IT-Manager wetten

Mit dem Chip im Arm ins Freibad

06.02.2014 von Dagmar Wörner
Dagmar Wörner, Mitarbeiterin der Integrated Business Solutions bei Henkel, wettet, dass in zehn Jahren 20 Prozent der Menschen in Europa einen implantierten Chip im Körper tragen werden, der ihnen den Alltag erleichtern soll.
Dagmar Wörner ist Mitarbeiterin der Integrated Business Solutions bei Henkel.
Foto: Henkel

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Eine Person, wir nennen sie Lisa, macht sich fertig, um abends noch auszugehen. Sorglos, mit einem breiten Lächeln geht sie aus dem Haus und denkt kurz an die lästigen alten Zeiten, als man vor Verlassen der Wohnung noch prüfen musste, ob man auch alles dabei hat: den schweren Schlüsselbund, der immer die Taschen ausbeulte, oder das Portemonnaie mit den vielen Karten und Münzen.

Auf dem Weg in den Club steigt sie in ihr Auto ein, auch hier ist kein Schlüssel mehr notwendig. Sie hält an einem Supermarkt, um noch schnell eine Schachtel Zigaretten zu kaufen. An der Kasse fährt Lisa nur kurz mit ihrer Hand über einen Scanner, und der Betrag wird automatisch von ihrem Konto abgebucht.

Am Club angekommen, läuft Lisa mit einem noch breiteren Lächeln an der langen Schlange der Wartenden vorbei, grüßt - innerlich frohlockend - im Vorbeilaufen ein paar flüchtige Bekannte und kann sich als VIP-Gast mit implantiertem Chip direkt ins Getümmel stürzen und sich an der Bar ihren ersten Drink holen, der selbstverständlich ebenfalls über den Chip bezahlt wird. Keine Angst mehr, den Schlüssel zu vergessen oder zu wenig oder zu viel Geld dabei zu haben, das dann verloren geht oder gestohlen wird.

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Foto: cio.de

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Auch wenn sich dieses Szenario nach Science-Fiction anhört: Meine Prognose ist, dass im Jahr 2024 20 Prozent der Menschen in Europa einen implantierten Chip im Körper tragen werden. Er wird ihnen den Alltag erleichtern.

Im Folgenden möchte ich ihnen erläutern, warum das so ist. Nach einer Beschreibung des Chips gehe ich auf erste Anwendungsbeispiele aus der Praxis ein. Im Anschluss werden mögliche Zukunftsszenarien beschrieben. Die Anwendungen werden kritisch diskutiert, vor allem unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes. Dennoch halte ich die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Implantate durchsetzen werden, für hoch. Vor allem bei zwei Altersgruppen: Alte Menschen werden von den Vorteilen profitieren, die ein Chip mit Krankheitsdaten für sie haben kann. Auch stehen die Chancen nicht schlecht, dass gerade sich junge Menschen über die Bedenken hinwegsetzen werden und in erster Linie den Komfort, den der Chip bieten kann, nutzen werden.

Ein solches RFID-Chip-Implantat besteht aus einem Glaszylinder, der etwas größer ist als ein Reiskorn (1,2 Zentimeter lang, 2 Millimeter Durchmesser) und einen passiven RFID-Transponder enthält. Eine integrierte Antenne überträgt die auf dem Chip gespeicherte 16-stellige Identifikationsnummer. Zur Kommunikation mit einem Lesegerät baut dieses ein elektrisches Feld auf, das den Chip mit Strom versorgt. Dadurch benötigt der Chip keine Batterie und ist im Grunde wartungsfrei.

Das Implantat lässt sich mittels einer dickeren Kanüle unter die Haut injizieren, am häufigsten in den Oberarm oder in die Hand (in die Beuge zwischen Daumen und Zeigefinger). Sich einen Chip implantieren zu lassen ist nicht aufwendiger oder schmerzhafter, als einen Ohrring zu stechen.

Das Lesegerät kann die Nummer auslesen, sobald sich die gechipte Person innerhalb einer Reichweite von maximal 1,50 Metern befindet. Der Radius hängt zum einen von der ausgesendeten Frequenz und zum anderen von Störungen durch Metalle ab. Als Lesegerät eignen sich neben Spezialanfertigungen auch PCs mit Internetanschluss oder Mobiltelefone.

