"E-Learning ist ein Wirtschaftsfaktor", sagt August-Wilhelm Scheer, Präsident des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). "Nach unseren Schätzungen hat der deutsche E-Learning-Markt ein Volumen von rund 200 Millionen Euro." Die Summe umfasst Lern-Software, digitale Lerninhalte professioneller Anbieter und Hardware sowie Beiträge für das Entwickeln individueller Lösungen.
Laut Bitkom ist der Markt 2008 im Vergleich zum Vorjahr um zehn bis fünfzehn Prozent gewachsen. Scheer rechnet damit, dass die aktuelle Krise das Segment noch einmal anheizt. Schließlich spare E-Learning Zeit und Kosten. Derzeit lässt die deutsche Wirtschaft insgesamt 27 Milliarden Euro pro Jahr in Aus- und Weiterbildung fließen. E-Learning spielt also noch eine kleine Rolle.
Scheer erwartet, dass sich das ändert. Insbesondere große Unternehmen setzten auf computergestütztes Lernen, so der Bitkom-Präsident. Eine Umfrage seines Verbandes unter 100 Top-500-Unternehmen scheint das zu bestätigen. Mehr als jedes zweite Unternehmen (55 Prozent) arbeitet bereits mit E-Learning.
Auf die Frage nach den Gründen werden Zeit- und Kostenersparnis mit je 65 Prozent der Stimmen allerdings erst an dritter Stelle genannt. Als wichtiger gelten räumliche und zeitliche Flexibilität (86 Prozent) und die Möglichkeit, selbstgesteuert und individuell zu Lernen (78 Prozent). Jeder Dritte glaubt außerdem, dass auf diese Weise qualitativ besser gelernt wird als auf herkömmliche Art.
Laut Umfrage sind vor dem E-Learning alle Menschen gleich: Azubis setzen sich mit 43 Prozent der Nennungen quasi genauso vor den Rechner wie Führungskräfte (45 Prozent) und Sachbearbeiter (47 Prozent). Der Einsatz beschränkt sich nicht auf bestimmte Hierarchie-Ebenen.
Geschäftsprozesse online durchackern
Der Bitkom wollte wissen, in welchen Inhalten die Unternehmen ihre Mitarbeiter per E-Learning schulen. Ganz vorn rangieren mit 73 Prozent IT-Standardanwendungen und Geschäftsprozesse. Mit deutlichem Abstand folgen Produktschulungen (57 Prozent), kaufmännische Fachkompetenzen (55 Prozent) und Fremdsprachen (53 Prozent). Gewerblich-technische Fachkompetenzen ebenso wie Soft Skills kommen dagegen nur auf jeweils 43 Prozent der Nennungen.
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage bezieht sich auf die Formen des E-Learnings, die die Unternehmen einsetzen. Am Beliebtesten ist Web Based Training (WBT) mit 74 Prozent. Dabei werden den Nutzern Schulungen online bereitgestellt und die Lektionen oft auch online durchgearbeitet.
Es folgen mit 61 Prozent Computer Based Training (CBT), also Lernstoff auf CD-Rom oder DVD, und Blended Learning mit 55 Prozent. Blended Learning bezeichnet die Mischung von Präsenz- und Online-Anteilen.
Videokonferenzen nutzen dagegen mit 41 Prozent noch weniger als die Hälfte. Web 2.0-Tools wie Wikis und Weblogs erreichen 35 Prozent, Podcasts und Videocasts 27 Prozent der Stimmen.
Wikis als neuer Trend im E-Learning
Der Bitkom ruft Web-2.0-Werkzeuge dennoch zum neuen Trend im E-Learning aus. Laut August-Wilhelm Scheer haben sie den Vorteil, dass insbesondere junge und jüngere Mitarbeiter Anwendungen wie Wikipedia und Facebook bereits aus Lehre, Studium oder Freizeit kennen. "Daher ist die Schwelle sehr niedrig, diese Tools zum Beispiel in Form eines Firmen-Wikis auch im betrieblichen Alltag zu nutzen", so Scheer.
Der Bitkom hat für die Umfrage "E-Learning - ein neuer Markt mit Potenzial" hundert deutsche Top-500-Unternehmen befragt.