CIO: In Ihrem ersten Buch ging es um die Easy Economy, in der Manager Ihren Mitarbeitern nur noch Ziele vorgeben, Ihnen aber keine Vorschriften über den Weg zum Ziel machen. Das neue Buch heißt "Meconomy", im Begriff verschmelzen "Me" und "Economy". Was ist anders?
Albers: Es ist eine andere Perspektive auf das Phänomen der neuen Arbeitswelt. Sobald man arbeitet, wann und wo man will, fragt man sich auch bald: Was mache ich eigentlich? Sollte ich nicht damit mein Geld verdienen, wofür ich brenne? Gerade in der Wirtschaftskrise haben viele gemerkt, dass die klassische Unternehmenskarriere auch keine Sicherheit mehr bietet und mit der Sinnsuche begonnen. Sie wollen das tun, wofür ihr Herz schlägt. Die Technik macht solche Selbstverwirklichung heute erstmals realistisch.
CIO: Der Untertitel Ihres Buches lautet "Warum wir uns jetzt neu erfinden müssen." Sollen wir uns in der Meconomy alle mit einer tollen Idee selbstständig machen?
Albers: Nein, die Meconomy funktioniert auch im Unternehmen. Dafür gibt es den Begriff des Embedded Entrepreneur. Das ist ein Angestellter, der im Unternehmen wie ein Freiberufler agiert. Er versucht, Dinge zu bewegen und seiner Leidenschaft zu folgen.
CIO: Kennen Sie ein Beispiel aus Deutschland?
Albers: Die Deutsche Telekom hat gemerkt, dass sie Schwierigkeiten hat, Digital Natives für Ihr Unternehmen zu begeistern. Deswegen wurde dort ein Entrepreneurprogramm geschaffen, das Mitarbeitern eine neue Stufe von Freiheit bietet. Sie können ihre eigenen Geschäftsideen im Unternehmen verwirklichen.
Die Folgen der Meconomy für CIOs
CIO: Welche Folgen hat die Meconomy für Chefs?
Albers: Sie bedeutet zum einen, dass Vorgesetzte loslassen und Kontrolle abgeben müssen. Der Chef gewinnt aber auch viel, wenn er zum Moderator und Ermöglicher wird. Wer seinen Angestellten als ganzen Menschen akzeptiert, ihn fragt, wie er sich entwickeln möchte und welche Themen ihn besonders interessieren, bekommt einen Mitarbeiter, der sich voll einbringt.
CIO: Sind CIOs bei der Umsetzung der Meconomy besonders gefragt, weil die Mitarbeiter dafür eine flexible IT-Umgebung brauchen?
Albers: Auf jeden Fall. Nach meinem ersten Buch "Morgen komm ich später rein" habe ich viele Vorträge über flexibles Arbeiten gehalten. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Mehrzahl der Unternehmen noch sagt, dass das bei ihnen nicht funktioniert - nicht selten, weil die IT-Abteilung technische Gründe vorschiebt. In so einem Fall ist der IT-Chef gefragt, den Geschäftsführer zu unterstützen und ihm beispielsweise die Angst vor Datenschutz zu nehmen.
CIO: Kann denn jeder bei der Meconomy mitmachen?
Albers: Die Zielgruppe sind Menschen, die mit dem Computer und ihrem Kopf arbeiten. Die Wissensarbeiter - auch Kreative Klasse genannt - machen heute schon mehr als 50 Prozent aller Arbeitnehmer aus und es werden immer mehr.
Erfolgreiches Self Branding
CIO: Muss man bei der Meconomy mitmachen, um mithalten zu können?
Albers: Wer nicht bereit ist, sich mit all den Facetten seiner Persönlichkeit zu zeigen, hat es in Zukunft schwer. Authentizität ist ein wichtiges Stichwort für die Meconomy. Wie man sich etwa auf Twitter und Facebook präsentiert, sind Bestandteile der Selbstpräsentation. In den USA nennt man das Self Branding.
CIO: Was macht erfolgreiches Self Branding aus?
Albers: Eine Homepage braucht man auf jeden Fall. Wer weiß, wofür man die einmal nutzen möchte. Vielleicht, weil man sich selbstständig macht, ein Buch schreibt oder Urlaubsfotos veröffentlichen will. Ich selbst bin vor kurzem Vater geworden und habe meiner Tochter gleich die URL mit ihrem Namen gesichert. Klingt vielleicht albern, aber sie wird sich bestimmt irgendwann freuen.
CIO: Muss man bloggen und twittern?
Albers: Bloggen muss man nicht unbedingt, finde ich. Twitter hingegen empfehle ich, auszuprobieren. Damit kann man sich schnell und kostenfrei zu einem bestimmten Thema als Experte etablieren. Hier findet man schnell Gleichgesinnte oder - wie der amerikanische Autor Seth Godin das nennt - einen "Stamm", den man anführen kann, denn man kann leicht zeigen welche Interessen, Leidenschaften und Fachgebiete einen beschäftigen.
Selbsttest: "Meconomy" zuerst als App und E-Book
CIO: In Ihren Büchern vermitteln Sie den Eindruck von einem sehr effizienten Arbeitsstil. Was halten Sie vom Prokrastinieren, also dem Aufschieben von Arbeiten?
Albers: Während ich mit Ihnen telefoniere, stehe ich im Berliner Kaufhaus Galeries Lafayette, weil ich mir einen leichten Schal fürs Frühjahr kaufen möchte. Dabei ist es Mittwochnachmittag. Genau das finde ich gut. Arbeit funktioniert nicht von 9 bis 17 Uhr, sie ist kein Dauerlauf, sondern besteht aus kurzen, intensiven Sprints und ausgedehnten Pausen. Ich schaffe lieber zwei bis drei Stunden etwas konzentriert und habe dann erstmal frei, als meine Zeit mit E-Mails und Kaffeepausen im Büro zu verdaddeln.
CIO: "Meconomy" ist das erste deutsche Sachbuch, das nicht gedruckt, sondern zuerst ausschließlich als iPhone-App und Ebook veröffentlicht wurde. Warum?
Albers: Ich wollte meine eigene These testen, dass wir viele alte Strukturen - wie in meinem Fall einen Verlag - nicht mehr brauchen und mit Hilfe der Technik ganz viel selbst machen können. Die Entscheidung hatte aber auch damit zu tun, dass mein Verlag das Buch erst im Herbst herausbringen wollte, ich das Thema aber jetzt aktuell fand. Da habe ich die Sache deshalb selbst in die Hand genommen und Meconomy als iPhone-App und E-Book veröffentlicht. Inzwischen gibt es aber auch eine Papierversion - konsequenterweise aber als Print on Demand in vier verschiedenen Coverversionen. Ich mag es einfach, aktuelle Techniktrends praktisch auszuprobieren. Als nächstes kommt dann eine iPad-Version von Meconomy mit Audio und Video.
"Meconomy" von Markus Albers, als E-Book 321 Seiten für 9,99 Euro, als Papierbuch 212 Seiten für 16,90 Euro, März 2010, im Internet: www.meconomy.me