Anhand der ID-Nummer können dann durch Zugriff auf eine Datenbank die vom Nutzer hinterlegten Informationen abgerufen werden. Grundsätzlich funktioniert der Chip für Menschen so wie der heute schon weit verbreitete Chip für Tiere. Das Implantat hat mindestens eine Haltbarkeit von zehn Jahren, die anhand der Erfahrung mit den für Tiere verwendeten Implantaten nachgewiesen ist.

Wird der Chip im Arm nicht mehr gewünscht, deaktiviert ihn entweder ein spezielles Gerät, indem es alle Daten löscht, oder er kann komplett entfernt werden.

Das erste Implantat für Menschen

Die Kosten eines Chips liegen bei wenigen Euros. Einen Transponder in steriler Einmalkanüle für die Verwendung bei Heimtieren gibt es im Internet-Heimtierbedarf bereits für weniger als zehn Euro zu kaufen. Angaben über den für Menschen verwendeten Chip schwanken zwischen 30 und 150 US-Dollar.

Das erste Implantat für Menschen, der VeriChip, wurde 2002 von der US-Firma VeriChip Corporation auf den Markt gebracht (seit November 2011 PositiveID Corporation). Im November 2004 erteilte die US-Behörde Food and Drug Administration (FDA) die Zulassung im Humanbereich. Im Januar 2012 hat die VeriTeQ Corporation den VeriChip und die dazugehörigen Technologien von PositiveID erworben.

In der Ausgabe 11/2009 berichtet die Zeitschrift "Technology Review", dass laut VeriChip-Pressesprecherin Allison Tomek inzwischen 500 Patienten in den USA den Chip im Arm tragen. Über die Anzahl implantierter Chips für andere Zwecke oder über verkaufte Chips wird keine Aussage gemacht.

Der Chip bietet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. Ursprünglich wurde er vor über 20 Jahren vom Unternehmen Digital Angel mit dem Ziel entwickelt, verloren gegangene Haustiere und Weidevieh wiederzufinden. Implantierte Chips haben sich in Deutschland bei Hunden und Katzen bereits stark durchgesetzt. Für Hunde, Katzen und Frettchen sind sie für Reisen innerhalb der EU sogar gesetzlich vorgeschrieben. Mit der in einer Datenbank hinterlegten Chipnummer lassen sich entlaufene Tiere dem Besitzer zuordnen. Wie viele Tiere inzwischen gechippt sind, ist unklar, doch bei einer Zahl von rund 5,5 Millionen Hunden in Deutschland geht die Summe höchstwahrscheinlich in den Millionenbereich.

Die beim Menschen heute wohl am weitesten verbreitete Verwendung liegt im Gesundheitsbereich. Der Chip kann beispielsweise bei Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Epilepsie, Herzleiden oder Diabetes eingesetzt werden. Diese Menschen können sich im Notfall nicht mitteilen, über den Chip wäre es dem Krankenhauspersonal aber möglich, auf entsprechende Gesundheitsdaten in der Datenbank zuzugreifen und Medikamentenunverträglichkeiten oder regelmäßige Medikationen abzurufen. Auch bei Demenzkranken kann das sinnvoll sein. Zudem könnte Krankenhauspersonal im Notfall über den Chip Adress- beziehungsweise Kontaktdaten des Patienten erhalten.

Medienberichten zufolge implantierten Experten Mitte 2007 den ersten Alzheimer-Patienten Chips mit Informationen über deren Identität und Medikation. Wie der "New Scientist" sowie das Online-Portal "Health Data Management" berichteten, war dies ein Feldversuch von VeriChip, finanziert von der Alzheimer Community Care aus Florida, der dem medizinischen Personal im Notfall die Hilfe erleichtert.

