In vielen Firmen ist die IT immer noch eine Black Box: Oben wird etwas hineingesteckt, unten kommt etwas heraus. Doch was passiert dazwischen? "Die IT-Kosten werden häufig nicht verursachergerecht zugewiesen. Zwar vergeben die Fachabteilungen Aufträge, die entstehenden Kosten werden jedoch nicht auf die Endkostenstellen verrechnet", sagt Robert Zillekens, Geschäftsführer von Pob Business Consulting, einer Tochter von Lufthansa Systems. Sein Urteil: "Die interne Leistungserbringung der IT unterliegt nicht den Regeln, die zum Beispiel in der Fertigungsindustrie schon seit 20 Jahren Standard sind." Im Ergebnis bedeutet das aber: Da überall immer mehr Informationstechnologie eingesetzt wird, entsteht ein hoher Gemeinkostenblock, für den unter dem Strich die betriebliche IT verantwortlich gemacht wird.
Ralf Meyer, Geschäftsführer der auf IT-Cost-Controlling spezialisierten Osnabrücker Firma Nicetec, sagt: "Gerade in den New-Economy-Zeiten haben Unternehmen viel Geld in ihre IT-Infrastruktur gesteckt, ohne deren wirtschaftliche Effizienz unter die Lupe zu nehmen." Doch das ist Vergangenheit. Das Interesse an Lösungen zur Leistungskostenverrechnung habe gerade im vergangenen Jahr sprunghaft zugenommen. Zillekens: "Sehr viele CIOs stehen unter dem Druck, ihre Investments sehr genau rechtfertigen zu müssen. Und der Druck nimmt weiter zu, weil sie auch die Wertbeiträge der IT nachweisen müssen."
Beim Frankfurter Stromversorger Mainova wird die Abrechnung der IT-Kosten seit fünf Jahren groß geschrieben. Damals übernahm Maingas die Stadtwerke Frankfurt. "Jede Firma hatte eine eigene Leistungskostenverrechnung. Das haben wir mit der Gründung von Mainova zusammengefasst", so Bereichsleiter Karl-Heinz Schadewald. Mainova nutzt das Programm Value Control des aus der Nähe von Stuttgart stammenden IT-Controlling- und Integrationsspezialisten USU Openshop. Die Software wertet automatisch aus, wer was wie lange genutzt hat.
Zur Zeit der Fusion konnte das Unternehmen lediglich nach Prozessor- und Speichernutzung abrechnen. "Es gab nur den Host-Betrieb, und darauf war auch die Verrechnung ausgerichtet", erinnert sich Schadewald. Erst nach und nach habe sich eine Client-Server-Struktur ausgebildet, die jetzt auch eine transaktionsbezogene Nutzungsverrechnung erlaube.
Die IT-Abteilung von Mainova berechnet den Kostenstellen jeden PC-Arbeitsplatz, jeweils auf Basis der Nutzung einer Anwendung. Dafür hat Schadewald eine "PC-Kerntype" definiert. "Das sind bei uns die reinen Hardware-Kosten mit 36 Monaten Abschreibungszeit plus die Summe durch StandardSoftware wie das Mail-Programm Lotus Notes, einen Viren-Scanner, die Hardcopy-Funktion, ein Telefonbuch, einen elektronischen Duden und die Bahnauskunft." Als variable Kosten gilt beim Frankfurter Stromversorger die Nutzung des Office-Pakets von Microsoft. "Das machen wir - je nach Speicherbereichsnutzung - für jeden Benutzer individuell. Dabei zählt allein die Quantität, unabhängig davon, wie oft jemand eine bestimmte Software verwendet", so Schadewald. Der Betriebsrat habe jedoch keinen Grund zur Beschwerde. Eine Leistungskontrolle der Mitarbeiter sei auf diesem Weg nicht möglich. "Das ist technisch ausgeschlossen", betont Schadewald.
Jeden Monat erhalten die Kostenstellenverantwortlichen eine detaillierte Abrechnung. Sie ist nicht nur für Mainova wichtig, sondern vor allem für die externen Kunden: die Muttergesellschaft Stadtwerke Holding Frankfurt am Main und die Mainova-Beteiligungen Frankfurter Verkehrsgesellschaft und Rheinmain-Portal sowie die in Frankfurt verbliebenen Angestellten von Hessen Wasser.
