Alles zu iPhone, Symbian, Windows Mobile & Co.

Mobile Betriebssysteme im Vergleich

26.03.2010 von Moritz Jäger
Moderne Smartphones arbeiten wie kleine Computer. Und wie bei allen Rechnern bestimmt auch bei einem Smartphone das Betriebssystem, was das Gerät kann und wie leicht es sich bedienen lässt. Wir stellen Ihnen die wichtigsten mobilen Betriebssysteme vor.
Mobile Betriebssysteme.

Bis noch vor wenigen Jahren waren Smartphone-Betriebssysteme eher ein Nischenthema, das allenfalls Administratoren und Computer-Nerds interessiert hat. Spätestens seit Google, Apple und Palm ihre neuen Systeme vorgestellt haben, ist das endgültig vorbei, die Nutzer interessieren sich nicht mehr nur für die Smartphones, sondern auch für die darauf installierten Betriebssysteme. Kein Wunder, schließlich lässt sich das moderne Smartphone für viel mehr nutzen, als nur für E-Mail und Telefonie. Über mobile Anwendung, oft auch einfach Apps genannt, kann man sein Smartphone ähnlich an die eigenen Bedürfnisse anpassen, wie man es vom PC gewohnt ist.

Beim Kauf eines Smartphones spielt Wahl des Betriebssystems eine Rolle spielen - zumindest indirekt. Denn die Software, die auf dem mobilen Gerät läuft, entscheidet welche Anwendungen Sie zusätzlich nutzen können und wie fit die Neuanschaffung bei Video- und Audiowiedergabe ist, ja selbst die Akkulaufzeit wird beeinflusst.

Derzeit gibt es sechs große mobile Betriebssysteme, die den Smartphone-Markt praktisch beherrschen. Dazu kommen noch eine Reihe kleinere Systeme, die aber nur eine sehr eingeschränkte Rolle spielen.

In diesem Artikel stellt Ihnen PC-Welt die sechs großen Spieler Symbian, Windws Mobile, BlackBerry OS, Android, iPhone OS und WebOS vor. Dieser Artikel gibt Ihnen zunächst einen Überblick und ist gleichzeitig der Auftakt zu einer Serie. In den nächsten Wochen und Monaten stellen wir Ihnen jedes Betriebssystem im Detail vor.

Die Platzhirsche: Symbian, BlackBerry OS und Windows Mobile

Symbian verdankt seine hohe Popularität vor allem dem Hersteller Nokia. Dieser war nicht nur unter den Gründern der Symbian Ltd, sondern hat diese im Dezember 2008 komplett übernommen. Symbian wurde von Anfang an als offenes Betriebssystem konzipiert, das auch Programme von Drittentwicklern unterstützte. Nokia hat über die Jahre massiv in die Weiterentwicklung investiert, vor allem im Bereich Multimedia. Das Betriebssystem ist zwar mittlerweile ziemlich ausgereift und lässt sich relativ einfach an neue technologische Entwicklungen anpassen, allerdings merkt man ihm sein Alter langsam an. Dazu kommt, das Nokia erst relativ spät auf Touchscreens gesetzt hat, Symbian wurde dementsprechend auf Tastatureingaben optimiert.

Auf eine ähnlich lange Geschichte wie Symbian kann Windows Mobile zurückblicken, das Anfangs unter dem Namen Pocket PC vertrieben wurde. Microsoft hatte sich in der Entwicklung zunächst auf PDAs spezialisiert, die per Touchscreen bedient wurden. Mit dem Aufkommen der Smartphones wurde aus Microsoft PocketPC schließlich Windows Mobile.

Das Betriebssystem kämpft aber noch immer mit seinem schweren Erbe, nämlich, dass es ursprünglich für den reinen Business-Einsatz konzipiert wurde. Das merkt man am ehesten beim Thema Mobile Internet und Multimedia. Zwar unterstützt Windows Mobile viele Internettechnologien und bietet beispielsweise auch direkt einen VPN-Client auf dem Gerät, doch wenn es zum eigentlichen Surfen im Netz kommt, versagte das Betriebssystem. Das lag vor allem daran, dass der mobile Internet Explorer kaum weiterentwickelt wurde und völlig veraltet war.

Erst mit Windows Mobile 6.5 brachte Microsoft eine neue Version, die einigermaßen zeitgemäß ist. Nutzer der Vorgänger-Versionen sollten den mobilen IE aber zugunsten eines besseren Browsers aufgeben, besonders bewährt hat sich beispielsweise Opera Mobile. Ähnlich schlimm sieht es beim Thema Multimedia aus. Die mobilen Geräte werden Standardmäßig mit einer abgespeckten Version des Windows Media Players ausgeliefert. Dieser ist nicht nur umständlich zu bedienen, sondern meistens auch noch relativ langsam in der Reaktion.