Ein weiteres mögliches Anwendungsgebiet für implantierte RFID-Chips ist die Zugangskontrolle, sei es als Schlüsselersatz, um Haus-, Auto- oder Safetüren zu öffnen, oder um den Zugang zum Handy oder zum Computer zu steuern. Sobald man in die Nähe der Geräte kommt, entsperren sie sich automatisch beziehungsweise fahren hoch. Hier würde sich ein Chip anbieten, der in die Hand implantiert ist. Durch Annähern der Hand an den eingebauten Scanner öffnet sich das Schloss automatisch.

Anwendung von RFID-Implantaten

Die bereits angedachten Szenarien gehen noch weit darüber hinaus. Beispielsweise ließe sich mithilfe eines Chips auch die Wohnungsbeleuchtung oder die Kaffeemaschine steuern: Betritt man die Küche, geht automatisch die Kaffeemaschine an - wobei der Nutzen zweifelhaft ist, denn wer will schon jedes Mal beim Betreten der Küche einen Kaffee trinken ...

Denkbar, allerdings in Deutschland sicher sehr schwer umzusetzen ist auch die Anwendung von RFID-Implantaten am Arbeitsplatz, um damit den Zugang zu gesicherten Bereichen zu steuern. In den USA soll es bereits Firmen gegeben haben, die Mitarbeiter chippen ließen. Heise-Online zufolge markierte die Videoüberwachungsfirma CityWatcher.com 2006 ihre Mitarbeiter mit unter die Haut eingepflanzten RFID-Transpondern. Wie die US-Bürgerinitiative Caspian herausfand, fordert das in Cincinnati ansässige Unternehmen seine Angestellten auf, sich drahtlos lesbare Kennzeichen der Marke VeriChip in den Körper injizieren zu lassen.

Ein Nachteil der Anwendung im Bereich Zugangskontrolle ist, dass der Chip keine kryptografische Sicherheit bietet. Ein Lesegerät kann die Information aus dem Chip relativ schnell auslesen, sodass Kriminelle einen weiteren Chip mit derselben ID-Nummer erzeugen können. Voraussetzung ist nur, dass man bis auf einen Meter an die gechippte Person herankommt.

Die größten Vorteile sind sicherlich, dass ein Chip nicht verloren gehen oder vergessen werden kann und er praktisch keinen Platz wegnimmt. Ein implantierter Chip ist nicht so leicht zu stehlen. Praktisch ist es allemal, wenn man zum Türöffnen keinen Schlüssel mehr benötigt oder sich für Handy und Computer keine PINs und Passwörter mehr merken muss.

Im Jahr 2004 bot der "Baja Beach" Club in Barcelona seinen VIP-Kunden an, sich einen VeriChip in den Arm injizieren zu lassen, um bargeldlos zu zahlen. Der Kunde konnte sein Konto bei dem Club aufladen und dann über die ID-Nummer im Chip seine Getränke bezahlen. Weitere Clubs, die diesen Service einführten, waren ein Ableger des "Baja Beach" Club in Rotterdam und die "Bar Soba" in Glasgow.

Einige Banken haben bereits heute Funkchips auf ihren EC und Kreditkarten, mit denen der Kunde kontaktlos zahlen kann. Hierzu muss die Karte aufgeladen werden (in der Regel gibt es einen Maximalbetrag von 200 Euro). Wird für weniger als 20 Euro eingekauft, kann die kontaktlose Bezahlfunktion verwendet werden, indem der Käufer einfach die Karte vor das Lesegerät hält; ein zusätzliches Eingeben der PIN ist nicht mehr notwendig. So ähnlich funktioniert auch der Chip im Arm: Die 16-stellige ID-Nummer ist mit einem Konto verlinkt, von dem die zu bezahlenden Beträge dann abgebucht werden.

Führt man den Gedanken weiter, könnte der Chip auch als Ausweis dienen. Allerdings ist dies heute noch nicht möglich, da auf dem Chip nur eine ID-Nummer gespeichert werden kann, mit der vorab hinterlegte Informationen aus einer Datenbank abgerufen werden. Um die heutigen Ausweise zu ersetzen, müsste der Chip umfangreichere Daten speichern können. Undenkbar ist dieses Szenario jedoch nicht, die neuen Personalausweise nutzen bereits heute die gleiche Technologie, einen RFID-Chip. Allerdings kann auf die Informationen des Chips nur mit einer Geheimzahl zugegriffen werden, die sich aus der Seriennummer des Ausweises ergibt.

