Josef Richter weiß, was von ihm erwartet wird: Als „das größte und wichtigste Projekt unserer Unternehmensgeschichte“ beschreibt der aktuelle Geschäftsbericht der Hugo Boss AG das Unternehmens-Projekt „Columbus“. Der 45-jährige CIO soll damit dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Informationsanforderungen der Geschäftsbereiche über die gesamte Prozesskette besser erfüllt und eine deutliche Effizienzsteigerung in allen Arbeitsabläufen erreicht werden – so lautet der veröffentlichte Auftrag vom Vorstandsvorsitzenden, Bruno Sälzer.
Keine leichte Aufgabe, da bis vor drei Jahren noch rund 30 verschiedene IT-Systeme – darunter zwei eigen entwickelte ERP-Systeme – im Metzinger Bekleidungskonzern liefen, unzählige Schnittstellen bestanden und 60 der rund 110 IT-Mitarbeiter in Deutschland mit der Entwicklung von neuen Programmen beschäftigt waren. „Das war der reinste Flickenteppich“, erinnert sich Richter, der damals von der IT-Tochter des Automobilzulieferers Webasto AG zur Hugo Boss AG kam.
Mit dem Strategieprojekt „Columbus“ sollen nicht nur jährliche Synergieeffekte in niedriger einstelliger Millionenhöhe erwirtschaftet werden – das ganze Unternehmen wird umgekrempelt. Dafür analysierten Richter und seine Mitarbeiter untersützt vom Beratungsunternehmen KPS Consulting, die betrieblichen Prozesse, erarbeiteten neue Abläufe und Strukturen und präsentierten sie dem Vorstand. Eine der wichtigsten Entscheidungen war die für das neue ERP-System SAP AFS (Apparel und Footwear Solution).
AFS wird momentan im Unternehmensbereich „Hugo“ als Pilotprojekt gefahren. „In diesem Bereich werden mit HAKA, DOB und Accessoires exakt die gleichen Prozesse bearbeitet wie in allen anderen – für einen Piloten sind das ideale Voraussetzungen“, sagt Richter. „Verläuft das Projekt erfolgreich, soll AFS für alle Unternehmensbereiche entweder als Big-Bang noch in diesem Jahr implementiert werden oder sukzessive bis Ende nächsten Jahres“, sagt der CIO. Dabei gilt die Komplettumstellung als die schwierigere Variante, da bis dann alle Prozesse komplett umgestellt sein müssen. An der Motivation der Boss-Mitarbeiter wird das nicht scheitern: „Ich hätte nicht gedacht, dass ein Unternehmen so offen für neue Lösungen sein kann“, schwärmt Richter.
Doch das liegt nicht nur an der Führungsetage der Metzinger: Änderungen wurden nötig, weil sich die Branche wandelt. „Früher reichte es aus, zweimal im Jahr eine neue Kollektion zu präsentieren“, sagt Richter. „In Zukunft wollen wir wochengenau bis zu 52 mal im Jahr ausliefern.“ Entsprechend müssen auch die internen Prozesse angepasst werden – und dabei wird Columbus helfen.