Ähnlich wie Windows Mobile wurde auch das BlackBerry OS der Smartphones von RIM auf die Bedürfnisse von Unternehmen zurechtgeschnitten. Lange Zeit galten BlackBerrys als Arbeitsgeräte und waren als Managerspielzeuge verschrien. Das änderte sich mit der Einführung des BlackBerry Pearl. Dieser brachte erstmals eine Kamera und einen tauglichen Mediaplayer. RIM will seine Endgeräte auch den privaten Endkunden schmackhaft machen, bei allen aktuellen Modellen liegt daher ein großer Fokus auf Design und Multimedia. Schwach ist dagegen immer noch der Browser, fehlen ihm doch viele wichtigen Funktionen wie Tabs oder Passwort-Management.

Alle drei dieser lang etablierten Betriebssysteme haben aber mit ihrem Erbe zu kämpfen. Denn zwar sollen sie Neukunden ansprechen, allerdings darf man die bestehende Nutzerschicht nicht durch zu große Änderungen verärgern. Dazu kommt, dass Windows Mobile und BlackBerry OS traditionell vor allem in Firmen angesiedelt sind, dort haben Funktionen aus dem Multimedia-Bereich eher eine untergeordnete Rolle. Die Verwaltbarkeit, Integration und Sicherheit spielen eine große Rolle - nicht gerade die passenden Funktionen, um die Geräte für Endkunden ansprechend zu machen.

Die Herausforderer: Android, iPhone OS und webOS

Apple hat mit dem iPhone und dem dazugehörigen Betriebssystem die Mobile-Welt 2007 gehörig durchgeschüttelt. Nicht nur hat der Konzern bewiesen, dass man ein schnelles, einfaches Touch-Interface liefern kann, auch die klare Fokussierung auf Internet und Multimedia gab es in dieser Ausprägung bei einem Smartphone noch nicht. Vor allem war neu, dass nahezu alle Komponenten perfekt ineinander greifen.

Apple konnte sich beim Design des iPhones den Luxus leisten, ein komplett neues und optimiertes Betriebssystem zu entwerfen, das keine Altlasten mitschleppen muss. Das hat sich definitiv ausgezahlt, der Media-Player gilt nicht umsonst als einer der Besten in mobilen Geräten. Auch hat es der Konzern geschafft, mit dem App Store den direkten Zugang zu Anwendungen vom Handy aus zu etablieren und als Mehrwert für den Anwender zu positionieren. Erfunden hat Apple den App Store übrigens nicht, beispielsweise hatten viele Nokia-Geräte bereits Zugriff auf einen Programmkatalog - der von Nokia allerdings sträflich vernachlässigt wurde. Der Erfolg des App Stores hat mittlerweile dazu geführt, dass jeder Hersteller ein ähnliches Konzept nachgereicht hat - RIM die App World, Microsoft den Windows Marketplace und Nokia den Ovi Store.

Nach Apple ist Google als nächster in die Domäne der Mobilfunkhersteller vorgedrungen. Der Suchmaschinengigant hat 2008 das erste Smartphone mit Android vorgestellt, das HTC G1. Bei Android setzt Google noch mehr auf das Thema mobiles Internet, als das Apple getan hat. Das bringt zwar Vorteile wie Push-E-Mail oder ständigen Zugriff auf Twitter und Facebook, ohne passende Internetverbindung ist ein Android-Smartphone allerding nahezu nutzlos. Auch das Thema Multimedia wurde zu Beginn vernachlässigt. Während US-Nutzer des G1 zudem bei Amazon direkt vom Gerät MP3s erwerben konnte, fehlt ein passender Client für europäische Geräte bis heute.

Mittlerweile gibt es drei Updates für Android namens Cupcake, Eclair und Donut. Alle drei überarbeiten das Betriebssystem und liefern teilweise neue Funktionen nach, etwa einen besseren Android Market oder eine virtuelle Tastatur. Anders als Apple und Palm lizensiert Google das Betriebssystem an Hersteller und baut selbst - noch - keine eigene Hardware. HTC, Samsung, Motorola und Sony Ericsson haben mittlerweile Android-basierte Geräte auf den Markt gebracht oder entsprechende Smartphones angekündigt.

Der jüngste Zuwachs ist WebOS, das neue Palm-Betriebssystem. Palm hofft, damit an den Erfolg des Palm OS anzuschließen. Größter Vorteil von WebOS: Es unterstützt ein echtes Multitasking. Nutzer können nahezu ohne Verzögerung zwischen den offenen Programmen, genannt Decks, umschalten. Bislang nutz lediglich der Palm Pre das Betriebssystems, ein zweites angekündigtes Gerät ist der Palm Pixi. WebOS setzt, wie auch Android und iPhone, massiv auf das Internet. Das Betriebssystem ist sehr jung, erstmals vorgestellt wurde es auf der CES im Januar 2009.

