Bevor er tausende geheime Dokumente an Journalisten übergab, setzte sich Edward Snowden auf eine andere Art gegen die NSA-Überwachung zur Wehr: Er veranstaltete eine Party. Eine Cryptoparty, genauer genommen. Dabei bringen sich die Besucher gegenseitig bei, wie sie ihre digitalen Informationen schützen können. Das Mittel dazu ist Verschlüsselung oder Kryptografie - daher der englische Name der Cryptopartys.
Snowdens Cryptoparty fand im Dezember 2012 auf Hawaii statt, berichtete später die IT-Sicherheitsexpertin Runa Sandvik, die dort gemeinsam mit Snowden sprach. Er habe das Treffen selbst vorgeschlagen. "Snowden benutzte den Namen "Cincinnatus", um die Veranstaltung zu organisieren", schrieb Sandvik auf der Website des US-Magazins "Forbes". Unter diesem Namen kontaktierte Snowden auch den Journalisten Glenn Greenwald.
Sandvik erzählt, sie habe bei der Cryptoparty auf Honolulu den Anonymisierungsdienst Tor erklärt, für den sie selbst arbeitet. Snowden habe sich gut mit Tor ausgekannt. Er selbst habe über die Verschlüsselung von Dateien gesprochen. Nur, wo er arbeite, habe er nicht recht sagen wollen.
Snowdens Cryptoparty war nicht die erste Veranstaltung dieser Art. Die Treffen gibt es weltweit, jeder kann sie organisieren. Doch die Snowden-Enthüllungen zu Überwachungs-Aktivitäten westlicher Geheimdienste haben der Bewegung einen Schub verschafft. Seitdem wollen immer mehr reguläre Internetnutzer wissen, wie sie ihre Daten mit Hilfe von Verschlüsselung schützen können.
"Es gab natürlich einen riesengroßen Zuwachs direkt nach den Enthüllungen", sagt Jan Girlich vom Chaos Computer Club (CCC) in Hamburg. Mittlerweile fanden in Deutschland Cryptopartys in Cafés, Hacker-Treffpunkten, Universitäten und sogar im Bundestag statt.
"Jetzt ist einfach die Zeit für Internet und Sicherheit", sagt Christian Vandrei. Er hilft dabei, Cryptopartys in Berlin zu organisieren, die inzwischen wöchentlich stattfinden. "Es geht um Privatsphäre, um Datenschutz, darum, dass ich bestimmen kann, wer was mit meinen Daten macht."
Dazu dienen Programme wie PGP zur Verschlüsselung von E-Mails. Software, die Chatnachrichten schützt. Oder Zusatzdienste für den Internetbrowser, die die Nachverfolgung durch Webseiten-Anbieter unterbinden. Die Software ist teilweise nicht ganz einfach zum Laufen zu bringen. "Am Anfang sind alle erstmal einen Tick überwältigt, weil sie feststellen, dass das nicht mit einem Mausklick erledigt ist", berichtet Girlich. Besonders PGP stellt Neulinge vor einige Hürden. Dabei ist die Verschlüsselung von E-Mails eines der wichtigsten Themen für Besucher.
"Viele Programme könnten nutzerfreundlicher sein", gibt der Berliner Vandrei zu, der selbst Informatiker ist. Er empfiehlt als Einstieg die Chatprogramme, die einfacher zu installieren seien. Doch er sagt auch: "Das größte Hindernis in Sachen Sicherheit ist erstmal die eigene Gewohnheit." Er selbst ist Schritt für Schritt umgestiegen. "Sicherheit macht immer ein bisschen Aufwand", sagt er.
Dass die Umstellung lohnt, davon sind die Organisatoren überzeugt. "Verschlüsselung ist das Einzige, wie Snowden gesagt hat, was vor der Massenüberwachung schützt", sagt Girlich. Werden E-Mails und Chats verschlüsselt, können Geheimdienste sie nicht mehr einfach aus dem Storm des Internetverkehrs ziehen und entziffern.
Damit das funktioniert, müssen beide Gesprächspartner die Programme benutzten. So scheitert die verschlüsselte Mail-Kommunikation schonmal daran, dass keiner der eigenen Freunde weiß, wie sie geht. Die Berliner Organisatoren wollen daher künftig Partys für Gruppen von Freunden oder Bekannten anbieten, als "Wohnzimmer-Cryptopartys".
In Hamburg fanden die Treffen bisher aus Mangel eines festen Ortes unregelmäßig statt. Nun sollen sie in die neuen Räumen des CCC verlegt werden. Girlich berichtet, dass Teilnehmer sich schonmal danach per E-Mail für die Tipps bedanken. "Die Mail kommt dann auch verschlüsselt bei uns an." (dpa/rs)