Seine Arbeitszeit zumindest teilweise frei einteilen zu können, liegt in Europa und Russland im Trend. Zwei Drittel der Beschäftigten arbeiten laut einer Umfrage des Kommunikations-Anbieters Avaya schon heute flexibel. In Deutschland sind es mit 72 Prozent überdurchschnittlich viele - übertroffen nur noch von Russland, wo 84 Prozent Gleitarbeitszeiten haben.
Die Studie "Flexible Arbeitszeit 2009", die die Marktforscher von Dynamic Markets für Avaya erstellt haben, vergleicht neben Deutschland und Russland auch die Lage in Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien. Mehr als 3500 Arbeitnehmer aus den sechs Ländern wurden befragt. Unter dem Stichwort Flexibilität werden in der Umfrage sowohl flexible Arbeitszeiten abgehandelt als auch die Möglichkeit, statt im Büro von Zuhause aus zu arbeiten.
Die große Mehrzahl der Befragten glaubt, mit flexiblen Arbeitszeitmodellen entstünden neue Stellen oder ehemalige Mitarbeiter könnten leichter wieder eingegliedert werden. Besonders hoch ist der Anteil derer, die dieser Aussage zustimmen, unter Arbeitnehmern, die bereits flexibel arbeiten, zum Beispiel Eltern oder Menschen in Altersteilzeit.
Würde per Gesetz ein Recht auf flexible Arbeitszeiten für alle eingeführt, würden 61 Prozent der Befragten in den sechs Ländern darauf bestehen, an dem Modell teilzunehmen. Deutsche sind in diesem Punkt vergleichsweise zurückhaltend. Von ihnen sagten 46 Prozent, sie würden das Recht einfordern, 29 Prozent wäre es egal. Am meisten Fürsprecher fände ein solches Gesetz in Russland, wo 78 Prozent die Regelung in Anspruch nehmen würden.
Der Hauptvorteil, den Angestellte in nicht strikt festgelegten Arbeitszeiten sehen, ist, dass weniger Freizeit für Dinge wie Zahnarzt-Termine draufgeht. Außerdem glauben die Befragten, dass Gleitzeit sie zu glücklicheren Arbeitnehmern macht. Dieses Argument ist vor allem in Deutschland populär, wo es 72 Prozent bejahen. Jeder zweite in den sechs Ländern behauptet, unter flexibleren Bedingungen auch produktiver zu arbeiten.
Teilzeit soll Leistungsträger halten
Das ist das meistgenannte Argument, mit dem die Befragten meinen, ihren Chef für ein flexibles Arbeitszeitmodell gewinnen zu können. 59 Prozent denken, dass der Arbeitgeber mit diesem Gedanken zu ködern wäre. Ebenso viele sind der Ansicht, er würde Gleitzeit in der Hoffnung einführen, Spitzenangestellte mit familiären Verpflichtungen besser im Unternehmen halten zu können.
Weniger pendeln zu müssen und ihre Zeit eher nach eigenen Wünschen einteilen zu können, ist den Angestellten in Europa und Russland offenbar einiges wert. Denn drei Viertel gaben an, sie würden im Tausch zumindest gewisse Einbußen bei ihren Bezügen in Kauf nehmen. Im Durchschnitt würden die Befragten elf Prozent ihrer Bezügen opfern. 16 Prozent wären mit zwei bis fünf Prozent weniger Geld zufrieden, 19 Prozent sogar mit finanziellen Abstrichen von sechs bis zehn Prozent. Besonders hoch ist der Anteil derer, die mit weniger Geld zufrieden wären, unter denen, die schon heute flexibel arbeiten. Auch Eltern, werdende Eltern oder Altersteilzeitler wären überdurchschnittlich oft damit einverstanden. Unterschieden nach Firmengröße sind die Mitarbeiter kleiner und mittelständischer Unternehmen zu größeren Teilen bereit, Abschläge hinzunehmen. Dasselbe trifft auf jüngere Arbeitnehmer im Vergleich mit älteren zu. Doch auch von den über 50-Jährigen sagen noch zwei Drittel, sie wären zu einem gewissen Verzicht bereit.
Bereit zur Arbeit am Wochenende
Dass Flexibilität auch heißen kann, dass sich die Arbeitszeit über den klassischen Arbeitstag hinaus ausbreitet, ist den Befragten offenbar bewusst. 44 Prozent sagten, sie würden auch abends arbeiten. 37 Prozent wären bereit, am Wochenende für die Firma tätig zu werden, und ein Drittel würde auch dann arbeiten, wenn sie eigentlich gerade auf einer Schulung außerhalb des Büros sind. Ein Teil der Befragten gab auch an, zum Beispiel während des Pendelns oder bei Krankheit zum Arbeiten gewillt zu sein - sofern sie eben grundsätzlich in den Genuss eines flexiblen Arbeitszeit-Modells kämen.
Laut der Befragung brauchen Arbeitnehmer jeden Tag durchschnittlich 70 Minuten für den Weg ins Büro und wieder nach Hause. Wäre diese Zeit durch Heimarbeit plötzlich übrig, würden die meisten sie mit der Familie verbringen. Auch Entspannung und längeres Ausschlafen stehen oben auf der Wunschliste.