosten, Finanzierungskosten und Telekommunikationskosten, an durchschittlich fünfter Stelle der im Unternehmen anfallenden Kosten.
Allerdings fällt es der IT-Leitung oft schwer, sich einen detaillierte Überblick über die tatsächlich angefallenden IT-Kosten zu verschaffen, gar nicht zu reden von IT-fernen Finanzdirektoren oder CFOs, die belastbare Zahlen benötigen. Die Gründe für dieses Informationsdefizit liegen vor allem in der mangelnden Integration der oft auf verschiedenen Systemen gespeicherten IT-Finanzdaten:
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ERP- oder Buchhaltungs-Lösungen können die IT-Aktiva aus buchhalterischer Sicht verwalten,
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Asset-Management-Lösungen beinhalten Informationen über IT-Investitionen,
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Projekt- und Portfoliomanagement(PPM)-Lösungen umfassen Informationen über Projektkosten, und
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Service-Management-Lösungen beinhalten Informationen über Service-Kosten.
Einen Überblick über die Daten für Analysezwecke ist so schwer zu gewinnen. Hilfe verspricht die Einführung von Business-Intelligence-Lösungen. Sie helfen bei der Integration der relevanten Daten in einem IT-Data-Warehouse und bieten Werkzeugen für das Reporting, die Analyse und die Planung von IT-Kosten und -Leistungen.
In den letzten Jahren ist die Nachfrage in der IT-Abteilung nach entsprechenden Lösungen gestiegen. Typischerweise werden im Rahmen der Einführung solcher BI-Anwendungen wie in anderen Unternehmensbereichen oftmals bisher genutzte fehleranfällige und ineffiziente Excel-basierende Controlling-Lösungen abgelöst, zurückgefahren und ergänzt.
Ansätze zur Kostenreduktion in der IT
Seit Jahren versuchen Unternehmen über die Neuverhandlung von Lieferantenverträgen, die Verschiebung oder komplette Absage von Projekten oder aber die Verlängerung des Lebenszyklus von IT-Ausstattung, Kosten in der IT zu senken. Die selbe Stoßrichtung haben des Weiteren in den größeren Organisationen Ansätze zum Outsourcing von IT und Personal. In diesem Zusammenhang hat in den letzten zwei Jahren das Cloud Computing an Bedeutung gewonnen, verspricht es doch eine flexible Nutzung von IT-Infrastruktur als auch Applikationen je nach aktuellem Bedarf über externen Dienstleistern ('aus der Cloud'); bezahlt wird hier nach dem tatsächlichen Verbrauch.
Egal welcher Ansatz für die IT gewählt wird, eine Kostensenkung für Verträge oder Investitionen lässt sich nur erzielen, wenn sich das IT-Management einen umfassenden, vollständigen und zuverlässigen Überblick über die verschiedenen IT-Kosten verschaffen und diese in unterschiedlicher Szenarien miteinander vergleichen kann. Nachfolgend einige methodische Ansätze hierfür:
1. ITIL Financial Management für IT-Services
ITIL (Information Technology Infrastructure Library) ist ein Ende der 80er Jahre ins Leben gerufenes Regel- und Definitionswerk für das IT-Service-Management. Die als De-facto-Standard angesehene dritte Version, ITIL v3, ist eine Sammlung von Best Practices bzw. Good Practices für den Betrieb einer IT-Infrastruktur in fünf Kernbänden. Mittlerweile gibt es eine Aktualisierung als ITIL 2011 Edition, die aber grundsätzlich mit der dritten Version übereinstimmt.
Der Prozess des Financial Managements für IT-Services wird in dem ITIL-Buch "Service Strategie", das auch die Prozesse Demand Management, Service-Portfolio-Management und Strategy Generation beschreibt, erklärt. Dieser Prozess umfasst die Verwaltung der Kosten für das Erbringen von IT-Services in den drei Teilbereichen Budgetplanung, Buchhaltung und Leistungsverrechnung.
Zu diesen drei Teilbereichen des Prozesses bietet ITIL v3 folgende Definitionen:
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Budgetplanung ("Budgeting") umfasst den Planungsprozess und die Kontrolle der Ausgaben. Dieser Prozessschritt beinhaltet die zyklische Verhandlung zur Definition des zukünftigen Budgets (üblicherweise jährlich), die tägliche Überwachung sowie die Anpassung des Budgets.
