Studie Cloud-Transformation 2024

Mit Vollgas in die Cloud

07.05.2024 von Gerhard Holzwart
An der Cloud Readiness und Bereitschaft zum Wandel der Unternehmen hierzulande gibt es keine Zweifel mehr. Die Transformation ist in vollem Gange.
Die Unternehmen transformieren fleißig: Der Gang in die Cloud selbst ist keine Frage mehr, es geht nur noch um das "Wie", "Wann" und "Wozu".
Foto: Dilok Klaisataporn - shutterstock.com

Die digitale Transformation ist ein langer und zum Teil auch langwieriger Prozess, den viele Unternehmen für eine Neu- oder Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells nutzen. Das Gros der Firmen in Deutschland setzt dabei auf die Cloud in ihren unterschiedlichen Facetten und hat sich bei der Migration von Workloads inzwischen auch eine gewisse "Reife" angeeignet.

Reife bedeutet zum einen, dass die Anwenderinnen und Anwender nicht nur Erfahrungen mit einzelnen dedizierten Cloud-Services gesammelt haben, sondern in vielen Fällen nun auch die Kernapplikationen modernisieren und auslagern. Es heißt aber auch, dass über das Scheitern einzelner Cloud-Projekte und / oder über einen inzwischen erfolgten Providerwechsel zu berichten ist - und das im Hinblick auf die Kosten der neuen Cloud-Betriebsmodelle mancherorts auch etwas Ernüchterung eingekehrt ist.

So lassen sich im Kern einige der wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Studie "Cloud-Transformation" zusammenfassen, die das Custom Research Team von CIO, CSO und Computerwoche in Zusammenarbeit mit T-Systems, plusserver, Fortinet und SPIRIT/21 nun veröffentlicht hat.

Automatisierung und Flexibilität im Fokus

Demnach sehen sich rund 37 Prozent der Befragten in der Digitalisierung ihres Unternehmens für die Zukunft schon gut bis sehr gut aufgestellt, sehen aber zum Teil noch deutlichen Handlungsbedarf bei der weiteren Modernisierung ihrer Tools, Prozesse und Workflows. Wichtig sind den IT- und Business-Verantwortlichen dabei insbesondere die Themen Prozess-Automatisierung sowie Verfügbarkeit und Flexibilität der Anwendungen.

Besagter Modernisierungsdruck in der IT und den Geschäftsprozessen hat inzwischen auch erkennbar dazu geführt, dass die meisten Cloud-Transformations-Projekte strategisch geplant und umgesetzt werden. So machen mehr als die Hälfte der befragten Anwenderinnen und Anwender zu Beginn eine Bestandsaufnahme ihrer vorhandenen IT-Infrastruktur. Rund ein Drittel erledigt dies in Eigenregie, die überwiegende Mehrheit sichert sich hier aber auch die Unterstützung eines dedizierten Cloud- oder Service-Providers.

Aufschlussreich sind auch die Motive für diese Vorgehensweise. Zwei Drittel der Befragten sehen in der Konsolidierung und Standardisierung ihrer Applikationslandschaft und Plattformen die Voraussetzung dafür, um überhaupt erfolgreich Workloads in die Cloud auslagern zu können. Für fast die Hälfte der Mitarbeitenden ist eine Bestandsaufnahme sowie die Formulierung einer Cloud-Roadmap auch Anlass, die Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche im Unternehmen (neu) zu definieren.

Den für die Studie befragten Unternehmen geht es mit ihrer Cloud-Strategie vor allem um die Konsolidierung von Services und Infrastruktur, aber auch eine klarere Definition der Zuständigkeiten spielt eine Rolle.
Foto: Daniela Petrini - Research Services

Cloud Center of Excellence im Kommen

Spannend ist hier vor allem auch zu sehen, wie sich die Unternehmen beim Thema Cloud organisatorisch aufstellen und eine entsprechende Cloud Governance sicherstellen. In vielen Fällen führt das zu einem Bedeutungszuwachs des - wenn vorhanden - konzerneigenen IT-Dienstleisters. Ab und an werden dedizierte Projektteams eingerichtet, in dem alle wichtigen Stakeholder und Know-how-Träger gebündelt sind. Mancherorts nennt sich dieses Gremium auch Cloud Center of Excellence (CCoE). Entscheidend ist: Die Verantwortung für die Transformation und das nachgelagerte Management der neuen IT-Betriebsmodelle wird weitestgehend zentral verortet - und wichtige Fachbereiche wie Legal, Compliance und Risk Management sitzen mit am Tisch.

