Wer das Topmanagement glücklich machen will, baut ihm eine iPad-Applikation. Diese Erfahrung machte auch Ulrich Lattekamp, Projektverantwortlicher bei der Metro Systems. Unter seiner Regie erhielt das deutsche Board der Cash-and-Carry-Märkte sowie des Tochterunternehmens C+C Schaper ein "Management Cockpit", das auf dem Apple-Tablet läuft.
Die Anwendung ersetzt eine Excel-basierende Applikation mit der Bezeichnung "Metro Management Short Info". Diese Anwendung war von erfahrenen Anwendern erstellt worden und fasste auf jeweils 15 Slides das Wichtigste zu Kunden, Verkaufsstellen und Waren zusammen. Die Informationen stammten aus dem 80 Terabyte umfassenden Data Warehouse der Metro. Nach dem Extrahieren wurden sie in ein Spreadsheet übertragen. Ihre Hauptvorteile waren Übersichtlichkeit, Schnelligkeit und - für viele Manager offenbar von entscheinder Wichtigkeit - die Möglichkeit zum Ausdrucken der Informationen. Demgegenüber stand der Nachteil einer überholten Technologie.
Nicht dass die Anwender das besonders gestört hätte. Jedenfalls gab es keine Anforderungen, die Anwendung zu modernisieren. Aber der Organisationsabteilung schien diese Applikation ideal, um in einem überschaubaren Rahmen und zu verträglichen Kosten neue technologische Optionen auszuprobieren. Deshalb erteilte sie dem internen IT-Dienstleister Metro Systems Iden Auftrag, im Rahmen der üblichen Maintenance-Aktivitäten eine ähnlich schlüssige Anwendung auf der Grundlage neuer Technik zu entwickeln. Die Applikationen genauso schnell und einfach zu bedienen sein wie die alte Short-Info-Anwendung, aber auf zeitgemäßen Endgeräten laufen. Inzwischen hatte sich das deutsche Metro-Managements nämlich mit Tablet-PCs, genauer gesagt: mit iPads, ausgestattet.
Als Frontend-Softare sollte nach wie vor die Business-Intelligence-Lösung von Microstrategy Inc. zum Einsatz kommen - allerdings deren jüngste Version 9.2.1, die sowohl mit iPhones als auch mit iPads nutzbar ist. Allerdings war keineswegs vorgesehen, die gesamte Business Intelligence bereits auf das neue Release zu heben. Vielmehr wurde das Projekt als "Sandbox" betrieben: Innerhalb des abgegrenzten Sandkasten sollten die Entwickler erst einmal mit den neun Techniken experimentieren können, ohne sich gleich um die Integration mit der Unternehmens-IT sorgen zu müssen. Die sollte nach Abschluss der Entwicklungsarbeiten folgen.
iPads noch zu teuer
Das Sandkasten-Team setzte sich aus insgesamt acht Mitgliedern zusammen, rekrutiert aus Business und IT der Metro sowie aus dem Experten-Pool von Microstrategy. Innerhalb von zwei Monaten hatte die Gruppe eine Applikation fertiggestellt, die dem Projekt-Manager Lattekamp nach eigenen Angaben quasi "aus den Händen gerissen" wurde.
Mittlerweile arbeitet das deutsche Management der beiden Cash-and-Carry-Marktketten geschlossen mit der neuen Lösung. "Keiner hat gefragt, ob man das auch ausdrucken kann", wundert sich Lattekamp. Auch die lokale Speicherung von Kundendaten sei für die Anwender kein Thema gewesen. Das Fazit des Projekt-Managers: "Offenbar haben die Board-Mitglieder inzwischen Einiges gelernt."
Wie geplant, hat das Team inzwischen begonnen, die Applikation auch in den 30 ausländischen Niederlassungen auszurollen. "Das könnte etwas dauern", räumt Lattenkamp ein. Der Grund: Längst nicht alle Metro-Manager in den mehr als 30 Ländergesellschaften haben bereits ein iPad. Und in manchen Ländern könnten sich die Beschaffungskosten der Tabelts als Hindernis erweisen. In zwei Jahren aber, so erwartet der Projektleiter, werde jedes Board-Mitglied weltweit mit der neuen Anwendung ausgerüstet sein.
Die Integration in die Unternehmens-IT ist ebenfalls in Angriff genommen. Sie gestaltet sich ein wenig aufwändiger als die reine Entwicklung. Während die WLAN-Anbindung bereits fertig ist, wird an der VPN-Integration noch gearbeitet, räumt Lattekamp ein - auch wenn sie eigentlich schon im Mai dieses Jahres umgesetzt sein sollte. "Wir warten täglich darauf", schmunzelt der Projekt-Manager. (Computerwoche)