Mit Umfragen kann man fast alles belegen in der IT-Industrie. Sie sind ein allzu beliebtes Marketing-Mittel, und fast täglich werden die Redaktionen von ihnen überschwemmt. In der Regel sind sie äußerst parteilich – im Sinne des jeweiligen Herstellers oder Auftraggebers. Unabhängige Marktstudien sind selten – oder sehr teuer.
Kostenlos, aber nicht unbedingt marketinggetrieben kommt eine Befragung von Veeam Software daher. Es handelt sich um einen Virtualisierungs-Player aus der zweiten Reihe, hauptsächlich hervorgetreten mit Anwendungen für Backup, Disaster Recovery und Management-Lösungen in virtuellen Umgebungen. Der sogenannte V-Index hat folgende Marktzahlen für Hypervisoren ermittelt: Vorne liegt VMware mit 67,6 Prozent Marktanteil, danach kommen MS Hyper-V mit 16,4 Prozent und XenServer von Citrix mit 14,4 Prozent. Abgeschlagen ist KVM von Red Hat mit lediglich 1,6 Prozent.
Die Zahlen stützen sich auf die Befragung von über 500 großen Unternehmen aus den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Durchgeführt wurde sie von dem Marktforschungsinstitut Vanson Bourne. Für Veeam mit seinen Produkten sind solche Kennzahlen von Bedeutung, um strategische Entscheidungen zu treffen. So hat man sich bisher erst auf enge Kooperationen mit VMware und Microsoft sowie mit HP und Dell festgelegt, um neue Kunden zu gewinnen.
Virtualisierungsquote bei 39 Prozent
86,5 Prozent der befragten großen Unternehmen gaben an, dass sie bereits irgendeine Form der Server-Virtualisierung einsetzen. Die durchschnittliche Quote an virtualisierten Servern beträgt 38,9 Prozent bei diesen Unternehmen. Und 81 Prozent wollen diesen Anteil in den nächsten zwölf Monaten ausbauen.
Besonders hervorzuheben an den Ergebnissen des V-Index ist folgende Aussage: 38 Prozent der Befragten sagten, sie wollten ihre derzeitige Virtualisierungsplattform gegen eine andere austauschen. Als Hauptgrund dafür wurden die bisherigen Kosten genannt (58,9 Prozent). 47,4 Prozent verweisen auf die Features, die alternative Hypervisoren inzwischen aufweisen und 46,8 nennen das bisherige Lizenzmodell als Grund für den geplanten Wechsel.
Microsoft: Von Null auf 23 Prozent
VMware wurde nicht explizit erwähnt bei diesen Antworten, aber die Sache ist eindeutig: Alles verweist auf den Marktführer und seine gegenwärtige Situation. VMware hat sehr viele Kunden dadurch gewonnen, dass man als erster Anbieter auf dem Markt für die Virtualisierung von x86-Servern präsent war und laufend neue Funktionen nachschieben konnte. Doch mittlerweile haben vor allem Microsoft und Citrix ihre Angebote technisch aufgebessert. Und sehr viele Kunden sind nicht mehr mit den teuren Lizenzierungsmodellen von VMware einverstanden. Vor kurzem wurde der Marktführer sogar von aufgebrachten Anwendern zu einer Kurskorrektur bei den Lizenzen gezwungen.
Für viele Unternehmen besonders interessant: Im Gegensatz zu anderen Anbietern verschenkt Microsoft seinen Hypervisor als Zugabe zum Betriebssystem. Allein dadurch bedingt werden bisherige VMware-Kunden abspringen, vor allem dann, wenn sie nicht den kompletten Funktionsumfang von VMware-Produkten benötigen.
Die V-Index-Aussagen wurden durch neue IDC-Zahlen bestätigt: Demnach ist der Marktanteil von VMware ESX-Hypervisoren von 2008 bis 2011 weltweit von 39 auf 51 Prozent angestiegen. Dies entspricht einem Wachstum von 12 Prozent. Aber Microsofts Hyper-V ist in diesem Zeitraum von Null auf 23 Prozent Marktanteil raketenartig hochgeschossen. Und dabei hat Microsoft noch gar nicht damit begonnen, seine Marketing- und Partner-Ressourcen voll auszuspielen.
Es dürfte interessant werden zu beobachten, wie VMware diese Entwicklung aufhalten will. Und was die Muttergesellschaft EMC zukünftig mit ihrer bisher so gewinnträchtigen Tochter vorhat.