Der Bereich IT-Controlling und Abrechnung hat jedes Mal mit dem Datenmaterial aus dem Asset-Management zu kämpfen. "Wie viele Drucker, Plotter, PCs haben wir, und wo stehen sie?", fasst Schadewald die Vielzahl der Fragen zusammen. Der Inventarisierungsreport stellt die Hardware eines Arbeitsplatzes dar und dient Mainova darüber hinaus als Forecast für die Investitionen in den kommenden Jahren, für die Kunden und die einzelnen Kostenstellenverantwortlichen. "Das Asset-Management verschafft uns Kontrolle und eine Kostenübersicht sowohl für Projekte als auch für sämtliche Leistungen, die wir erbringen."
Die transparente Leistungsabrechnung kann und soll natürlich dabei helfen, Kosten zu sparen. "Das Einsparpotenzial kann ich aber nicht genau beziffern", gibt Schadewald zu. "Ein Controlling-Projekt wie die interne Kostenabrechnung von Hardware- und Software-Nutzung nach Verursachern ist für sich genommen nicht dazu geeignet, die IT-Kosten zu senken. Es kann nur die Grundlage dafür sein zu erkennen, wo Kosteneinsparungsmaßnahmen tatsächlich beschlossen werden könnten", betont Berater Zillekens. "Große Industrien sind durch den Einsatz von IT-Controlling und Werkzeugen in der Lage, Einsparungen in einer Größenordnung von 15 bis 20 Prozent zu erzielen. Es kommt aber immer darauf an, wie groß der Speckmantel in der IT ist." Ein Beispiel von Mainova: "Die Anschaffung und der Betrieb einer Funkmaus verursachen relativ geringe Kosten, doch insgesamt sind es dann eben 500-mal zehn Euro", so Schadewald.
"Unsere internen Kunden sind natürlich sehr daran interessiert zu erfahren, was sie tun können, um Kosten einzusparen", sagt der Leiter des Zentralbereichs IT bei Wacker, Arno von der Eltz. Bei dem Münchener Chemie-Unternehmen haben die Verantwortlichen das IT-Budget auf die einzelnen IT-Gruppen und deren Produkte und Leistungen aufgeteilt. Die Serviceeinheiten haben damit die Aufgabe, für markt- und kundengerechte Informatikleistungen zu sorgen.
In so genannten Business-Alignment-Gesprächen arbeitet die Wacker-IT mit den Betroffenen mögliche Einsparpotenziale heraus. Die vierköpfige Controlling-Gruppe diskutiert mit jedem großen unternehmensinternen Kunden die Budgets. Einmal pro Jahr findet außerdem ein Treffen mit den Geschäftsbereichen und den wichtigsten Zentralbereichen statt, bei dem Zielvereinbarungen abgeschlossen werden. Das IT-Steering Committee überprüft vierteljährlich die Ergebnisse.
Manchmal wollen die Kunden jedoch partout an der falschen Stelle sparen. "Es ist zum Beispiel sinnlos, wenn jemand aus Kostengründen die Zahl seiner SAP-User reduzieren möchte, wir aber für eine festgelegte Zahl bereits eine Lizenz vereinbart haben", sagt von der Eltz. Mit der genauen Verrechnung der Leistungen kommt eine konstruktive Diskussion mit den Nutzern über ihre Vorstellungen aber überhaupt erst einmal in Gang. "Die Fachabteilungen nutzen die Kostenverrechnung auch, um die IT zu kontrollieren - was ich gut finde", betont von der Eltz.
Lob für ihre Arbeit hören die IT-Controller eher selten von den Kostenstellenverantwortlichen. "Wir bekommen als Feedback meist nur Korrekturen", sagt Schadewald. "Wenn irgendetwas geändert wird, werden nicht unsere Berechnungen angeführt; das ist dann immer eine 'strategische Entscheidung'."
Mehr Licht in die Black Box will Mainova auch durcheine andere Entscheidung bringen: Zusammen mit dem Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) wird sich der Stromversorger dieses Jahr zum ersten Mal in einem IT-Benchmark mit vergleichbaren Unternehmen messen. Schadewald freut sich schon: "Wir haben uns Marktpreise auf die Fahnen geschrieben; dann wissen wir endlich, wo wir mit diesen Preisen stehen."