Business Intelligence

Mit Simulationen zu besseren Entscheidungen

12.03.2013 von Oliver Jünemann und Vincent Fourmi
Simulationssysteme sind wertvolle Werkzeuge für Entscheider in den Unternehmen. Sie können strategische Vorteile bieten, wenn es darum geht, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen. Doch um das zu leisten, müssen die Systeme einige wichtige Voraussetzungen erfüllen.

Wie wirken sich Kursschwankungen des Euro auf Absatz und Ertrag aus? Was sind die Folgen, wenn sich die Verfügbarkeit des neuen Produkts um acht Wochen verzögert? Was passiert mit dem Luftfrachtgeschäft, wenn unser Hauptflughafen ein Nachtflugverbot erhält? Unternehmen stehen regelmäßig vor solchen Fragen: Was geschieht, wenn besondere, manchmal undenkbare, Ereignisse eintreten und wie lässt sich gegensteuern? Um in diesen Situationen die passenden Antworten zu finden und richtig zu reagieren, benötigen Unternehmen konsistente Simulationssysteme mit integrierten Einzelplänen, die zudem frei von Doppelplanungen und Planungswidersprüchen sind.

Solche Simulationssysteme gehen über Lösungen für Predictive Analytics hinaus, die für den Blick in die Zukunft vor allem statistische Verfahren nutzen. Simulationslösungen sind dagegen in der Lage, abhängig von frei definierbaren Bedingungen komplette künftige Unternehmensszenarien zu erstellen. Dafür nutzen die Lösungen Daten der Vergangenheit, Ist- und Plan-Daten sowie bekannte Zusammenhänge zwischen verschiedenen Treibern und Prozessen.

Treiberbasierte Simulation

Wertebaum Forecast Vertrieb: Wie verändern sich Personalbedarf, Umsatz und Deckungsbeitrag, wenn das Unternehmen die Zahl der Kundenbesuche erhöht? Eine Simulationslösung bildet vielfältige Zusammenhänge im Unternehmen ab. Auf diese Weise lassen sich alle erdenklichen Szenarien simulieren.
Foto: Woodmark Consulting

Simulationssysteme arbeiten meist treiberbasiert, das heißt, Manager verändern zunächst eine oder mehrere Stellschrauben, zum Beispiel Umsatz, Rohstoffpreis oder Mitarbeiterzahl. Abhängig davon ergeben sich dann Verschiebungen in allen möglichen Bereichen des Unternehmens. Auf diese Weise lassen sich für bestimmte Szenarien schnell erfolgversprechende Maßnahmen entwickeln und testen.

Nötig sind solche Systeme insbesondere für Unternehmen, die auf volatilen Märkten tätig sind. Stahlunternehmen zum Beispiel sind stark abhängig von kurzfristig veränderlichen Rohstoffpreisen und Devisenkursen. Mit einem Simulationssystem in der Einkaufabteilung sind diese Firmen zum Beispiel in der Lage, schnell zu erkennen, wie sich verschiedene Kombinationen von Rohstahl- und Erzpreis sowie Euro- und Dollarkurs auf das aktuelle Geschäft auswirken.

Neben treiberbasierten Ansätzen gibt es Simulationen, die bestimmte Größen als gegeben festlegen. Daraufhin ermitteln sie optimale Kombinationen weiterer Faktoren, um bestimmte Ergebnisse zu erzielen. Wenn zum Beispiel die Zahl der Mitarbeiter im Vertrieb konstant bleibt, kann das System ermitteln, wie die Mitarbeiter auf die einzelnen Vertriebsregionen sowie Innen- und Außendienst am besten aufzuteilen sind, um maximalen Umsatz zu erzielen.

Multidimensional und In-Memory

Technische Grundlage dafür sind multidimensionale Datenbanksysteme. Diese setzen häufig In-Memory-Verfahren ein, die Arbeitsspeicher statt Festplatten nutzen, um deutlich verkürzte Zugriffszeiten zu erzielen. Das ermöglicht komplexe Berechnungen in sehr hoher Geschwindigkeit. Die Ergebnisse stehen innerhalb von Sekunden zur Verfügung. Mögliche multidimensionale Cubes sind zum Beispiel "IBM Cognos TM1", "SAP Hana" und "Oracle Essbase".

Multidimensionale Datenbanksysteme betrachten Daten nach mehreren Dimensionen, zum Beispiel Produktbezeichnung, Kunde, Verkäufer, Verkaufsort, Vertriebsregion oder Zeitraum. Hinzu kommen verschiedene Hierarchien je Dimension, für den Zeitraum zum Beispiel Jahre, Halbjahre, Quartale, Monate, Wochen oder Tage. Der Vorteil ist, dass Benutzer die Daten nach allen erdenklichen Kombinationen von Dimensionen und Hierarchien beliebig darstellen und verarbeiten können. Damit ist es möglich, komplexe Szenarien mit vielfältigen Zusammenhängen zu erfassen und auszuwerten. Um die Performance hoch zu halten, sollten jedoch nicht mehr als sieben bis zehn Dimensionen zum Einsatz kommen.