Zur selben Zeit wie in Barcelona ließen sich in Mexiko der Generalstaatsanwalt Rafael Macedo und 18 seiner Mitarbeit aus Sicherheitsgründen chippen, wie "Heise-Online" und "InformationWeek-Online" übereinstimmend berichteten. Dies diente zum einen als Zugangskontrolle zu vertraulichen Dokumenten und zum anderen zur problemlosen Identifizierung im Fall einer Entführung.

In Südamerika haben wohlhabende Eltern ihre Kinder aus Angst vor Entführungen chippen lassen. Wobei der Nutzen in diesem Fall fraglich ist: Für eine Ortung muss ein solcher Chip mit einem Peilsender verbunden werden, was derzeit in der implantierbaren Form der RFID-Tags noch nicht möglich ist. Aufgrund der geringen Reichweite des Senders müsste man darauf warten, dass sich die Gesuchten an vorinstallierten Lesegeräten vorbeibewegen. Hierzu müsste eine große Anzahl von Scannern in öffentlichen Bereichen vorinstalliert sein.

Nach dem Tsunami 2004 und auch nach dem Hurrikan Katrina 2005 wurden einigen der Todesopfer VeriChips implantiert, um sie später leichter und richtig identifizieren zu können. Im Gespräch waren implantierbare Chips auch zur Erleichterung der Identifikation von Attentatsopfern.

Im Internet wird der Chip im Arm kontrovers diskutiert, fundierte Zahlen und Fakten sind schwer zu bekommen. Die Bedenken wegen der Verwendung implementierter Chips betreffen unterschiedlichste Bereiche. Es schwirren zahlreiche Verschwörungstheorien und Orwellsche Überwachungsalbträume durchs Netz.

So steht der Chip im Verdacht, Krebszellen zu fördern beziehungsweise chronische Leiden auszulösen. In einer Zehn-Jahres-Studie wurde 2007 herausgefunden, dass sich bei einem bis zehn Prozent der Labormäuse und -ratten mit Mikrochip bösartige Krebszellen um das Implantat bildeten. Allerdings lassen sich diese Zahlen nicht ohne weiteres auf Menschen übertragen. Sicher ist, dass es derzeit keine Studien gibt, die die Sicherheit implantierter Chips belegen.

Weitere gesundheitliche Risiken, die im Raum stehen, sind die Gefahr elektrischer Schläge und Verbrennungen durch Reaktionen mit elektromagnetischer Strahlung (starken elektrischen Feldern) oder Kernspintomografen. Letztere könnten den Chip auch zerstören. Zudem wurde von Fällen berichtet, in denen der Chip im Körper gewandert ist.

Entscheidet sich ein Nutzer dafür, den Chip wieder loszuwerden, kann sich das in der Praxis als schwierig erweisen. Zwar könnte der Chip mit einem Gerät einfach deaktiviert werden, das Instrument selber würde dann aber weiter im Körper verbleiben. Eine weitere Option wäre, den Chip operativ zu entfernen. Auch das kann zu Problemen führen, da der Chip im Körper wandern oder sich um den Chip Narbengewebe bilden kann.

Implantierten Chip mit Computervirus infiziert

Es gab bereits den ersten Versuch, einen implantierten Chip mit einem Computervirus zu infizieren, was auch gelungen ist. Mark Gasson von der University of Reading in Großbritannien nutzte einen in die Hand implantierten Chip, um Zugang zu seiner Universität und zu seinem Mobiltelefon zu erhalten. Einer Meldung der Universität Reading zufolge übertrug Gasson einen Virus auf diesen Chip und schaffte es so, auch das Empfängersystem zu infizieren. Von dort hätte sich der Virus weiter ausbreiten können. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, über RFID-Chips einen weit verbreiteten Virenbefall auszulösen, ist aber fraglich, da es sich um ein rein passives System handelt.

