CeBIT 2017

Mit mehr Intelligenz zu besserer Customer Experience

24.03.2017 von Martin Bayer
Das alte CRM als Kundenverwaltung hat ausgedient. Heute tunen die Anbieter ihre Softwarewerkzeuge mit Analytics, Automatisierung und KI. Anwender könnten damit den kompletten Customer Lifecycle im Blick behalten und für eine bessere Customer Experience sorgen, lautet das Versprechen der Hersteller.

"Bei uns steht der Kunde im Mittelpunkt", "Es dreht sich alles um die Kunden" und "Die Zufriedenheit der Kunden ist Maß aller Dinge bei uns im Unternehmen" - Beteuerungen dieser Art hört man heute allenthalben. Es gibt kaum ein Unternehmen, das sich nicht ganz groß auf die Fahnen schreibt, alles für bessere Kundenbeziehungen tun zu wollen. Kein Wunder: Die Kunden von heute wollen umworben und überzeugt werden. Sie sind gut vernetzt und damit bestens informiert über Produkte und Services der verschiedensten Anbieter. Und die Zeiten, in denen sich ein Unternehmen der Loyalität seiner Klientel sicher sein konnte, sind längst vorbei. Einmal Opel - immer Opel, gilt heute längst nicht mehr. Heute Opel, morgen VW und übermorgen vielleicht ein BMW, so sieht die Realität heutzutage aus im immer härter werdenden Kampf um Kundschaft.

Den Kunden genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit dem richtigen Angebot erwischen - das ist die hohe Kunst des neuen Customer Relationship Management (CRM).
Foto: estherpoon - shutterstock.com

Das heißt für die Unternehmen: Sie müssen sich immer wieder aufs Neue um die Gunst der Kunden bemühen, sich der bestehenden Klientel wie auch den potenziellen Neukunden beweisen. Für die Marketiers gilt daher, die Bedürfnisse der Kunden stets im Blick zu haben und rund um das eigene Angebot eine passende Customer Experience zu bauen. Das scheint derzeit oberste Priorität in den Marketing- und Vertriebsabteilungen der Unternehmen zu besitzen, hat jüngst erst eine von Adobe beauftragte Umfrage des Marktforschungsinstituts Econsultancy gezeigt.

Das Kundenerlebnis im Fokus der Marketing-Entscheider

2017 wird das Jahr des Kundenerlebnisses, lautet das Fazit der Marktbeobachter. Darauf wollen sich 63 Prozent der internationalen Marketingentscheider im laufenden Jahr mit Nachdruck konzentrieren, so das Ergebnis der Studie "Digital Trends 2017". Für die Umsetzung einer möglichst begeisternden Customer Experience setzt rund jeder Dritte der mehr als 14.000 befragten Marketingverantwortlichen auf gezieltes Content Marketing (29 Prozent), gefolgt von Social Media Engagement (28 Prozent) und Personalisierung (25 Prozent). In fast jedem zweiten Unternehmen (46 Prozent) sind die meisten Marketingaktivitäten inzwischen digital getrieben (2016: 42 Prozent). In fast jedem fünften der befragten Unternehmen ist das Digital Marketing jedoch noch immer von den übrigen Marketingaktivitäten getrennt (2016: 21 Prozent).