Größtes Manko ist, dass der App Katalog, der virtuelle Marktplatz für Palm-Anwendungen, noch nicht für alle Entwickler offen ist, es fehlt also noch an Inhalten und zusätzlichen Programmen. Beim Thema Multimedia kann Palm auch noch nicht wirklich punkten. Der Bildschirm ist für die Wiedergabe von Videos fast ein wenig zu klein, iPod-Verwöhnte stören sich an Zwangspause beim Liedwechsel zu bemängeln. Diese meisten Probleme kann Palm zwar in der Zukunft relativ einfach beheben, sei es mit neuen Modellen, Software-Updates oder der Förderung einer aktiven Entwickler-Community.

Linux und hauseigene Betriebssysteme

Neben den sechs großen Betriebssystemen tummelt sich noch eine Reihe von kleineren Spielern auf dem Markt. Dazu gehören beispielsweise Eigenentwicklungen die von kleineren Handy-Herstellern entwickelt, gewartet und genutzt werden. Diese verlieren allerdings immer mehr Marktanteil. Das hat einen einfachen Grund - um mit der aktuellen Technologie mithalten zu können, bedarf es einen großen Entwicklungsaufwandes, dieser ist teuer. Wie schnell veraltete Software zum Aus für ein Unternehmen führen kann, zeigte das Debakel um Siemens Mobile. Nicht zuletzt ein unausgegorenes Betriebssystem hatte zum Absturz geführt.

Auch Linux-basierte Betriebssysteme sind im Markt vertreten. Diese sind in Smartphones allerdings kaum anzutreffen, sondern werden für günstigere Feature-Phones genutzt. Dabei handelt es sich um einfache Mobiltelefone, die einige wenige Multimedia-Funktionen wie einen MP3-Player oder einen sehr rudimentären Browser mitbringen.

Es sieht aber so aus, als könnte sich dieser Zustand für Linux bald ändern. Nokia will verstärkt auf das Open Source Betriebssystem Maemo setzten, das etwa derzeit bereits im n900 zum Einsatz kommt. Maemo ist alles andere als eine Neuentwicklung, Nokia verwendete das Linux-Derivat bereits für verschiedene Internet Tablets. Bei diesen wurde aber bislang auf eine UMTS und GSM-Modul verzichtet, Kontakt mit der Außenwelt hatten diese Geräte nur per WLAN. Mit dem n900 schafft Maemo nun den Sprung auf ein High-End-Smartphone.

Fazit

Noch vor zwei Jahren konnte man die Empfehlungen für neue Smartphones einigermaßen an das Betriebssystem koppeln. Firmen-Kunden mit Microsoft-Infrastruktur griffen zu Windows Mobile, BlackBerry war nahezu das Synonym für Mobile E-Mail, Allround-Nutzer waren bei Symbian richtig aufgehoben. Mit dem iPhone gab es plötzlich ein neues Gerät für Multimedia- und Internet-Fans. Der Internet-Trend wurde mit Android und dem Palm WebOS verstärkt.

Mittlerweile verwischen die Grenzen immer mehr. Nokia stattet beispielsweise seine Business-Reihe, die E-Serie mit einem Client für die Spieleplattform N-Gage aus, RIM verbessert die Multimedia-Funktionen mit jedem neuen Gerät und auch Microsoft überarbeitet Windows Mobile in Richtung Internet.

Derzeit sieht es nicht so aus, als würde einer der Konkurrenten sich aus dem Rennen zurückziehen, im Gegenteil, mit Maemo steht ein weiteres Betriebssystem in den Startlöchern. Das ist zwar teilweise verwirrend für die Endkunden, doch im Endeffekt profitieren sie von diesem Wettbewerb: Allein das iPhone und der Marktstart von Android haben beispielsweise das Mobile Internet und die App-Entwicklung für Smartphones massive beschleunigt. Damit nicht genug, dank der verstärkten Internetnutzung legen nun auch die Provider mit bezahlbaren Datenverträgen nach. Die nächste Herausforderung der Hersteller liegt aber in der Akkulaufzeit. Denn je mehr Funktionen sie in ein Gerät integrieren, desto kürzer ist aktuell die Laufzeit. Hier heißt es neue Technologien zur Marktreife bringen, damit die Nutzer ihre Smartphones nicht künftig im Stundentakt an die Steckdose bringen müssen.

Quelle: PC-Welt