Ansatzpunkte ergeben sich dafür in allen Bereichen des Kundenlebenszyklus, von der Neukundengewinnung bis hin zur Kundenrückgewinnung. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen technischen Unterstützung zu ergreifen. Unmittelbar klar wird dies beim Blick auf das klassische Kampagnen-Management. Unspezifische Massenkampagnen dringen zum Endkunden kaum noch durch. Zu groß ist die Flut ungewünschter Informationsangebote, die ungeöffnet im Papierkorb landen.
Der Ausweg sind möglichst kundenindividuell gestaltete Kampagnen, die allerdings mit höheren Kosten verbunden sind. Große Chancen eröffnen sich beispielsweise, wenn man die vom Kunden initiierten Kontakte für vertriebliche Ansätze nutzt. Wurde der Wunsch eines Kunden erfüllt, so steht dieser direkt nachfolgenden, auf ihn abgestimmten Kommunikationsmaßnahmen deutlich aufgeschlossener gegenüber als einer Massenkampagne. Das steigert die Erfolgsaussichten, Wirkung zu erzielen.
Dem konkurrierenden Anforderungspaar Individualisierung versus Kosteneffizienz auf der Seite des Marketing stehen zwei verschiedene systemtechnische Ansätze des Kampagnen-Managements gegenüber - der klassische listenorientierte Ansatz und der regelbasierte Ansatz. Um zu beurteilen, ob ein Ansatz genügend tragfähig ist, alle Kunden-Management-Aktivitäten abzudecken, lohnt sich ein Blick auf mögliche Aktivitäten entlang des Kundenlebenszyklus und sich daraus ergebende Ansatzpunkte für eine Kundenkontaktstrategie. Die Strategien versuchen in erster Linie, die Kosten für die Aktivierungsphase möglichst gering, die Wachstumsphase möglichst groß und die Kundenbeziehungsdauer möglichst lange zu gestalten.
Der erste, klassische Ansatz des Kampagnen-Managements basiert auf einem listenorientierten Vorgehen. Kunden werden nach bestimmten Kriterien segmentiert. Basierend auf diesen Segmenten werden für die zu bewerbenden Produkte oder Verkaufsansätze Selektionen gebildet, für die die Kampagnenmaßnahme durchgeführt werden soll. Wesentlich bei derartigen Kampagnen ist, dass man aus diesen Selektionen wiederum Kundengruppen herausfiltern muss, auf die beispielsweise Ausschlusskriterien zutreffen, etwa wenn ein Kunde keinen Kontakt wünscht, ein Kunde bereits vor kurzem kontaktiert wurde, schlechte Bonität vorliegt oder rechtliche Ausschlusskriterien vorliegen. Mit diesem Ansatz können Kampagnen mit großen Kunden- oder Interessentenanzahlen durchgeführt werden. Langfristige Planung und parallel laufende Kampagnen bis hin zur automatischen Optimierung sind hierbei möglich. Dieser Ansatz ist daher oft in der Neukundengewinnung und in der Wachstumsphase (Cross- und Up-Selling) anzutreffen. Er bietet insbesondere bei großvolumigen Kampagnen Vorteile und bietet ein hohes Maß an Planungssicherheit.
Regelbasierter Ansatz
Beim zweiten Weg, dem regelbasierten Ansatz, werden für die Kundenkontaktstrategie Regeln aufgestellt, die bei definierten Anlässen und unter bestimmten Bedingungen Maßnahmen auslösen. Diese Methode ist bestens geeignet für kundenspezifische individuelle Kommunikationsaktionen, beispielsweise wenn es gilt, Kundenkontaktstrategien für Neukunden umzusetzen, bei hohem Zahlungseingang umgehend eine Aktion oder einen Vertriebshinweis auszulösen, proaktive Maßnahmen zur Kündigungsprävention zu ergreifen oder direkt auf vom Kunden veranlasste Kontakte zu reagieren, um dessen Wünsche situationsgerecht zu bedienen.
Weil man mit diesen Tools direkt reagieren kann, werden derartige Systeme auch oft Real-Time-Decisioning-Systeme genannt. Der regelbasierte Ansatz eignet sich insbesondere zur Kündigungsprävention und zum anlassbedingten Dialogmarketing. Auch Up- und Cross-Sellingansätze für Inbound-Kontakte lassen sich mit dieser Methode gut umsetzen.
Beide Wege haben ihre spezifischen Stärken. Das klassische Kampagnen-Management spielt seine Vorteile aus, wenn
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viele Kunden/Interessenten gleichzeitig mit denselben Botschaften erreicht werden sollen(Massenkampagnen);
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Maßnahmen eine langfristige Planung verlangen;
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das Modell für die Kundenselektion komplex ist;
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viele oft wiederkehrende Ausschlusskriterien vorliegen;
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eine zeitliche Entkopplung zwischen der Planung und der Durchführung der Maßnahmen stattfindet (z. B. Neukundengewinnung, Kundenrückgewinnung);
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Kosten niedrig gehalten werden sollen (z. B. Massen-Mailings).
Vorteile bietet hingegen die Regelanwendung, wenn
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sich kundenspezifische Kommunikationsmaßnahmen nach Anlass und situativem Kontext unterscheiden;
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zeitliche Nähe gewünscht ist, d. h. wenn eine sofortige Reaktion/Entscheidung unter Berücksichtigung des Kundenverhaltens und der mit diesem Verhalten verbundenen Kontextinformation gewünscht ist;
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die (Re)aktion eher ein Prozess, weniger eine einzelne Aktion ist;
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bei verschiedenen gleichzeitig laufenden Kampagnen die Priorisierung flexibel gehandhabt werden soll, beispielsweise bei einem vertriebspolitisches Überregeln von Standard-Kampagnen oder beim saisonalen Fördern eines bestimmten Produktes.
Basierend auf diesen Kriterien kann die Entscheidung zugunsten einer der beiden Varianten ausfallen, wenn nicht alle oben angesprochenen Kunden-Management-Aktivitäten notwendig oder geplant sind. Oft ist es jedoch notwendig, auf beide Technologien zurückzugreifen. Steht man vor der Situation ein neues System einführen zu können, so sollte eine Plattform gewählt werden, die mit Blick auf beide Varianten für viele Schnittstellen die gleichen Services bereitstellt.
Schaffung der Referenzarchitektur
In der Referenzarchitektur verwenden Kampagnen-Management und das Real-Time-Regelwerk die gleichen Schnittstellen (online und batch) für die Kanalanbindung und die Anbindung an das Data Warehouse. Eine Steuerung erlaubt die Konfiguration beider Methoden und damit die Definition aller oben beschriebenen Maßnahmen. Sie bietet auch die Möglichkeit, ein einheitliches Metadaten-Management vorzunehmen. Die Antworten, bzw. Reaktionen auf die Maßnahmen werden von möglichst allen Kanälen zentral in das Data Warehouse eingespielt. Diese Informationen legen die Grundlage für eine Erfolgskontrolle (Closed Loop), für die Einbeziehung der Ergebnisse in neue Selektionen und für die Definition mehrstufiger Kampagnen.
Eine derartige Architektur ist eine zukunftssichere Plattform, die alle Maßnahmen einer erfolgreichen Kundenkontaktstrategie abdeckt. Sie kann damit zu einem wesentlichen Differenzierungsmerkmal gegenüber Wettbewerbsunternehmen werden und die Wertschöpfung über den gesamten Kundenzyklus hinweg steigern.
Dr. Elmar Stenzel ist Senior Manager bei der Steria Mummert Consulting AG.