Insgesamt bewerten die Analysten die Änderungen an den Microsoft-Lizenzprogramme aus Kundensicht als "günstig". Allerdings beklagt Forrester, dass Microsoft auf die "vielen hundert" Kundenbeschwerden zur Preis- und Lizenzpolitik nicht genügend eingegangen sei. Dazu zählten das Missverhältnis zwischen den Preisen für Office-Updates und dem Leistungsumfang der neuen Pakete sowie komplexe Lizenzbestimmungen für virtualisierte Umgebungen.
IT-Profis, die mit dem Einkauf und der Verwaltung von Microsoft-Lizenzen zu tun haben, hätten keinen leichten Job beim Durchforsten der neuen Bestimmungen, resümiert Forrester in der Studie. Arbeit komme aber auch auf die Microsoft-Teams selber zu, die ihre Geschäftsmodelle an neue Technologien wie Virtualisierung und Cloud Computing anpassen müssten.
Beim Studium der neuen Lizenz- und Preisbestimmungen von Microsoft hat Forrester fünf wichtige Änderungen ausgemacht.
1. Office Pro Plus wird fünf Prozent teurer sein als ursprünglich angekündigt.
Für Bestandskunden war das neue Office 2010 seit Ende April dieses Jahres erhältlich, Neukunden müssen ab Mai 2010 für Office Pro Plus einen um fünf Prozent höheren Lizenzpreis zahlen. Zudem gibt es keine Upgrade-Möglichkeit von Office 2003 und älter.
Dafür hat Microsoft die Produktpalette von Office vereinfacht: Die "Enterprise" und "Small Enterprise"-Editionen gibt es nicht mehr. Zudem spendiert der Konzern den "Standard"- und "Professional Plus"-Suiten neue Produkte wie "OneNote", "Publisher", "SharePoint Workspace" oder die "Advanced Server Integration".
Nur wenige Kunden gehen die Upgrade-Zyklen von Microsoft mit
Allerdings hat Forrester herausgefunden, dass aufgrund der hohen Umstiegspreise nur wenige Bestandskunden die dreijährigen Upgrade-Zyklen von Microsoft nutzen. Für Unternehmen, die länger warteten, sei es günstiger, einfach neue Lizenzen dann zu kaufen, wenn man sie benötige, meint Forrester.
Der Wunsch, auf die neuen Office-Versionen umzusteigen, sei zudem gering, wenn man mit den Vorversionen zufrieden gewesen sei. Einer Forrester-Umfrage unter 110 IT-Entscheidern zufolge nehmen das mehr als 60 Prozent für sich in Anspruch.
Nur ein Viertel der befragten Unternehmen hält mit der Upgrade-Geschwindigkeit von Microsoft mit. Satte 60 Prozent benutzen stattdessen noch Office 2003, weitere 15 Prozent arbeiten mit Office 2007, planen aber derzeit keinen Umstieg auf 2010.
Treiber für Upgrades seien weniger die neuen Funktionen, hat Forrester herausgefunden. Zu den neuen Versionen treibe die Firmen vielmehr die Sorge um einen kontinuierlichen Support und um Kompatibilitätsprobleme.
Für viele Kunden ist laut Forrester die Software Assurance (SA) für Microsoft-Produkte zu teuer, weil es für sie nicht überschaubar ist, welche echten Vorteile neue Versionen bringen werden. Das gelte insbesondere für Firmen, die einzelne Releases auch mal überspringen möchten. Aber auch Unternehmen, die das Upgrade-Tempo von Microsoft mitgehen wollen, rät Forrester zu einer sorgfältigen Evaluation der SA-Optionen.
2. Die Käufer bekommen neue Lizenzoptionen speziell für den Einsatz von virtuellen und mobilen Office-Lösungen.
Ursprünglich galt eine Office-Lizenz für einen Computer mit Bildschirm, Tastatur, Hauptplatine und Festplatte. Mittlerweile hat Microsoft seine Lizenzbestimmungen auch auf Thin Clients ausgeweitet, die ohne eigene Rechnerkapazität ihre Software direkt aus dem Netz beziehen. Mit dem Anwachsen mobil ausgeführter Tätigkeiten mit wechselndem Zugriffspunkt aufs Firmennetz hat Microsoft seine Lizenzen erneut angepasst.
So beinhaltet die Office 2010-Lizenz nun auch das Recht, auf die Office Web Apps zuzugreifen. Eine Client-Lizenz ist dafür nicht mehr nötig, allerdings müssen die Web Apps auf Sharepoint-Servern installiert sein. Eine spezielle Office-Firmenlizenz nur für das Web bietet Microsoft dagegen bisher nicht an.
