Personalführung

Mitarbeitermotivation kann nur vom Chef kommen

14.10.2016 von Nicolas Zeitler
Ums Engagement der Belegschaft müssen Unternehmen sich kontinuierlich kümmern. Einzelne Maßnahmen haben keinen nachhaltigen Erfolg. Statt der Personalabteilung muss die Führungsebene direkt mit Angestellten kommunizieren.

Programme zur Mitarbeiter-Motivation können ganz schön in die Hose gehen: Ein US-Unternehmen belohnte ausgerechnet einen gehörlosen Angestellten für seine gute Arbeit mit einem iPod. Das berichtete in einem Webinar des Marktforschers Aberdeen Group Andrea Dumont von Globoforce, einem Anbieter von Anerkennungs-Programmen für Mitarbeiter.

Durchdachte Programme zur Anerkennung guter Arbeitsleistung sind für Unternehmen mehr als Luxus, meint Mollie Lombardi, bei der Aberdeen Group Fachfrau für Personalfragen. Einer Aberdeen-Umfrage zufolge ist neben der wirtschaftlichen Unsicherheit dieser Tage auch das Schrumpfen des Talente-Pools für Führungspositionen ein Sorgenthema auf Führungsetagen. Viele stellten sich die Frage, wie sie Leistungsträger dauerhaft binden könnten.

Programme, mit denen die Belegschaft bei Laune gehalten wird, sollen sich außerdem wirtschaftlich auszahlen. So will die Aberdeen Group in ihrer Befragung von 450 Unternehmen auch herausgefunden haben, dass Betriebe mit besonders engagierten Angestellten zufriedenere Kunden haben als der Durchschnitt. Außerdem können sie 20 Prozent ihrer freien Schlüsselpositionen intern neu besetzen, die anderen Unternehmen nur zehn Prozent.

Um Engagement unter den Kollegen herzustellen, ist Lombardi zufolge mehr nötig als nur Zufriedenheit mit Gehalt, Arbeitszeiten oder der Tätigkeit. Als engagiert könne man Mitarbeiter bezeichnen, die ihre Rolle im Unternehmen richtig verstehen und ihr Tun an den Firmenzielen ausrichten. "Mit Zwang lässt sich das natürlich nicht erreichen", sagte Lombardi.

Das bestätigte Andrea Dumont mit Verweis auf das Globoforce-Projekt bei einem amerikanischen Elektronikvertriebs-Unternehmen. Ein Anerkennungsprogramm sollte in der Belegschaft Gemeinschaftssinn etablieren. Von oben lasse sich das nicht verordnen, erklärte sie. "Das muss sich unter Mitarbeitern auf gleicher Ebene verbreiten."

Wahl zum Mitarbeiter des Monats bringt wenig

Keinen nachhaltigen Erfolg fürs Engagement eines Mitarbeiters bringen laut Mollie Lombardi punktuelle Einzelmaßnahmen wie die einmalige Wahl zum Mitarbeiter des Monats. "Erfolgreiche Programme erstrecken sich über den ganzen Lifecycle eines Mitarbeiters im Unternehmen", sagte sie.

Das gelte auch für den Aufbau eines Stimmungsbilds als attraktiver Arbeitgeber, das sogenannte Employer Branding. Unternehmen, die ihr Image nur mit Blick auf die Einstellung von Nachwuchskräften aufpolieren, sprängen zu kurz. "Erfolgreiche Unternehmen sorgen früh und immer wieder dafür, dass den Mitarbeitern klar wird, was sie mit der Firma verbindet", so Lombardi.

Führungskräfte müssen informieren

Wenn Führungskräfte Engagement auch nicht verordnen können, so haben sie Lombardi zufolge doch eine wichtige Rolle dabei, zu zeigen, dass sich ein Unternehmen um seine Mitarbeiter kümmert. Die Aberdeen Group stellt in diesem Punkt große Unterschiede fest. Wo man besonderes Interesse an engagierten Mitarbeitern hat, setzt nicht die Personalabteilung ein Programm auf, sondern der CEO. In von Aberdeen als vorbildlich beurteilten Unternehmen wenden sich Führungskräfte häufiger mit Mitteilungen an die Belegschaft als in anderen.

Beim kalifornischen Software-Hersteller Intuit beispielsweise wurden im Rahmen des Projekts Spotlight mehr als 80 Prozent der Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr persönlich von der Firmenleitung angeschrieben. Alle Führungskräfte beteiligten sich an dem Programm. Eine Umfrage ergab, dass sich die Angestellten viel besser informiert fühlten als zuvor.

Der Belegschaft Unternehmensziele vermitteln

Anfangen sollte die Information an die Mitarbeiter bei auf den ersten Blick ganz Banalem. Führungskräfte dürften beispielsweise nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass alle Mitarbeiter die Vision und grundlegenden Ziele des Unternehmens kennen.

Dumont rechnete vor, dass auch umfangreiche Mitarbeiterprogramme nicht zu teuer sein müssten. Pharmahersteller Quintiles etwa habe ein Programm aufgesetzt, das Mitarbeiter an Standorten weltweit ansprechen sollte. Fast jeder Zweite bekam in diesem Rahmen mindestens einmal eine kleine Auszeichnung. Bei früheren ähnlichen Programmen in dem Unternehmen hatten nur etwa 13 Prozent der Mitarbeiter Belobigungen erhalten.

2.300 Prämien vergibt Quintiles seither jeden Monat, fünf Mal so viele wie früher. Wegen der guten Struktur des Progamms koste jede Belobigung das Unternehmen allerdings nur noch halb so viel wie vorher.