Interessant ist auch grundsätzliche Haltung der Unternehmen hinsichtlich der Frage "Cloud oder On-Premises". Rund 13 Prozent der Anwenderinnen und Anwender geben an, in Zukunft eine rigide Cloud-Only-Strategie zu verfolgen. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer bekennt sich indes zum einem Cloud-First-Ansatz, also dem bevorzugten Einsatz von Cloud-Services gegenüber On-Premises gehosteten Applikationen.

Mehr als ein Drittel (36 Prozent) favorisiert dabei den Ansatz der Private Cloud, also das Hosting cloudifizierter Anwendungen in einem Rechenzentrum eines externen Providers. Knapp ein Viertel entscheidet sich für die Hybrid-Variante, also dem parallelen Betrieb von Applikationen in der Cloud oder im eigenen Rechenzentrum in einer Legacy-Variante.

36 Prozent der Unternehmen setzen auf die Private Cloud, knapp 26 auf die Public Cloud und rund 34 Prozent auf eine Mischform aus beiden Betriebsmodellen.
Foto: Daniela Petrini - Research Services

Security bleibt Kernanforderung

Unverändert ist auch das Thema Security bei der Migration von Workloads in die Cloud für die IT- und Business-Verantwortlichen von essenzieller Bedeutung. Einerseits sind Cloud-Provider die wohl am meisten von Cyberattacken betroffenen Unternehmen, weil sie schon allein durch ihre Größe ein interessantes Ziel darstellen. Umgekehrt gelten aber deren Sicherheitsvorkehrungen als besonders gefestigt.

Diese in gewisser Hinsicht dialektische Haltung spiegelt sich auch bei den Anwenderinnen und Anwendern wider. Für mehr als 70 Prozent der Befragten spielt der Aspekt der Cloud Security eine wichtige oder sogar entscheidende Rolle. Doch während sich viele Unternehmen von der Auslagerung von Workloads an einen externen Provider ein höheres Schutzniveau versprechen, weil es intern an entsprechenden Ressourcen und Skills mangelt, befürchtet eine vergleichbare Anzahl, dass es beim Verschieben von Applikationen in unterschiedliche Cloud-Domänen zu technischen Reibungsverlusten und vor allem zu erhöhten Sicherheitsrisiken kommt.

Studie "FinOps 2024": Sie können sich noch beteiligen!

Zum Thema FinOps führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multi-Client-Studie unter IT-Verantwortlichen durch. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, hilft Ihnen Julia Depaoli (julia.depaoli@foundryco.com, Telefon: +49 15290033824) gerne weiter. Informationen zur Studie finden Sie auch hier zum Download (PDF).

KI wird zum beherrschenden Faktor

Welche Erfahrungen haben nun die Anwenderinnen und Anwender konkret bei ihren Cloud-Migrations-Projekten gesammelt. Welchen technischen und strategisch-organisatorischen Herausforderungen sind sie begegnet?

Eine immer größere Rolle spielt inzwischen - wenig überraschend - das Thema künstliche Intelligenz (KI). Laut Studie nutzen mehr als die Hälfte der Unternehmen KI-Tools für die Datenmigration. Mehr als 44 Prozent geben zudem an, KI auch für die Erstellung von Analysen zu verwenden. An dritter Stelle findet sich die Disziplin App-Migration. Auch bei der Modernisierung beziehungsweise Anpassung von Workloads für Cloud-Umgebungen sowie dem Code Refactoring spielt KI im Zusammenhang mit Cloud-Migrationen eine nennenswerte Rolle.

Alles andere als ein Selbstläufer bei der Transformation von Workloads in die Cloud ist nach Ansicht der IT- und Business-Verantwortlichen nach wie vor auch die Modernisierung von Anwendungsplattformen. Noch immer gelten alte Legacy-Applikationen und proprietäre Software-Silos als großer Hemmschuh. Gleiches gilt für die im Kontext vieler Cloud-Projekte notwendige Verarbeitung sehr großer Datenmengen sowie Integration von Cloud-Services in die bestehende IT-Landschaft.

Auch bei den strategisch-organisatorischen Herausforderungen einer Cloud-Migration vermittelt die Untersuchung einen interessanten Blick auf die Sicht der Anwenderinnen und Anwender. Mehr als 40 Prozent der Befragten fürchten demnach insbesondere die Komplexität der Aufgabe. Bemerkenswert ist zudem, dass die Unternehmen bei den vermeintlichen Handicaps immer eine unpassende oder völlig ungeeignete Firmenkultur ins Feld führen. Fehlende Skills und Ressourcen in der Belegschaft sowie die zu befürchtende Langwierigkeit eines Migrationsprozesses spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Und: Mehr als 22 Prozent der Befragten stellen sich auch noch nach dem Beginn ihrer Cloud Journey die Frage nach dem Nutzen respektive Return on Invest (ROI).

