Achim Berg im Porträt

Microsofts neue Deutschland-Strategie

05.11.2007 von Eva Müller
Microsofts selbstbewusster Deutschland-Chef Achim Berg will anpacken, etwas bewegen und testet so die Freiheitsgrade eines Landesfürsten aus.

Für gewöhnlich dürfen die Länderchefs amerikanischer Konzerne nicht mehr als ein bisschen Öffentlichkeitsarbeit betreiben, politische Verbindungen pflegen und den "Good Corporate Citizen" spielen. Im operativen Tagesgeschäft haben sie in der Regel wenig zu sagen. Um Gewinn und Verlust kümmern sich die Verantwortlichen für die verschiedenen Produktgruppen, die ihre Zahlen an die Regionalorganisationen oder direkt an die Zentrale berichten.

Ein solcher Frühstücksdirektorenposten verträgt sich nicht mit den Ansprüchen von Achim Berg (43). Der ehemalige Vertriebsvorstand der Telekom-Sparte Com, der seit Februar den Deutschland-Ableger von Microsoft leitet, will anpacken, etwas bewegen. "Ich habe in Redmond nur zugesagt, weil mir mehr Freiheiten versprochen wurden", begründet der ehrgeizige Manager seinen Wechsel zu dem US-Softwarekonzern, der in der Branche als Abstieg interpretiert wird.

Dank des "Beweglichkeitsprogramms", das CEO Steve Ballmer (51) dem von harter Konkurrenz bedrohten Unternehmen verordnet hat, darf Berg seit Beginn des neuen Geschäftsjahres am 1. Juli wesentlich mehr entscheiden als seine Vorgänger. Er bestimmt über ein mehrere 100 Millionen Euro umfassendes Budget, darf es nach Belieben auf Produktgruppen und Funktionen verteilen. Auch über das Personal übt er die Oberhoheit aus, kann einstellen und versetzen, wie es seinen Prioritäten entspricht. Selbst bei der Gestaltung der Preise gegenüber den Kunden hat er das letzte Wort - sagt jedenfalls Berg.

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Die neue Freiheit muss sich der Technikfan hart verdienen - mit kräftigem Wachstum. Seinem direkten Vorgesetzten Jean-Philippe Courtois (44), Vizepräsident International, hat er für das laufende Jahr ein zweistelliges Umsatzplus zugesagt. Mindestens das Doppelte der Marktdynamik, die Analysten auf sechs Prozent berechnen, will er abliefern.

Neue Marketingstrategie für Microsoft-Produkte

"Microsoft hat in Deutschland noch viel Wachstumspotenzial", gibt sich der jungenhaft wirkende Topverkäufer optimistisch. Der viertgrößte Markt des Software-Giganten sei noch lange nicht gesättigt. Schließlich offeriere Microsoft neben seinen traditionellen Betriebssystemen und Büroprogrammen unzählige weitere Produkte für Firmen und Privatleute.

Allerdings, so gibt Berg zu, gebe es sowohl bei den Kunden als auch bei den Vertriebspartnern und den eigenen Mitarbeitern noch einen großen Aufklärungsbedarf über das gigantische Portfolio: "Wir haben Unmengen toller Produkte, die keiner kennt." Deshalb werde er den Vertrieb entsprechend schulen und ausbauen.

Zusätzlich soll eine neue Marketing-Strategie die Verbraucher für Microsoft-Produkte vom Homeserver bis zur Spielekonsole Xbox begeistern. Die Konsumkampagne richtet sich vor allem gegen den "Angriff von unten", wie Berg das Software-Angebot des Suchmaschinenriesen Google umschreibt: "Da müssen wir die Tür zuschlagen."

Gelingen soll die Abwehr mit einem Werbefeldzug, der noch im Herbst in Deutschland beginnt. Neben konventionellen Spots und Anzeigen mit emotionsbetonten Promi-Testimonials will Berg auch ungewöhnliche Werbeformen im Internet oder bei Veranstaltungen ausprobieren - wie etwa den "Microsoft-Showroom", der im Sommer in München gastierte.

"Plan D" nennt der Deutschland-Chef die Strategie, mit der er sein Budget Richtung Vertrieb, Marketing und Public Relations umschichtet. Er hofft darauf, dass Courtois ihm zusätzliche Investitionen genehmigen wird.

Der äußert sich bislang ausweichend zu den Plänen seines neuen Mitarbeiters, den er einen "unglaublichen Kerl" nennt. "Achim stehen viele Hebel zur Verfügung. Er wird sie schlau nutzen", erklärt Courtois trocken.

Will heißen: Berg muss erst einmal zeigen, was er kann. Denn viel versprochen hat sein Vorgänger auch. Er blieb aber nicht sehr lange.