Das Robotertaxi der Zukunft kann man sich auf der Technik-Messe CES zumindest ein wenig in Aktion vorstellen. Der Technologie-Zulieferer Apriv hat testweise mehrere Wagen auf die Plattform des Fahrdienst-Vermittlers Lyft gebracht. In der App von Lyft taucht unter Umständen die Option "selbstfahrendes Auto bestellen" auf. Dann kann es zu einem von 20 Hotels gehen, für die Aptiv die Fahrtwege noch einmal minuziös selbst vermessen hat.
Eine Fahrt vom Messegelände zum "Ceasar's Palace" ist bemerkenswert unaufregend: Das Auto fährt geschmeidig, ohne abruptes bremsen oder beschleunigen. Es wechselt bei Bedarf mit einer kurzen gesprochenen Vorwarnung die Spur, das Signal der Ampel wird per Funk übermittelt, um sich nicht auf Kameras zu verlassen. Die Sicherheitsfahrerin am Steuer muss zwischendurch nicht eingreifen - auch nicht als ein verspäteter Fußgänger noch auf den Zebrastreifen läuft, während die Ampel für das Auto bereits grün leuchtet. Nur an Startort und Ziel übernimmt sie die Kontrolle: Aptiv und Lyft haben zwar die Erlaubnis, autonom den Verkehr auf der Straße zu navigieren - auf die privaten Parkplätze erstreckt sie sich aber nicht.
Für Lyft ist Las Vegas die zweite Roboterwagen-Teststadt nach Boston. Der Fahrdienst-Vermittler setzt dabei für die Zukunft auf den Plan, selbstfahrende Autos verschiedener Hersteller auf seine Plattform zu holen. Der große Rivale Uber hingegen arbeitet an eigener Roboterwagen-Technologie und lässt seit Herbst 2016 testweise auch Passagiere in Pittsburgh mitfahren.
Die Uber-Pläne bekamen zwar einen Dämpfer, als die Google-Schwesterfirma Waymo dem Start-up den Einsatz bei ihr gestohlener Laserradar-Technologie vorwarf. Während in diesem Jahr der Prozess beginnen soll, macht Uber aber weiter und gab auf der CES eine Partnerschaft mit dem Autocomputer-Lieferanten Nvidia bekannt.
Waymo ging unterdressen noch einen Schritt weiter und verzichtet in einem Testbereich in der Stadt Chandler in Arizona ganz auf den Notfall-Piloten am Steuer. Einwohner können dort in einem umgebauten Chrysler-Minivan mit Waymo-Technologie ihre Alltagsfahrten in einem zunächst rund 260 Quadratkilometer großen Gebiet erledigen.
Das Start-up, das als allererstes im Stadtverkehr Passagiere in selbstfahrende Autos setzte, NuTonomy, gehört jetzt zu Aptiv. Das eröffnet die Möglichkeit, Systeme, die als Absicherung für einen Ausfall doppelt an Bord sein müssen, durch den Einsatz von zwei verschiedenen Technologien noch robuster zu machen, sagte der zuständige Aptiv-Manager Serge Lambermont.
Wann die Robotertaxis auf die Straßen kommen
Darüber, wann kommerzielle Robotertaxi-Services in den Alltag kommen, gibt es in der Branche unterschiedliche Vorstellungen. So peilt der US-Autoriese General Motors das Jahr 2019 an, Renault-Chef Carlos Ghosn wollte sich in Las Vegas nur auf einen Zeitraum von sechs Jahren festlegen. Wie genau das autonome Fahren hingegen die Branche umkrempeln wird, ist bemerkenswert ungewiss. Klar ist nur, dass die Karten völlig neu gemischt werden könnten. "Wir fangen erst an, zu begreifen, was die Technologie alles ermöglichen wird", sagte Ford-Chef Jim Hackett in Las Vegas.
Einige Hersteller überlegten, welche Bausteine der künftigen Mobilität sie selbst im Haus haben müssten und welche nicht, wie strategisch wichtig das ist, sagt Aptiv-Chef Kevin Clarke. "Die Frage für sie ist auch, wie sie die neue Technik in ihre heutige Fahrzeugarchitektur integrieren und wann der richtige Zeitpunkt ist, mit einem weißen Blatt Papier anzufangen."
Die Aussicht auf eine große Umwälzung lässt gerade Goldgräberstimmung rund um das autonome Fahren aufkommen. Neben Herstellern, etablierten Zulieferern und Tech-Firmen wie Waymo, Uber oder Apple arbeiten auch diverse Start-ups an Technologien zum autonomen Fahren. Eine Marktbereinigung sei unausweichlich, sagt Branchenanalyst Mike Ramsey vom Marktforscher Gartner. "Manche haben exzellente Leute an Bord, aber man wird in der Zukunft keine 15 Anbieter von Roboterwagen-Technologie brauchen."
Dass NuTonomy, das in seiner Technologie sehr weit gewesen sei, mit einem Kaufpreis von 450 Millionen Dollar rund 200 Millionen günstiger gewesen sei als das Start-up Cruise beim Kauf durch General Motors, sei ein Zeichen für das Überangebot. Zugleich gibt es aber natürlich Firmen mit Branchenstars wie Aurora Innovation mit Chris Urmson, dem ehemaligen Entwicklungschef der Google-Roboterwagen. Kurz vor der CES gab Volkswagen eine Kooperation mit Autora bekannt. "Die deutschen Autobauer brauchen diesen frischen Wind", sagt ein Brancheninsider. (dpa/rs)