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Buchhaltung ("Accounting") soll die Kosten, die durch IT-Services erzeugt werden, identifizieren helfen, dient dem Abgleich mit den geplanten Kosten und dokumentiert Abweichungen.
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Leistungsverrechnung ("Charging") hat zum Zweck, die Kosten der IT-Services zu verrechnen. Nach ITIL ist dieser Prozessschritt optional; viele Unternehmen betrachten den Erbringer von IT-Services als Kostenstelle.
Nachfolgend stelnn wir Ihnen Definitionen und Konzepte des Kosten-Managements nach ITIL v3 kurz vor:
a) IT-Kosten-Ebenen
Bei der Definition der IT-Kosten unterscheidet ITIL drei Ebenen:
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Kostenarten (cost type) stellen die höchstmögliche Zuordnungskategorie dar ( Hardware, Software, Personalkosten, Aufwände, etc.).
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Kostenelemente (cost element) bilden die mittlere Kategorie (beispielsweise für die Kostenart "Personal" sind dies die Elemente Gehalt, Nebenkosten, Training.)
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Kosteneinheiten (cost unit) bilden die unterste Ebene der Elemente (für das Element „Nebenkosten“ wären dies zum Beispiel die Kosteneinheiten Unterkunft, Transport, Verpflegung)
b) Leistungsverrechnung
Bei der Leistungsverrechnung unterscheidet ITIL v3 die Elemente "Cost Center" und "Profit Center". Erstes ist eine Geschäftseinheit oder ein Projekt, dem Kosten direkt zugeordnet sind. Es werden entsprechend keine Kosten für die erbrachten Services verrechnet. Ein Profit Center ist hingegen eine Geschäftseinheit, welche für erbrachte Services Gebühren berechnet.
c) Verfahren und Indikatoren
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Direkte / indirekte Kosten: Direkte Kosten sind die Kosten für einen IT-Service, der einem bestimmten Kunden, einer Kostenstelle oder einem Projekt zugeordnet werden kann. Indirekte Kosten sind dagegen die IT-Service-Kosten, die nicht komplett einem speziellen Kunden zugeordnet werden können.
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Cost Benefit Analysis: Dies ist ein Verfahren, das die Kosten und den Nutzen anhand verschiedener Szenarien analysiert und vergleicht.
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Cost Effectiveness: Dies ist eine Maßnahme, die die Kosten eines Service, Prozesses oder einer Aktivität in Bezug zu seiner Effektivität setzt. Kostenwirksam (cost effective) wäre ein Prozess, wenn er mit minimalstem Kostenaufwand seine Zielsetzung erreichen würde.
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Service utility: Das ist die Beurteilung eines IT-Services aus Kundensicht. Der Wert fürs Unternehmen eines IT-Services entsteht durch die Kombination aus service utility und service warranty (s.u.).
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Service valuation: Ist ein Maß für die Gesamtkosten, die bis zur Auslieferung eines IT-Service anfallen und der gesamte wahrnehmbare Wert des IT-Services für das Business.
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Service warranty: Dies ist eine Zusicherung, dass ein IT-Service seine vereinbarten Anforderungen einhalten wird. Dies kann über den Weg eines Vertrags oder eines SLAs (Service Level Agreement) erfolgen.
Prozess "Financial Management für IT Services"
Das Finanzmanagement von IT-Services ist ein wichtiger Aspekt von ITIL. Hauptsächlich geht es um die Identifikation und Verwaltung von Service-Kosten, die durch die IT für Fachbereichsnutzer erbracht wurden.
Die Umsetzung des ITIL-Prozesses "Financial Management für IT Services" ermöglicht diesbezüglich die Evaluation der IT-Service-Kosten, um sie besser kontrollieren und optimieren zu können. Zunächst werden die von der IT erbrachten Services und ihre Bestandteile identifiziert und anschließend in einem Service-Katalog in Verbindung mit der Configuration Management Database (CMDB) gesammelt. Die CMDB kann alle von der IT-Abteilung für den Anwender bereitgestellten Services sowie alle für die Auslieferung der Services notwendigen Configuration Items (CI), wie beispielsweise Anwendungen und Server, verwalten.
Sind alle CIs und die Relationen definiert, lassen sich diesen CIs Kosten zuordnen (z.B. Server-Wartungsarbeiten, Software-Lizenzen etc. -> siehe hierzu die von ITIL definierten Kostenebenen). Auf Grundlage dieser Informationen können IT-Manager die Gesamtkosten für jeden Service ermitteln. Asset-Management-Lösungen und IT-Controlling/Business-Intelligence-Lösungen unterstützen dies.