Grenzen und Tücken von Excel

Eine Simulations-Lösung kann auf eine vorhandene integrierte Planungslösung aufsetzen, die auf das ERP-System und ein Datawarehouse zugreift. Kompakte Simulationslösungen wie "IBM Cognos Insight" eignen sich zudem, um losgelöst von den übrigen Unternehmensanwendungen zu arbeiten. Zumal, wenn es im Unternehmen bereits Simulationsmodelle etwa in Excel gibt, die sich auf die multidimensionale Basis von Cognos Insight übertragen lassen.

Multidimensionale Simulationssysteme unterscheiden sich grundlegend von Excel: Die Tabellenkalkulation arbeitet mit maximal vier Dimensionen, abgebildet in Zeilen, Spalten, Reitern und Dateien. Zudem wird den Anwendern in Excel schnell die eigene Flexibilität zum Verhängnis: Für jedes Feld lassen sich individuelle Formeln definieren. Sollen Excel-Dateien später jedoch aktualisiert werden, führt dies zu einem enormen Pflegeaufwand und hohem Fehlerrisiko. Pflegt ein Controller zum Beispiel für mehrere Niederlassungen je ein Excel-Sheet, muss er zahlreiche einzelne Formeln in allen Sheets nachziehen, sobald sich übergeordnete Prozesse, Abläufe oder Stammdaten ändern.

Simulationen brauchen klares Konzept

Bei der Konzeption einer Simulationslösung kommt es zunächst darauf an, Fach- und Technologiekompetenz zusammenzuführen. Für die Unternehmensberatung Woodmark Consulting ist bereits die Auswahl des Beraterpersonals entscheidend: Gefragt sind fachlich spezialisierte Berater, die im Team sämtliche Unternehmensbereiche von Marketing über Einkauf und Logistik bis zur Fertigung sowie möglichst verschiedene Branchen abdecken. Zudem ist in vielen Jahren gewachsenes technisches Know-how nötig. Mit Hilfe solcher Berater lassen sich Simulationssysteme realisieren, die alle Anforderungen von Unternehmensführung und Fachabteilungen erfüllen sowie technisch praktikabel sind.

Die Vorbereitung eines Simulationsprojekts verläuft dabei nach einem einheitlichen Schema: Startschuss ist ein Planungsworkshop. Dieser bezieht alle Beteiligten ein, zum Beispiel Geschäftsleitung, Controlling, Vertrieb und IT. Im Workshop geht es zunächst darum, die Anforderungen und die Grundlagen des fachlichen Konzepts klar herauszuarbeiten.

Im nächsten Schritt taucht das Team aus Beratern und Mitarbeitern tief in die Prozesse und Bereiche des Unternehmens ein, um die Abhängigkeiten der zugehörigen Kennzahlen zu identifizieren. Ziel ist dabei, deren Zusammenspiel in der Simulationslösung genau abzubilden. Soll zum Beispiel die Vertriebsregion Norddeutschland ihren Umsatz erhöhen, hat dies vielfältige Auswirkungen: Im Vertrieb kann zusätzliches Personal nötig werden. Oder die Kosten für Dienstwagen, Geschäftsreisen und IT-Support steigen. Diese Zusammenhänge gilt es zuverlässig zu operationalisieren, um später alle erdenklichen Szenarien reibungslos darstellen zu können.

Sind alle relevanten Zusammenhänge abgebildet, lässt sich für jede beliebige Veränderung simulieren, wie sie sich das auf wichtige Kennzahlen wie Material-, Personal- und Sachkosten, Rohertrag, Deckungsbeiträge und letztendlich das Ergebnis des Unternehmens auswirkt.

Ergebnisse müssen schnell vorliegen

Startet die Umsetzung der Simulationslösung, ist es nach Erfahrung von Woodmark entscheidend, schnell vorzeigbare Ergebnisse zu liefern. Das Konzept muss in kurzer Zeit zum Prototyp führen. Auf diese Weise erhalten die Verantwortlichen des Unternehmens ein zuverlässiges Gefühl für die realen Möglichkeiten der Lösung.