Digitale Banken - 5 Tipps für optimale Kundenerlebnisse
1. Prozesse neu denken
Alle Prozesse, die für den Kunden relevant sind, sollten von außen nach innen gedacht werden, also das optimale Kundenerlebnis zum Ausgangspunkt nehmen. Das erfordert ein Umdenken, das zum einen den Kunden in seiner Onlinewelt schon bei der Produkt- und Servicegestaltung in den Mittelpunkt stellt und sich zum anderen auf Datendurchgängigkeit und einheitliche CRM-Systeme fokussiert.
2. Einheitlichkeit schaffen
Im Rahmen des Umdenkens gilt es auch, die Kundenkontaktpunkte zu vereinheitlichen - und zwar alle, online wie offline, über Texte, Grafiken, Tonalität, Kontaktpersonen und Services hinweg. Diese Einheitlichkeit sollte jeden Prozessschritt für den Kunden einfach und verständlich machen. Dazu gehört auch, eine durchgehend persönliche Ansprache mit einem Berater als Absender oder zumindest einer gleichbleibenden Servicestelle.
3. Kontinuierlich optimieren
Wer den Kunden besser verstehen will, muss die bestehenden Prozess aus seiner Perspektive analysieren. Dazu gehören sowohl Stärken als auch Schwächen. Anschließend sind messbare Verbesserungen zu definieren, die dann kontinuierlich korrigiert werden sollten. Eine große Rolle spielt hier die Einbindung der relevanten Abteilungen, zum Beispiel Produktmanagement, Call Center, Sales und Marketing.
4. einen Verantwortlichen bestimmen
Um alle an einen Tisch zu bringen, braucht es eine zentrale Verantwortlichkeit für den Kundenprozess. So kann an einer zentralen Stelle auch objektiv gemessen werden, wie und wodurch der Kundenprozess verbessert wurde. Dieser Person obliegt die Planung und Durchführung der Maßnahmen zum Online-Erlebnis als ein Aktionsstrang der gesamten Digitalisierungs-Roadmap.
5. Durchgängigkeit gewährleisten
Prozessbrüche und Prozesswechsel sind zu vermeiden. Zum Beispiel der Bruch zwischen Online-Formular und anschließendem Filialbesuch. Es lohnt sich, aus Kundensicht zu prüfen, ob tatsächlich die Notwendigkeit traditioneller Kommunikationskanäle wie Briefsendungen besteht. Hier hilft die Frage: Wie können interne Hindernisse zugunsten einer durchgängigen Online-Customer-Experience verringert oder beseitigt werden?

Die Customer Experience bleibt auch in Zukunft ein Top-Thema. Für fast drei von zehn Befragten (29 Prozent) zählt das Kundenerlebnis zu den wichtigsten Herausforderungen der nächsten fünf Jahre. Produkt- und Service-Innovationen, Kundenservice und Produktqualität liegen mit jeweils 17 Prozent klar dahinter. Um die Customer Experience zu optimieren setzen die Verantwortlichen insbesondere auf den Ausbau der Analysekapazitäten (63 Prozent), die Verbesserung der internen Kommunikation zwischen Marketing- und Kreativ-Teams (53 Prozent) sowie verbesserte innerbetriebliche Workflows (53 Prozent). Bis zum Jahr 2020 plant ein Viertel der befragten Marketiers Virtual oder Augmented Reality einzusetzen. Speziell in Europa stehen zudem Künstliche Intelligenz und Bots als wichtige Zukunftstechniken für das Marketing hoch im Kurs.

CRM bekommt immer mehr neue Facetten

Gerade diese neuen technischen Möglichkeiten im Management der Kundenbeziehungen sowie im Aufbau der Customer Experience bilden einen Schwerpunkt im Programm der CeBIT Digital Marketing Arena in Halle 5, Stand B64. In über 100 Vorträgen und Diskussionen geht es unter anderem um das Potenzial Künstlicher Intelligenz für die Prozesse in Marketing, Vertrieb und Service sowie um Assistenzsysteme mit natürlich sprachlichen Interaktionsschnittstellen - Stichwort Conversational UI/UX.

Personalisierung und Kundenidentifikation sind wichtige Facetten des Kundenmanagements.
Foto: BSI/ZHAW

Die Facetten des Customer Relationship Management (CRM) sind vielfältiger als noch vor einigen Jahren. Drehte es sich früher um eine möglichst effiziente und genaue Verwaltung von Kundendaten, reicht die CRM-Palette heute von der interaktiven Kampagnenplanung mit Echtzeit-Datenauswertung und Segment-Zuordnung für das digitale Kampagnen-Setup, über virtuelle Vertriebsagenten, die den Vertriebsmitarbeiter in seiner Bewertung von Kunden und Opportunitäten unterstützt, bis hin zu Service-Agenten, die über Conversational Interfaces - sprich Chat-Anwendungen wie Whatsapp, Facebook Messenger oder anderen - direkt mit dem Kunden interagieren.

