Ballmer beschäftigt sich in seinem Brief zunächst mit den TCO (Total Costs of Ownership). Er beruft sich auf eine Studie der Yankee-Group, in der die TCOs von Linux, Unix und Windows verglichen werden: "Alle großen Linux-Anbieter wie Hewlett-Packard, IBM, Novell und Red Hat fangen nun an, die Preise für technischen Service und Support, Garantie und Schutz vor patentrechtlichen Klagen kräftig zu beaufschlagen."
Die Studie schließe damit, dass in großen Unternehmen eine Migration von Windows nach Linux drei- bis viermal teurer und drei mal so lange dauere als ein Upgrade von Windows zu einer neuen Version. Für 90 Prozent der Anwender würde ein derart aufwendiger Systemwechsel keine greifbaren geschäftlichen Gewinne mitbringen.
Daher müssten vor allem größere Unternehmen über die niedrigen Anschaffungskosten für Open Source hinausblicken. Was zähle seien die TCOs und der ROI (Return on Investment). Ballmer beschreibt anschließend den Fall des Microsoft-Großkunden Equifax. Das Unternehmen musste seinen Mainframe ausbauen, um die Datenbasis für sein Marketing zu vergrößern. Die Firma verbrachte mehrere Monate damit, die Kosten und den Time-to-Market-Zeitpunkt (Zeitspanne von Produktidee bis zur Vermarktung) von Linux und Windows zu vergleichen. Ergebnis laut Ballmer: 14 Prozent weniger Kosten und ein um sechs Monate verkürzter Time-to-Market-Zeitpunkt bei Verwendung von Windows.
Sicherheit zählt
Als nächstes knüpft sich Ballmer das Thema Sicherheit vor. Er listet auf, was Microsoft diesbezüglich alles geleistet habe. "Ich denke, es ist fair zusagen, dass keine andere Software-Plattform mehr in die Erforschung von Sicherheitsbelangen, Prozessverbesserungen und Kundenschulung investiert hat als Microsoft."
Erneut bemüht Ballmer eine Forrester-Studie. In ihr werde gezeigt, dass vier der Haupt-Linux-Distributionen sicherheitstechnisch anfälliger seien als Windows. Zudem ginge der Update von Sicherheitsapplikationen bei Open Source viel langsamer vonstatten. Laut Forrester sei die Zeit zwischen Fehlerentdeckung und Fehlerbehebung bei Microsoft unter allen Anbietern am geringsten. Microsoft habe sämtliche 128 aufgespürten Sicherheitslücken der betrachteten 12-Monats-Periode behandelt. Die Sicherheits-Updates lägen um durchschnittlich 305 Tage vor dem berechneten Krisenausbruch. Auch die Yankee-Group-Studie über den TCO-Vergleich von Linux, Unix und Windows unterstützt Ballmers Argumentation: "Linux-spezifische Würmer und Viren sind Bit für Bit genauso schädlich wie ihre Unix- und Windows-Pendants. Oft sind sie sogar viel heimtückischer."
Ballmer erwähnt die argentinische Drogerie-Kette Farma-City, die gleichfalls den Einsatz von Linux und Windows evaluierte. Ausschlaggebend für Windows seien (neben 30 Prozent weniger Verwaltungsaufwand) die verbesserte Sicherheit und die um 50 Prozent kürzere Zeit für die Patch-Implementierung gewesen. Zudem ließ sich der Anteil von Spam beim Einsatz von Windows um die Hälfte reduzieren.
Gefahr durch Patentklagen
Ballmer befasst sich auch mit dem Thema Patentrechtsverletzung beziehungsweise Schutz geistigen Eigentums. Er verweist darauf, dass Microsoft seine Lizenzierung angepasst habe, um seine Kunden diesbezüglich zu beruhigen. Keiner der Microsoft-Kunden brauche sich mehr wegen Klagen zu Patentrechtsverletzungen sorgen. Hier halte Microsoft einen schützenden Schild über seine Kunden. Ballmer betont, dass ein verlorener Patentrechtsstreit ein Unternehmen mit Millionen von Dollar belasten könnte. Zudem sei die geschäftliche Kontinuität dann nicht mehr gewährleistet.
Im Gegensatz dazu könnte kein Linux-Anbieter vollen Patentrechtsschutz gewährleisten. Tatsächlich gebe es für Open-Source-Software nur sehr selten diesen Schutz. Microsoft wolle ihn sogar noch ausweiten, sehr zum Vorteil von Unternehmen, die eine IT-Infrastruktur ausbauen oder aufbauen wollen.
Um seine Aussagen zu untermauern, schildert Ballmer den Fall der Regal Entertainment Group, einer weltweiten Kinogruppe. Sie erprobte 2001 für einige Monate Red Hat Linux . Nach der Evaluierung entschied man sich jedoch für eine Windows-Plattform. Nicht nur wegen niedrigerer TCOs, besserem Support und Service, größerer Zuverlässigkeit, einfacherer Administrierbarkeit – vor allem, weil das Microsoft-Produkt vollen Schutz vor Patentstreitigkeiten bot. "Wir mussten die Gefahr, wegen Verletzung geistigen Eigentums verklagt zu werden, minimieren. Das war letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung zugunsten Windows", so der CIO von Regal Entertainment.
Migration von Unix zu Windows
Schließlich thematisiert Ballmer die Migration einer Unix- zu einer Windows-Plattform bei ERP-Systemen (Enterprise Ressource Management). Eine unabhängige Untersuchung der Metagroup habe kürzlich gezeigt, dass eine komplette Migration der Plattform für ein SAP-oder Peoplesoft-ERP-System von Unix nach Windows 20 Prozent weniger Server benötige. Der Studie zufolge könnte ein großes TK-Unternehmen mit einer Windows-Plattform die Zahl der eingesetzten Server um die Hälfte reduzieren.
Auch in punkto Zuverlässigkeit, Zugänglichkeit (für Montage) und Skalierbarkeit seien Verbesserungen von über 50 Prozent erreichbar. Zudem winkten beträchtliche Einsparungen bei Kosten, Personal, Support und Ausbildung. In über der Hälfte der Geschäftsbereiche könne mit erhöhter Performance und besserem Reporting gerechnet werden. "Windows ist nun eine Mainstream-Option für die große Mehrheit der ERP-Projekte", wird die Metagroup zitiert.
Als reales Beispiel untermauert der Fall der Raiffeisen Bank in Österreich Ballmers Äußerungen. Sie wollte die Kosten reduzieren und den Kundendienst verbessern. Durch Zusammenlegung (Konsolidierung) der Server sollte deren Anzahl um 50 Prozent vermindert werden. Die Bank erwog eine Migration von Unix nach Linux oder Windows. Die Evaluierung zeigte, dass Windows Server 2003 die wirtschaftlichste Lösung sei. Die Performance wurde verbessert, die Bankangestellten konnten nun integrierte Kundendaten einsehen, womit sich der Kundenservice verbessern ließ.
Wie in unserem Artikel "Firmen bleiben bei Open Source defensiv" berichtet, steht ein Großteil der Unternehmen Open Source sehr offen gegenüber. Man sollte auch nicht verschweigen, dass Ballmer in seinem Brief Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Systemen grundsätzlich gutheißt.
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