Das erklärte Ziel ist die Identifikation aller Service-Kosten als Grundlage für die Weiterverrechnung oder des Angebotes verschiedener Service Levels. Dadurch wird der IT-Abteilung die Möglichkeit gegeben, ein und denselben Service auf verschiedenen Service-Levels (Gütestufen) zu unterschiedlichen Preisen anzubieten (beispielsweise ein Support-Service, der bei 24 Stunden Verfügbarkeit zu einem höheren Preis berechnet wird als bei Verfügbarkeit zu Geschäftszeiten).
2. Activity based costing (ABC)
Das 1986 vom internationalen Konsortium produzierender und dienstleistender Unternehmen CAM-I (Consortium for Advanced Manufacturing International) definierte ABC-Verfahren ist eine andere Methode, die zur Evaluation von IT-Kosten eingesetzt werden kann.
ABC basiert ebenfalls auf der Definition von Relationen zwischen den verschiedenen Bestandteilen des IT-Systems und verwaltet 3 Elementtypen: Services, Aktivitäten und Ressourcen. Das ABC-Verfahren identifiziert die IT-Kosten, indem es Ursache und Wirkung in Zusammenhang bringt.
Die verwalteten Elemente sind:
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Services (z.B. ein Mail-System). Services werden von der IT für die Fachbereiche bereitgestellt.
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Diese Services basieren auf Aktivitäten. Aktivitäten umfassen Aufgaben, die von Mitarbeitern der IT-Abteilung ausgeführt (z.B.: Support für Mail-Systeme) und in einemAktivitätsindex gemessen werden. Zum Messen dieser Aktivitäten werden technische Arbeitseinheiten (z.B. Helpdesk Tickets für den Support) benötigt.
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Schließlich verbrauchen die Aktivitäten Ressourcen (analog zu den Ausgaben der IT-Abteilung: Gehälter, Einkäufe, Wartung).
Auf diese Weise hilft die Methode die Kosten der IT-Services einzuschätzen.
3. Indikatoren zur Messung von IT-Kosten
Die Ermittlung der IT-Kosten soll ebenfalls dazu dienen, ihren Wertbeitrag abzuschätzen und als Argumentationshilfe für Investitionsentscheidungen zu wirken.
Der Wertbeitrag der IT kann mittels einer Gegenüberstellung der Kosten von den Indikatoren Leistung, Anwenderzufriedenheit und Qualität des Informationssystems ermittelt werden (siehe Grafik).
Ziele und Nutzen des IT-Controllings
Zusamengefasst zeichnet sich ein gutes IT-Finanzmanagement dadurch aus, dass es IT-Services nach Wirtschaftlichkeit und Nutzen für die Anwender einschätzen kann (siehe Tabelle).
Ebene |
Das IT-Finanzmanagement ermöglicht... |
Quelle: |
Barc |
Geschäftsführung |
Messbarkeit des Nutzens der IT am Gesamterfolg des Unternehmens Optimierung der Entscheidungsfindung auf Basis zuverlässiger Informationen zur Identifikation der gesamten IT-Kosten im Zusammenhang mit anderen Indikatoren |
IT-Leitung |
Optimierung der Entscheidungsfindung zum Anstoß neuer Projekte Evaluierung der Kosten von Anfrage aus den Fachbereichen und Vorschlagen von Alternativ-Lösungen Argumentationsgrundlage für IT-Ausgaben Vorschläge für Leistungsverrechnung, die an den Verbrauch angepasst sind |
Verwaltungs- und Finanz-Abteilung |
Schnelle Ermittlung der IT-Ausgaben sowie einen zusammenhängenden Überblick aus buchhalterischer und operativer Sicht Optimierung der Finanzierungsmöglichkeiten für IT-Projekte |
Ebenfalls soll es in der Lage sein, gegebenenfalls Alternativ-Lösungen zu finden (beispielsweise verschiedene Service-Levels im Service Desk zu unterschiedlichen Preisen).
Ferner hilft die Identifikation des Wertbeitrages der IT, Investitionen zu begründen.
Die Zuordnung und Analyse der Kosten für jeden erbrachten IT-Service ermöglichen eine bessere Kontrolle der Nutzer-Anfragen und einen verbesserten Wertbeitrag. Hierdurch können IT-Service-Kosten besser auf Fachbereichsebene evaluiert werden. (CFOworld)