Wenn sich Datenbrillen in naher Zukunft nach dem Vorbild von Handy, Navi oder iPhone als Massenartikel verbreiten, sind gravierende Veränderungen für Handel und Produktion vorprogrammiert, sagt der Münchner Nachhaltigkeitsexperte Thomas Strobel voraus. Bereits an der Schwelle zum nächsten Jahrzehnt würden dann auch bisherige Nicht-Brillenträger virtuelle Informationen über Minicomputer mit Kamera, Sender und Sichtfeld an einer elektronischen Brille beziehen. "Wir tragen zukünftig eine intelligente Datenbrille beim Einkaufen. Damit wird es möglich, dass Zusatzinformationen aus Ernährungs- und Nachhaltigkeitsportalen unser Einkaufserlebnis mitbestimmen", so Strobel.
Mit Datenbrille smarter einkaufen
Der Kunde von morgen legt etwa in einem Profil seiner smarten Kommunikationsgeräte individuell bevorzugte Kaufkriterien fest. Beispielsweise: Keine Produkte aus Massentierhaltung, Gemüse bevorzugt aus biologischem Anbau, schwerpunktmäßig regionale Produkte oder Fair-Trade-Erzeugnisse. Weil das gesamte Warensortiment inzwischen "brillentauglich" auswertbar sein wird, werden im Displayfeld der Brille beim Gang durch den Laden nur jene Produkte farbig dargestellt, die den definierten Kriterien entsprechen. "Produkte, die mit Einschränkungen noch akzeptabel sind, sehen wir dagegen in schwarz-weiß", so Strobel. Alle "nicht kaufbaren" Produkte in den Regalen würden dann fast vollständig ausgeblendet.
Smart Glasses bestimmen Warenangebot
Welche Folgen das digital-gestützte Einkaufen der mündigen Kundschaft 2.0. haben könnte, beschreibt der 51-Jährige so: "Heute beeinflussen wir das Verbraucherverhalten nur indirekt - über mehr Informationen und Aufklärung. Wiederholte kritische Berichte über Massentierhaltung und industrielle Fleischverarbeitung führen bereits zu einer steigenden Nachfrage nach vegetarischen oder veganen Gerichten und Kochbüchern." Shopping 2020 dagegen werde das Verbraucherverhalten massenhaft und dramatisch ändern. "Was Verbraucher mit digitaler Informationsunterstützung ablehnen, bleibt nicht nur im Regal liegen, sondern wird auch schnell aus den Sortimenten der Supermärkte verschwinden und letztlich beim Hersteller aus dem Programm genommen."
Dieses "Diktat der Konsumenten" werde den Markt zum Beispiel für Antibiotika-Suppenhühner aus Massentierhaltung, Eier von Hennen in Legebatterien oder mit Pestiziden und Medikamentenrückständen belastetes Gemüse kollabieren lassen. Ade auch für Fruchtjoghurt ohne echte Früchte, mit künstliche Aromen und anderen chemischen Zusatzstoffen.
Mit der Datenbrille kämen, da ist sich Strobel, der auch Geschäftsführer der unter anderm auf Zukunftslandkarten und Wissensflüsse spezialisierten Fenwis GmbH ist, sicher, weitere individuelle Informationen direkt in das Blickfeld des Trägers: Hinweise auf Freunde und Bekannte in der Fußgängerzone, Kochanleitungen für zuhause vorhandene Lebensmittel, animierte Reparaturanleitungen für Profis und Hobbybastler oder Hinweise auf gefälschte Geldscheine …