Kunden mit einer SA-Lizenz haben über die sogenannten Roaming Use Rights (RUR) die Möglichkeit, Office in jedweder Virtualisierungsumgebung zu betreiben. Das, so Forrester, weite die Lizenzrechte deutlich über den Desktop-PCs hinaus aus. Nun sei es möglich, auf Office über beliebige mobile Endgeräte zuzugreifen.
Nutzen-basierte Lizenen kommen
Neue Technologien wie Virtualisierung und die stärkere Einbindung von Sharepoint-Server bringen Microsoft näher zu einer Nutzer-basierten Lizenzpolitik für Office, meint Forrester. In anderen Bereichen gebe es diese Fokussierung bereits, etwa bei gehosteten Exchange Services oder der Business Productivity Online Suite (BPOS).
Daher sei es enttäuschend, dass es ähnliche Regelungen für ein "Web-only"-Office noch nicht gebe, monieren die Analysten. In der Zwischenzeit greifen viele Kunden notgedrungen doch auf Volumenlizenzen zurück, was Forrester zur Abhilfe raten lässt: Mit speziellen Lösungen (GoToMyPC oder pcAnywhere) lasse sich der Lizenz-Rechner als Server und Office damit unabhängig vom Rechner nutzen.
3. Microsoft ändert Lizenzbestimmungen für virtualisierte Windows-Umgebungen erneut.
Die Zunahme virtueller Umgebungen hat Microsoft dazu gebracht, seine Lizenzpolitik ein weiteres Mal zu überarbeiten. Bisher gab es den "Virtual Enterprise Centralized Desktop" (VECD), jetzt bietet der Konzern die folgenden Möglichkeiten an:
SA-Kunden benötigen seit dem 1. Juni keine zusätzliche Lizenz für den Betrieb von Windows in einer "Virtual Desktop Infrastructure" (VDI) mehr. Sie sind bereits mit der Standard-SA-Lizenz abgedeckt. Für Rechner außerhalb der SA sowie Thin Clients gibt es nun neu den "Windows Virtual Desktop Access" (Windows VDA) zu einem Preis von rund 100 US-Dollar pro Jahr und Gerät (Abschläge für Volumenlizenzen sind hier noch nicht berücksichtigt). Diese Lizenz schließt die alte VECD-Lizenz mit ein.
Microsoft weitet für SA-Kunden seine "Roaming Rights" aus. Das ermöglicht den Zugriff auf den (virtuellen) Windows-PC von anderen Endgeräten aus. Bisher galt dieses Recht nur für Heim-PCs.
Forrester rät Unternehmenskunden, eventuelle Virtualisierungspläne mit den Entscheidungen für oder gegen das SA-Programm von Microsoft abzustimmen. SA sei nicht einfach nur eine Regelung für Upgrades, sondern betreffe mittlerweile auch den Client-Einsatz in unterschiedlichen Umgebungen.
Microsoft stellt Select-Prgramm ein
4. Ab Juli 2011 wird Microsoft sein "Select"-Programm einstellen.
Ab dann wird es nur noch das "Select Plus"-Programm geben. Allerdings haben Bestandskunden dennoch die Wahl zwischen einer Verlängerung ihrer Select-Verträge oder dem Umstieg auf Plus. Neue Select-Verträge wird es aber nach dem 30. Juni 2011 nicht mehr geben.
Forrester rät Unternehmenskunden, bei der nächsten Gelegenheit auf Select Plus umzusteigen. Schon 2008, bei der Einführung von Select Plus, machten die Analysten deutliche Vorteile der Plus-Version gegenüber seinem Vorgänger aus. So biete das neue Programm unter anderem wesentliche Vorteile beim Zukauf einzelner Lizenzen innerhalb eines Volumenlizenzprogramms.
5) Die 30-Tage-Frist für Sdie Verlängerung von Software Assurance-Verträgen fällt weg
Früher hatten Kunden mit auslaufender SA-Lizenz 30 Tage Zeit, um einen neuen Vertrag abzuschließen, der die Vorteile des alten übernimmt. Diese Frist hat Microsoft nun gestrichen. Den Kunden bleibt in diesem Falle nichts anderes übrig, als die Lizenz für die Verwendung von Microsoft-Anwendungen erneut zu erwerben - eine unattraktive Option. In der Vergangenheit sei diese Periode von einigen Kunden missbraucht worden, um in Verhandlungen über neue Konditionen mehr Zeit rauszuschlagen, heißt es bei Forrester. Jetzt bleibt keine solche Frist mehr bei dem Abschluss von Neuverträgen. Unternehmen, deren SA-Verträge auslaufen, rät Forrester daher, sich rechtzeitig um neue Übereinkünfte zu kümmern.