Wie oben schon angesprochen, besteht das Risiko, dass die unverschlüsselten Chips ungewollt und insgeheim ausgelesen werden. Das Signal könnte dupliziert und auf einen weiteren RFID-Chip übertragen werden, um dann Schlösser zu öffnen oder Zugang zu geheimen Informationen zu erlangen. Dies könnte bis zum Identitätsdiebstahl gehen. Auch ein implantierter Chip kann entfernt und dann missbräuchlich verwendet werden.

Allerdings erhält man beim zufälligen Auslesen des Chips eine 16-stellige Nummer. Ohne Hintergrund zu der dazugehörigen Person und wozu diese den Code nutzt, ist er schwierig zu missbrauchen. Ähnlich einem Zettel mit einem Passwort, den man auf der Straße findet. Derzeit ist es einfacher, in eine Wohnung auf herkömmliche Art einzubrechen als durch Duplizieren eines RFID-Chips.

Ansonsten ähneln die Bedenken denen gegen RFID-Chips, die in Gegenständen wie Kleidungsstücken eingesetzt werden.

Ein Problem ist der Datenschutz beziehungsweise die informationelle Selbstbestimmung. Im Fall eines implantierten RFID-Chips lassen sich zwar keine aktiven Bewegungsprofile erstellen, allerdings werden Bewegungen von Personen im Nachhinein indirekt über den Standort der Lesegeräte nachvollziehbar, ähnlich der Ortung von eingeschalteten Mobiltelefonen.

Bei geschickt platzierten Lesegeräten könnten gerade durch die geringe Reichweite der passiven RFID-Chips wesentlich genauere Profile entstehen als bei ziviler Nutzung der GPS-Ortung. Immerhin sind sich gechippte Personen dieser Gefahr bewusst, da sie wissen, dass sie einen Chip in sich tragen - im Gegensatz zu Personen, die Waren mit einem versteckten Chip gekauft haben und sich somit nicht bewusst sind, welche Informationen sie preisgeben.

Allerdings hilft das Wissen um den implantierten Chip auch nicht wirklich weiter, wenn man die Standorte der Auslesegeräte nicht kennt. Auch die Deaktivierung oder Abschirmung des Signals bei einem implantierten Chip ist deutlich schwieriger als bei einem externen Chip, der einfach zerstört oder mit Alufolie abgedeckt werden kann.

Bei Gegenständen ist die Nachverfolgung von Bewegungsprofilen übrigens schon gang und gäbe - beispielsweise Bücher mit RFID-Chips in Büchereien oder bei Paketen im Versandhandel.

Es ist davon auszugehen, dass die Diskussion angeheizt wird, sobald es technisch möglich wird, die RFID-Chips mit GPS zu verbinden und so eine ständige Überwachung zu ermöglichen. Aktive, also mit Batterie ausgestattete Chips inklusive GPS-Ortung gibt es bereits. Die Firma Identec Solutions etwa stellte solche Geräte bereits 2007 vor. Über die Firma Hitachi heißt es, sie habe ihren Mikro-RFID-Chip ebenfalls mit GPS ausgestattet. Hitachi meldete bereits 2003 die Entwicklung eines extrem kleinen Chips – aufgrund seiner Größe auch als Smart Dust bezeichnet. Dass dieser nun auch in Kombination mit GPS arbeitet, ließ sich den offiziellen Statements zufolge allerdings nicht verifizieren. Solange sich die "einfachen" RFID-Chips nicht stärker durchgesetzt haben, scheinen die Investitionen allerdings (noch) zu hoch zu sein.

Einige Bedenkenträger sehen implantierte Chips als die Erfüllung der "Mark of the Beast"-Prophezeiung aus der Offenbarung des Johannes. In der Bibel spricht der Evangelist (vor rund 2000 Jahren) in seiner ihm von Gott gegebenen Vision über die Endzeit von einem vom Teufel aufgezwungenen Kennzeichen, ohne das keiner mehr kaufen oder verkaufen kann: "Und es macht, dass die Kleinen und die Großen, die Reichen und die Armen, die Freien und die Knechte allesamt sich ein Malzeichen geben an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn, dass niemand kaufen oder verkaufen kann, er habe denn das Malzeichen, nämlich den Namen des Tiers oder die Zahl seines Namens. (Offenbarung Kapitel 13, Verse 16.17)"

Trotz der genannten Risiken werden sich Chip-Implantate in den nächsten 10 Jahren durchsetzen. Hierfür wird allerdings entscheidend sein, dass dies auf freiwilliger Basis geschieht. Sobald Chip-Implantate auf öffentlichen Druck hin eingeführt würden, wird sich allerdings relativ schnell eine starke Gegenoffensive bilden. Dann rücken Datenschutzbedenken und Überwachungsängste in Vordergrund, die auch in den Medien groß diskutiert werden.