Kundenmanagement will richtig organisiert sein

Neben den technischen Möglichkeiten und Herausforderungen geht es in der Digital Marketing Arena auch um die organisatorischen und prozessualen Fragestellungen sowie um rechtliche und ethische Fragestellungen, wie sich Interaktion und Kommunikation zwischen den Unternehmen und ihren Kunden gestalten. Wer seine Kunden richtig ansprechen und erreichen will, muss schließlich auch die entsprechende Kundendenke in der Organisation und den Prozessen verankern und etablieren.

Das immer bunter werdende CRM-Spektrum spiegelt sich auch im Portfolio der Anbieter wider. Wie smarte Lösungen für Customer Centricity entlang des Customer Lifecycles aussehen, können Besucher beispielsweise live bei der CAS Software AG in Halle 5 am Stand A38 ansehen und ausprobieren. CAS zeigt ein CRM-System mit integriertem Fan-Prinzip. Anwender von "CAS genesisWorld" können in der neuen Version x9 damit sowohl die individuelle Kundenzufriedenheit als auch die allgemeine Fan-Quote ihres Unternehmens ermitteln.

Zu den weiteren Highlights gehören die CAS CardScanner-App, die Visitenkarten in digitale CRM-Kontakte verwandelt sowie Assistenten mit Künstlicher Intelligenz. SmartAIA (Smart Artificial Assistent) soll Unternehmen bei Routineaufgaben entlasten und lernt selbstständig. Die Integration externer Informationsquellen ermöglicht es, eigene Daten mit zusätzlichen Informationen wie eine Schufa-Kompaktauskunft mit Bonitätsinfo, Social-Media, Presse-News oder Details aus dem Handelsregister-Auszug anzureichern.

Salesforce tunt seine CRM-Plattform mit künstlicher Intelligenz

Auch in Halle 9 dreht sich alles um neue Kundenlösungen. Dort findet nach 2016 bereits zum zweiten Mal die Salesforce World Tour parallel zur CeBIT 2017 statt. In Live-Demos mit praktischen Kundenbeispielen will der Cloud-Spezialist den Besuchern zeigen, wie sich Wünsche von Kunden bereits im Voraus erkennen lassen, um diese mit personalisierten Angeboten und Services besser ansprechen zu können. Außerdem geht es darum, wie sich auf Basis der Salesforce-Plattform eigene Anwendungen umsetzen lassen - zum Beispiel um sich enger mit den eigenen Kunden zu vernetzen oder Prozesse zu automatisieren und zu beschleunigen.

Bei Salesforce dreht sich derzeit viel um das Thema künstliche Intelliigenz. Kurz vor der CeBIT hat Salesforce-CEO Marc Benioff eine Kooperation mit IBM-Chefin Virginia Rometty vereinbart. Es geht darum, die KI-Techniken beider Unternehmen, Einstein (Salesforce) und Watson (IBM), zu verbinden.
Foto: Jon Simon / IBM

Salesforce baut seit Jahren seinen CRM-Kosmos kontinuierlich aus. So könnten Anwender externe Daten beispielsweise aus dem Internet of Things (IoT) in ihrem CRM-System nutzen. Und mit "Einstein" hat der Anbieter ein KI-Werkzeug in seine Plattform integriert. Einstein soll Anwendern erlauben, bessere Einblicke in das Verhalten von deren Kunden zu gewinnen. Das Tool funktioniere Salesforce zufolge als eine Art persönlicher Data Scientist für jeden Anwender und könne sich in sämtliche Datenströme einklinken wie beispielsweise die klassischen CRM-Daten, aber auch Social-Media-Informationen oder Kommunikationsdaten aus E-Mails oder Chats.

Auf Basis von Analysen dieser Daten könnten Anwender das Kundenverhalten genauer vorhersagen, versprechen die Salesforce-Verantwortlichen. Außerdem könne das Tool aufgrund der Auswertungen bestimmte Aktionen vorschlagen und diese teilweise auch automatisiert abarbeiten. "Einstein ist das zentrale Thema in diesem Jahr", sagen die Salesforce-Verantwortlichen. "Einstein wird jeden Aspekt unserer Produkte verändern."