Fehler und Verwechslungen haben nicht nur im deutschen Gesundheitswesen oft kostspielige Folgen: Gegen den britischen NHS (National Health Service) liefen allein in den Jahren 2004/2005 Klagen wegen Fahrlässigkeit im Wert von 400 Millionen GB-£, mit einer potenziellen Haftungssumme von mehr als 2,8 Milliarden.
Eine der Hauptursachen für Fehler ist die falsche Identifikation von Patienten. Laut National Patient Safety Agency ist sie für 19 Prozent aller Fehler im Krankenhaus verantwortlich. Die britische Regierung schätzt, dass Fehler aufgrund von Missidentifizierungen dem NHS jährlich etwa zwei Milliarden Pfund zusätzliche Kosten verursachen, etwas durch verlängerte Klinikaufenthalte. Darüber hinaus steht der NHS auch wegen seiner Ineffizienz immer wieder in der Kritik: Lange Wartezeiten und Verzögerungen bei Operationen bleiben Schreckgespenster für die Patienten.
Funketiketten gegen Fehler
"Wir wollten die Vorteile der neuesten technologischen Möglichkeiten nutzen, um neue Standards für die Patientensicherheit zu setzen und die Auslastung und Effizienz unserer OPs zu erhöhen", so David Morgan, Facharzt in der Chirurgie. "Wir stützen uns auf Patientenarmbänder, die uns die richtigen Informationen für jeden Bereich der Behandlung liefern, von der Verabreichung von Medikamenten über Bluttransfusionen bis hin zu chirurgischen Eingriffen. In Anbetracht seiner kritischen Rolle für die Patientenversorgung musste jedes System, das wir entwickelten, auf das RFID-Armband ausgerichtet werden."
Zusammen mit Safe Surgery Systems, einem Dienstleister für Gesundheitstechnologie, entwickelte die Klinik eine Lösung, die Radiofrequenz-Identifikation (RFID) mit Real-Time-Software, PDAs sowie Druckern und Armbändern von Zebra Technologies kombiniert: Bei der Aufnahme wird nun jeder Patient fotografiert und er erhält ein bedrucktes Armband mit integriertem RFID-Tag. Das digitale Foto ist Teil der Krankenakte und hilft dabei, die Identität des Patienten zu verifizieren.
Alle an der Behandlung beteiligten Ärzte haben kabellose PDAs, mit denen sie die Operationsliste und Patientenakten einsehen können. Über das Foto oder durch Scannen des RFID-Tags kann der Arzt den Patienten zweifelsfrei identifizieren. Die Untersuchungen werden über das PDA direkt dokumentiert und die Operationsliste wird zeitgleich aktualisiert. Ein Warnsystem, das von rot auf grün wechselt, stellt sicher, dass alle vor einer Operation durchzuführenden Untersuchungen vorgenommen worden sind. Wenn der Patient in den OP-Saal gebracht wird, erkennt das Lesegerät ihn anhand des RFID-Tags und holt die richtigen Daten und die anstehenden Maßnahmen auf den Bildschirm - Verwechslungen ausgeschlossen.
Die Effizienz im OP wird automatisch gemessen, da jeder Schritt mit Zeitangabe erfasst wird - das Vorgehen wird vom Chirurgen kodiert, was den Verwaltungsaufwand weiter reduziert.
OP-Wartezeiten verkürzen
Schon die Pilotphase des neuen Systems in der Hals-Nasen-Ohren-Tagesklinik ermöglichte es der Abteilung, eine zusätzliche Operation pro Schicht durchzuführen - das macht 672 zusätzliche einfache oder mittlere Eingriffe pro Jahr. Dadurch kann die Klinik jährlich ungeplante Mehreinnahmen zwischen 70.000 und 270.000 GB-Pfund erwirtschaften, abhängig von der Art der Behandlungen.
Neben der Sicherheit und Effizienz bei Operationen kann das System auch alle anderen Prozesse unterstützen, die eine Verifizierung der Identität benötigen, wie die Aufnahme, Überweisungen und Entlassungen oder etwa die Risikobeurteilung bei einer tiefen Venenthrombose. Gleichzeitig hilft es, Infektionen zu kontrollieren, die über Patienten, Betten oder Angestellte übertragen werden können. Wenn im OP oder am Krankenbett Biopsien oder Tests durchgeführt und Testmaterialen markiert werden müssen, kann der korrekte Patientenaufkleber mit mobilen Zebra-Druckern direkt ausgedruckt und aufgeklebt werden.
"Seit wir das neue System benutzen, ist kein einziger Fehler aufgetreten", so Morgan weiter. "Die Patienten haben mehr Vertrauen und die OP-Säle laufen effektiver, da wir die Wartezeiten verringern konnten. Die Genauigkeit der Kodierung hat sich auf annähernd 100 Prozent gesteigert, weil sie vom Chirurgen über das PDA bei der Operation vorgenommen wird. Weil so weniger Papierkram anfällt, hat unser Personal mehr Zeit für die Patienten, was wiederum deren Zufriedenheit verbessert."
Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt hat sich der Trust deshalb entschieden, das neue System im ganzen Krankenhaus einzuführen. Inzwischen wird es bereits auf vier Stationen und in vier OPs eingesetzt, und die Einführung wird in den nächsten 12 Monaten weiter vorangetrieben.
"Mit seiner Vorreiterrolle beim RFID-Einsatz zur Verbesserung der OP-Abläufe legt das Heartlands Hospital die Messlatte für Patientensicherheit und OP-Effizienz höher", ergänzt Aileen McHugh, Healthcare-Expertin bei Zebra Technologies. "Während über die Vorteile von RFID im Handel, in Produktion, Logistik und Luftfahrt schon viel geredet wird, wurde bisher aus den Möglichkeiten für das Gesundheitswesen vergleichsweise wenig gemacht. RFID-Etiketten sind ideal für die Patientenidentifikation, da die Armbänder ausgelesen werden können, ohne den Patienten zu stören. Die Tatsache, dass in der Klinik keine Fehler und Verwechslungen aufgetreten sind, seit das System implementiert wurde, und nun sogar mehr Operationen durchgeführt werden können, spricht für die Zuverlässigkeit der RFID-Technologie und ebnet ihr den Weg in andere NHS-Trusts."