Microsofts einst gepriesenes Windows-as-a-Service-(WaaS-)Modell ist Geschichte. Mit der Vorstellung von Windows 11 und dem geplanten Wartungs- und Instandhaltungsprogramm hat das Modell de facto ausgedient.
Rückblick auf Windows 10 und Windows as a Service
Mit Windows 10 hatte Microsoft große Pläne. Das Betriebssystem sollte nicht nur das nächste Upgrade von Windows 7 sein, sondern die ultimative, finale Version. Anstatt Windows 7 durch eine Windows 10+x Version zu ersetzen, die irgendwann nicht mehr unterstützt wird, sollte Windows 10 regelmäßig aktualisiert werden. Neue Features und Funktionen wollte der Softwarekonzern über größere Updates hinzufügen, die zunächst drei, dann zwei Mal pro Jahr veröffentlicht werden sollten.
Noch heute preist Microsoft Windows-as-a-Service mit derselben Begeisterung an, die es bei der Vorstellung des Modells an den Tag legte. Das ist auch gut so, denn Windows 10 wird uns noch bis Ende 2025 begleiten.
Der folgende Textabschnitt mag etwas langatmig sein, aber er erklärt am besten, wie sich Windows 10 von allen anderen Betriebssystemen unterscheidet, die es bisher gab. Tatsächlich wird darin auch deutlich, warum Windows 10 eine radikale Neukonzeption eines Betriebssystems sein sollte.
"Vor Windows 10 veröffentlichte Microsoft alle paar Jahre neue Windows-Versionen", so Microsoft. "Dieser traditionelle Deployment Schedule stellte Benutzer immer wieder vor das Problem der Einarbeitung, da die Neuerungen oft sehr umfangreich waren. Außerdem bedeutete dieser Zeitplan, dass User eine lange Zeit ohne neue Features auskommen mussten - ein Szenario, das in der sich schnell verändernden ITK-Welt nicht mehr praktikabel ist. Denn ohne neue Security-, Management- und Deployment-Funktionen sind viele Herausforderungen in der Unternehmens-IT nicht zu bewältigen. Windows as a Service wird zwei Mal pro Jahr, etwa im März und September, kleinere Funktionsupdates bereitstellen, um diese Probleme zu lösen."
Ohne die Änderung des Deployment Schedules wäre Windows 10 also nichts anderes als ein verbessertes Windows 7 gewesen.
Windows as a Service ist so gut wie tot
Mit der Umstellung von Windows 11 auf ein jährliches Release-Tempo ist Windows-as-a-Service eindeutig aus dem Rennen. Schließlich werden andere Betriebssysteme, wie macOS, Android und iOS jährlich aktualisiert. Und ihre Hersteller werben nicht damit, dass sie einen Service anbieten.
Das hohe Tempo, das Microsoft ursprünglich mit drei Releases pro Jahr für Windows 10 vorgab, stieß von Anfang an auf Widerstand. Die Umstellungen waren für die meisten kommerziellen Kunden einfach zu groß, um sie zu verstehen, geschweige denn schnell zu übernehmen. Analysten mahnten immer wieder, dass Microsoft irgendwann einen Modus finden müsse, der sowohl die eigenen als auch die Anforderungen der Kunden berücksichtigt. Sie prognostizierten, dass Microsoft am Ende zu einem jährlichen Release kommen werde.
Und sie behielten Recht. Unterm Strich verdient der Konzern Anerkennung dafür, dass er sich auf ein langsameres Release-Tempo eingelassen hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob Microsoft damit auf Kundenbeschwerden reagierte oder andere Ziele verfolgte. Das Entscheidende ist das Ergebnis: jährliche Funktions-Upgrades.
Windows 11: Kumulative Updates bleiben
Eine weitere Änderung der Microsoft-Updates ist schon fast in Vergessenheit geraten. Sie sorgte einst für ebenso viel Aufsehen wie die zu häufigen Feature-Upgrades. Zeitgleich mit der Einführung von Windows 10 erklärte Microsoft, dass die Quality Updates fortan kumulativ ausgeliefert würden." Das bedeutet, dass neue Feature-Upgrades und Service-Updates die Inhalte aller vorherigen Versionen enthalten. Durch die Installation der neuesten Version werden Geräte somit vollständig auf den neuesten Stand gebracht", erklärte Microsoft im August 2015.