Woodmark setzt hierzu auf agiles Projekt-Management nach der Scrum-Methode. Das heißt, die Berater verfolgen einen iterativen Ansatz mit schnell präsentablen Zwischenergebnissen. Dies sorgt für eine hohe Projekttransparenz und eröffnet immer wieder Möglichkeiten, den eingeschlagenen Weg je nach neuen aktuellen Erkenntnissen anzupassen. Das Projektkonzept lässt sich dmait kontinuierlich verbessern. Grundüberzeugung hinter dem agilen Ansatz ist, dass moderne Business-Intelligence- und Simulationsprojekte zu komplex sind, um sie nach dem klassischen Ansatz linear zu planen und diesen Plan Punkt für Punkt abzuarbeiten.

Eine wichtige Voraussetzung für den agilen Ansatz ist jedoch, dass Berater und Unternehmen sehr früh beginnen, detaillierte Testfälle auszuarbeiten. Die Test-Cases bilden die Basis für brauchbare Zwischenergebnisse und damit den Erfolg der Testphasen. Diese Szenarien zu erstellen, mag viel Aufwand bedeuten, im Verlauf des Projekts zahlt sich das jedoch aus.

Gute Simulation braucht gute Datenqualität

Eine weitere wichtige Voraussetzung für den reibungslosen Verlauf eines Simulationsprojekts ist die Datenqualität, die erfahrungsgemäß jedoch in keinem Unternehmen zu einhundert Prozent optimal ist. In fast allen Fällen sind die Daten zumindest stellenweise lückenhaft, widersprüchlich, redundant, ungenau oder veraltet.

Will ein Unternehmen zum Beispiel simulieren, welche Artikel in welchem Werk am besten zu produzieren sind, sollte eigentlich das ERP-System die wichtigsten Daten dafür liefern. Die Realität sieht aber oft anders aus: Die fraglichen Artikel tragen im Werk in Deutschland andere Bezeichnungen als in der polnischen oder der tschechischen Niederlassung. Oder die Artikelstammdaten sind je nach Werk unterschiedlich strukturiert, oder die zugehörigen Stücklisten folgen unterschiedlichen Standards. Das zu bereinigen, bedeutet zwar viel Aufwand, ist jedoch für belastbare Simulationsergebnisse nicht zu umgehen.

Akzeptanz durch Benutzerfreundlichkeit und Geschwindigkeit

Im laufenden Betrieb sind Geschwindigkeit, Benutzerfreundlichkeit und kontinuierlich korrekt abgebildete Prozesse entscheidend für den Erfolg der Simulationslösung. Ist die Lösung richtig konzipiert und eingeführt, garantieren multidimensionale Datenbanksysteme mit In-Memory-Technik die nötige Geschwindigkeit. Dies trägt zu hoher Akzeptanz beim Nutzer bei.

Ebenso wichtig für die Akzeptanz sind benutzerfreundliche, intuitive Oberflächen. Dabei lässt sich derzeit ein Trend zu leistungsfähigen mobilen Lösungen beobachten. Deshalb hat Woodmark eigene Lösungen für Tablets entwickelt, mit deren Hilfe sich Simulationsszenarien definieren und die Ergebnisse präsentieren lassen. Neben der zunehmenden Mobilisierung von BI gewinnen derzeit großflächige Multitouch-Oberflächen mit bis zu 46-Zoll-Bildschirmen an Bedeutung. Diese ermöglichen eine komfortable, kooperative Unternehmensplanung und -simulation der Zukunft.

Planungsprozesse und Kennzahlen up-to-date halten

Damit das Simulationssystem dauerhaft funktioniert und die richtigen Ergebnisse liefert, ist es nötig, die Planungsprozesse und die Abhängigkeiten der Kennzahlen des Unternehmens kontinuierlich korrekt im System abzubilden. Das heißt, Änderungen müssen sich mit geringem Aufwand fortlaufend im System nachziehen lassen. Dazu ist es entscheidend, dass das Beratungshaus die Mitarbeiter des Unternehmens, insbesondere in Controlling und IT, technisch umfassend schult. Diese Mitarbeiter sind daraufhin in der Lage, die fachlichen Zusammenhänge im System kontinuierlich zu aktualisieren. Die Simulationslösung bleibt zuverlässig immer auf dem aktuellen Stand.

Fazit

Simulationslösungen auf Basis multidimensionaler In-Memory-Datenbanksysteme ermöglichen es Unternehmen, komplexe Szenarien zu simulieren. Damit können die Entscheider genauer planen und sich besser auf schwierige Situationen einstellen. Sie gewinnen strategische Vorteile. Voraussetzung ist jedoch, dass das Planungssystem fachliche und technische Perspektiven vereint, die Zusammenhänge aller Einflussgrößen langfristig korrekt abbildet und sich auf Daten in hoher Qualität stützen kann. Wie die Praxis gezeigt hat, sind bei der Einführung agile Vorgehensweisen hilfreich. (Computerwoche)

Oliver Jünemann ist Manager Business Development und Vertrieb bei Woodmark Consulting

Vincent Fourmi ist Service Line Manager bei Woodmark Consulting