Im strategisch-organisatorischen Bereich der Cloud-Migration stellt das Thema Komplexität die Befragten vor die größten Herausforderung - deutlich stärker als das Thema (höhere) Kosten.
Foto: Daniela Petrini - Research Services

Cloud-Migration führt oft zum Re-Design der Prozesse

Dennoch gilt: Hat man einer Cloud Migration grünes Licht gegeben, wird die Migrations-Roadmap Schritt für Schritt abgearbeitet und man lässt sich nicht mehr treiben. Kein strategisches Migrations-Projekt wird heute noch vom Zaun gebrochen. Vielmehr werden vorab alle Risiken bewertet, spezielle Anforderungen an das Änderungsmanagement definiert, Systemabhängigkeiten und Datenaffinitäten spezifiziert und - zumindest in den Großunternehmen - ein Migrations-Dashboard für die verantwortlichen Führungskräfte eingerichtet.

Neben dem Design des Transformationsprozesses ist noch ein weiterer Aspekt interessant: Nur ein dediziertes Cloud-Migrations-Projekt durchzuführen, greift ja im Hinblick auf den nötigen digitalen Wandel häufig zu kurz. Noch viel wichtiger ist die Frage, ob es mit der Verlagerung von Workloads in die Cloud auch zu einem Re-Design der Geschäftsprozesse kommt. Fast ein Drittel der befragten Anwenderinnen und Anwender bekräftigen dies, indem sie von unmittelbar an ein Cloud-Projekt sich anschließenden "Transformationsphasen" berichten.

Generell spannend ist im Kontext der Cloud-Migration auch der Vendor Lock-in, also die vermeintliche Gefahr einer zu großen Abhängigkeit von einem einzigen Provider, wenn man sich für den Weg in die Cloud entschieden hat. Oftmals könne dann ein Wechsel des Anbieters, so die Annahme, aufgrund immenser technologischer und finanzieller Aufwände, kaum mehr realisierbar sein.

In der aktuellen COMPUTERWOCHE-Studie werden entsprechende Befürchtungen zumindest teilweise widerlegt. So haben bereits mehr als 40 Prozent der Unternehmen ein oder mehrere Cloud-to-Cloud-Migrations-Projekte durchgeführt - also die Verlagerung von Workloads von einem Anbieter zu einem anderen, ohne dass dabei Daten zunächst auf internen Servern zwischengespeichert werden mussten. Weitere 28 Prozent planen ein solches Vorhaben konkret im laufenden Jahr.

Wandel im Anwender-Anbieter-Verhältnis

Dies belegt auch, dass sich das Verhältnis der Anwenderinnen und Anwender zu den Cloud-Anbietern zumindest ein Stück weit gewandelt hat. Mehr denn je zieht man deren Kompetenz und Ressourcen schon bei der Erarbeitung einer Roadmap sowie der Planung und Umsetzung eines Transformations-Prozesses zu Rate; gleichzeitig ist es offenbar gelungen, durch den Aufbau oder die Stärkung interner Vendor-Management-Kapazitäten allzu große Abhängigkeiten zu vermeiden. Dafür spricht im Übrigen auch, dass das "Roll-back", also das Zurückholen von Anwendungen aus der Cloud, inzwischen bei knapp einem Drittel der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer gängige Praxis ist.

Grundsätzlich vermittelt die Untersuchung im Hinblick auf die Vorteile der Cloud ein positives Stimmungsbild aus den Unternehmen. Die Rolle der Cloud als dem zentralen Instrument für die Modernisierung und Digitalisierung wird weitgehend bestätigt. Insbesondere wird die Cloud-Transformation als entscheidender Hebel für das Kreieren performanterer und effizienterer Geschäftsprozesse angesehen.

Lediglich in einem Punkt sind die Befragten doch eher enttäuscht: Lediglich 21 Prozent der Anwenderinnen und Anwender geben an, die Ziele in puncto Kostensenkung voll umfänglich erreicht zu haben. Weitere zwei Drittel sprechen hier davon, dass sich die gewünschten Ergebnisse nur teilweise eingestellt haben.

Die Studie "Cloud-Transformation 2024" ist nun erschienen.
Foto: freepik.com / macrovector

Studiensteckbrief

Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE

Studienpartner: T-Systems (Platin), plusserver (Gold), Fortinet, SPIRIT/21

Grundgesamtheiten: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die exklusive Unternehmensdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels

Gesamtstichprobe: 322 abgeschlossene und qualifizierte Interviews

Untersuchungszeitraum: 6. bis 13. Februar 2024

Methode: Online-Umfrage (CAWI)

Fragebogenentwicklung und Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE in Abstimmung mit den Studienpartnern