Das Implantat als Statussymbol

Wenn sich die Menschen freiwillig dazu entscheiden, ein solches Implantat zu tragen, werden diese Aspekte zugunsten der praktischen Anwendungsmöglichkeiten in den Hintergrund treten. Im Endeffekt wird sich die Technik aufgrund ihrer Vorteile durchsetzen: Man kann seinen Schlüssel nicht mehr verlieren und ist immer zahlungsfähig, solange der Kontostand es erlaubt.

Wie oft hat man sich selbst im Freibad oder Strand schon gefragt, wohin mit dem Schlüssel oder dem Geld. Solange man auf dem Strandtuch liegt oder sich an die Bar begibt, ist es schlicht lästig. Sobald man im Meer schwimmen gehen will, wird es unpraktisch. Ein Chip-Implantat ist da viel bequemer und attraktiver, keine lästigen Taschen oder Gürtel mehr, mit denen man im Beach Club herumlaufen muss und die das Outfit stören. In einem Beach Club nur in Bikini oder Badehose herumzulaufen, ohne sich um ein Portemonnaie oder eine Karte und Verlust beziehungsweise um deren Wassertauglichkeit Gedanken machen zu müssen, erscheint da viel attraktiver. Geschicktes Marketing wird hier einiges beeinflussen können. Die Chance ist groß, dass vor allem junge Leute es cool finden, einen Chip im Arm zu tragen. Das Implantat wird sich zu einem Statussymbol entwickeln.

Als Erstes werden sich die Implantate im medizinischen Bereich durchsetzen. Sobald eine bestimmte Anzahl an Anwendern und mitmachenden Krankenhäuser überschritten ist, wird sich die Verbreitung des Chips nicht mehr aufhalten lassen. Ist es erst einmal selbstverständlich, eingelieferte Patienten auf einen solchen Chip hin zu scannen, werden sich mehr und mehr Betroffene einen Chip implantieren lassen. Heute ergibt dies kaum Sinn: Was soll ich als Risikopatient mit einem Chip im Arm, wenn ich davon ausgehen kann, dass im Notfall keiner meinen Arm scannen wird, um festzustellen, ob ich einen solchen Chip trage?

Letztendlich hängt der Erfolg von RFID-Implantaten von zwei Fragen ab: Werden die Chips auf freiwilliger Basis eingeführt, und wie viele Anwendungsmöglichkeiten wird es auf dem Markt geben?

Datenschutzbedenken halten diese Entwicklung nicht auf. Bereits heute gibt es unzählige Möglichkeiten, Menschen auszuspähen - sei es die Überwachung an öffentlichen Plätzen, die mögliche Ortung über angeschaltete Handys oder zahlreiche Apps, die Daten von Smartphones auslesen. Ohne darauf näher eingehen zu können, möchte ich an dieser Stelle auch auf die aktuelle Diskussion um das NSA-Programm Prism verweisen. Datenschutz und Schutz der Privatsphäre scheinen einen immer niedrigeren Stellenwert zu haben beziehungsweise bei der Kosten-Nutzen-Abwägung gegenüber dem vermeintlichen Nutzen oder der Bequemlichkeit einer Technologie den Kürzeren zu ziehen.

Unser Verständnis von Datenschutz und vom gläsernen Bürger wird sich in den kommenden Jahren radikal verändern. Das kann man heute schon an der "Facebook-Generation" erkennen, die mit einem ganz anderen Selbstverständnis persönliche Daten veröffentlicht. Dieser Trend ist nicht mehr aufzuhalten. Stattdessen wird zu definieren sein, wie der Einzelne und die Gesellschaft mit der Entwicklung umgehen.

Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!

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Foto: cio.de

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