Dieser Schritt bedeutete eine grundlegende Umstellung der jahrzehntelangen Praxis, bei der die Kunden selbst entscheiden konnten, welche Patches sie installieren wollten und welche nicht. Sowohl User als auch IT-Administratoren beklagten sich darüber, dass sie einige Patches nicht mehr auslassen könnten, die nachweislich eine Anwendung oder sogar ganze PCs lahmlegten. Nicht wenige kritisierten, dass sie damit die Kontrolle verlören.
Die Kritik an den kumulativen Updates ist mittlerweile praktisch verstummt, was zeigt, dass einige der Änderungen von Windows 10 letztlich akzeptiert wurden. Es sollte daher nicht allzu sehr überraschen, dass Microsoft den kumulativen Ansatz mit Windows 11 (wahrscheinlich) fortsetzen wird. Ob die kumulativen Updates aber schlussendlich das bewirken, was Microsoft sich vorgenommen hat, nämlich dass Kunden weniger Probleme mit Patches auf ihren Rechnern haben, ist aber unklar.
Microsoft kümmert sich um Home- und nicht gemanagte Pro-PCs
Ein weiterer Pluspunkt für Microsoft und das Windows-Ökosystem war die "You will be patched"-Mentalität, die in Windows 10 zum Ausdruck kam. Mit Windows 10 hatte Microsoft sich das Ziel gesetzt, Home-Geräte und Pro-Rechner, die nicht von der IT verwaltet werden, stets zu aktualisieren.
Zu Beginn entschied Microsoft noch selbst, welche Systeme wann und in welcher Reihenfolge aktualisiert wurden. Später beugte sich das Unternehmen den Kundenforderungen und erlaubte des Nutzern zu entscheiden, wann ein Funktionsupgrade installiert werden sollte. Allerdings behielt sich Microsoft das letzte Wort vor und kündigte an, dass es PCs automatisch aktualisieren würde, sobald sie sich dem Ende des Supports für die aktuelle Windows 10-Edition nähern würden.
Da die Feature-Upgrades ebenfalls kumulativ waren, bedeutete die Installation eines Upgrades, dass außerdem alle vorherigen Sicherheitsupdates angewandt wurden. Es war also nicht möglich, dass Home- und nicht gemanagte Pro-Systeme für immer ungepatched blieben.
Ungepatchte PCs sind natürlich nicht nur eine Bedrohung für den Nutzer selbst, sondern auch für das gesamte Windows-Ökosystem. Wenn Systeme kompromittiert werden, können sie von Kriminellen genutzt werden, um andere Geräte anzugreifen oder Malware innerhalb geschützter Firmennetzwerke zu verbreiten.
Wie hält Microsoft seine Kunden?
Mit dem Wegfall mehrerer Upgrades fällt es schwer zu glauben, dass Microsoft das Konzept des "Services" auch in Zukunft effektiv verkaufen kann. Wenn Aktualisierungen nur alle zwölf Monate kommen, handelt es sich kaum mehr um einen "Service" sondern eher um ein Abonnement.
Je mehr die Welt nach Windows 10 der Welt vor Windows 10 ähnelt, desto schwieriger wird es, das Windows-as-a-Service-Modell aufrechtzuerhalten. Außerdem wird es für Microsoft sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich, WaaS zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufleben zu lassen. Schließlich gelang es nicht einmal, den geplanten Rapid-Release Rhythmus einzuhalten. Sollte Microsoft zum Beispiel in fünf Jahren versuchen, einen "Service" mit zwei jährlichen Upgrades wiedereinzuführen, würden die Kunden wohl einfach den Kopf schütteln. Denn warum sollte etwas plötzlich funktionieren, was schon einmal gescheitert ist?