Wenn ein Manager für den Arbeitgeber den chinesischen Markt verantwortet und regelmäßig ein paar Tage einfliegt, hat er längst keine internationale Sensibilität. Frank Döring von der Unternehmens- und Personalberatung Rochus Mummert fordert im Interview Brückenmanager, die Auslandserfahrung mitbringen und so den Spagat zwischen Zentrale und Auslandsstandort meistern.
CIO: Sie fordern, dass Manager mit internationalen Aufgaben Brückenmenschen sein sollten. Was meinen Sie damit?
Frank Döring: Wenn man die Lebensläufe von Managern betrachtet, ist es immer wieder erstaunlich, wie viele von ihnen noch nie über längere Zeit im Ausland waren. Es gibt zwar zahlreiche Manager, die für ihren Arbeitgeber zum Beispiel den chinesischen Markt verantworten, regelmäßig für ein paar Tage dort einfliegen und dann für sich selbst eine internationale Sensibilität beanspruchen.
Meiner Meinung nach kann man so aber nicht zu einem Brückenmenschen werden. Denn dieser muss wirklich landestypisch führen und dabei gleichzeitig den Kontakt zur Unternehmenszentrale in Deutschland halten sowie möglichst durch hinreichende Sprachkenntnisse direkt kommunizieren können.
CIO: Müssen Brückenmanager denn zwangsläufig im Ausland gearbeitet haben?
Frank Döring: Um wirklich eine internationale Sensibilität zu entwickeln, sollten Manager mindestens einmal in ihrer Karriere zwei bis drei Jahre vor Ort im Ausland gearbeitet haben - durchaus mit der Familie im Schlepptau. Kürzere Aufenthalte bewerte ich als schwierig, weil das erste Halbjahr im Ausland bei aller Planung nicht selten ein administrativer Marathonlauf für die ganze Familie ist, der wenig Raum für Land und Leute lässt. Wohnungssuche, Anmeldung von Strom, Wasser und Gas, Abschluss von Versicherungen, Sprachkurse und Schulstart, um nur einige alltägliche Dinge zu nennen, die im Ausland mit großen sprachlichen Barrieren gelöst werden müssen.
Ganz nebenbei lernt man die heimatliche effiziente Administration schätzen und entwickelt notgedrungen Gelassenheit und Nervenstärke, die einem Manager immer gut stehen. Erst danach beginnen das Erleben und die Erforschung der neuen Kultur um einen herum. Hat man dann durch einen ausreichend langen Auslandsaufenthalt ein differenziertes Bild von den Menschen und der Umgebung gewonnen, kann man sowohl vor Ort als auch aus der Unternehmenszentrale in Deutschland heraus effizienter bewerten und führen.
Wie wichtig ist so ein Auslandsaufenthalt für Manager?
Frank Döring: Er wird immer wichtiger. Bei Managern zwischen 35 und 50 Jahren ist der Auslandsaufenthalt oft eine Bewährungsprobe für weitere Aufgaben und ein Muss im Stellenprofil vieler meiner Suchmandate. Wenn sie ausreichend qualifiziert sein wollen, um von Deutschland aus internationale Themen erfolgreich zu verantworten, sollten sie mindestens einmal den Schritt ins Ausland gehen.
Auch für Unternehmen werden solche Kandidaten mit internationaler Erfahrung immer wichtiger. Unternehmen investieren immerhin viel Geld in ihre Auslandsstandorte. Setzen sie dort auch entsprechend qualifizierte Manager aus der Unternehmenszentrale ein, reduzieren sie so das Risiko, dass ihre Investitionen versickern.
CIO: Was raten Sie einem Manager für einen erfolgreichen Auslandsaufenthalt?
Frank Döring: Wenn man die großen Konzerne mal ausklammert, sind viele Unternehmen nicht darin geübt, ihre Manager ins Ausland zu entsenden. Noch weniger sind viele lokale Personalabteilungen in der Lage, einen Expatriate formal korrekt zu beschäftigen. Zum Verständnis: Welche deutsche Personalabteilung kennt ad hoc die Rahmenbedingungen, um einen US-Bürger in Deutschland legal anzustellen? Ich rate daher, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und sich nicht zu sehr auf die Personalabteilung zu verlassen.
Vor Ort empfehle ich, nicht den bequemen, sondern den härteren Weg einzuschlagen. Man sollte also unbedingt die Landessprache lernen und seine sozialen Kontakte nicht auf andere Expats beschränken. Dieser Weg ist anfangs schwieriger, aber umso lohnenswerter und bereichernder.
CIO: Viele Manager scheuen den Weg ins Ausland, weil sie befürchten, dann beim Arbeitgeber in Deutschland abgeschrieben zu werden. Wie sehen Sie das?
Manager haben es nach der Rückkehr immer schwer
Frank Döring: In der Tat haben es Manager nach dem Auslandsaufenthalt immer wieder schwer, im Unternehmen eine adäquate Beschäftigung zu finden. Sie müssen sich häufig damit abfinden, dass ihre Aufgaben zurück in Deutschland erst einmal weniger anspruchsvoll sind als im Ausland. Schwierig kann es zum Beispiel auch werden, wenn der Vorgesetzte oder der Ansprechpartner in der Personalabteilung wechseln.
Man muss also schon selbst dafür sorgen, sich rechtzeitig vor der Rückkehr wieder beim Arbeitgeber in Deutschland in Erinnerung zu rufen. Dass sich wertvolle und als Allrounder gereifte Mitarbeiter vom Unternehmen abwenden, ist nicht verwunderlich. Hier müssen Arbeitgeber Ihre Hausaufgaben machen.
Dr. Frank Döring ist Partner bei der Unternehmens- und Personalberatung Rochus Mummert und hat selbst neben beruflichen Missionen in Italien, China und Russland auch mit der Familie in den USA (ein Jahr), in der Türkei (zwei Jahre) und in Frankreich (vier Jahre) gelebt.