DB Research, die Forschungsabteilung der Deutschen Bank, resümiert in dem Bericht "M-payments: Variety may trump grand schemes" die Situation beim Bezahlen mit dem Handy. Laut einer Untersuchung der Analysten von Gartner, die DB Research zitiert, benützen weniger als ein Prozent der Europäer ihr Mobiltelefon zum Bezahlen. In Nordamerika dagegen ist der Anteil doppelt so hoch – satte zwei Prozent.
Es steht also nicht besonders gut um die Durchsetzung dieser alternativen Bezahlmethode, die vor allem im Zusammenhang mit dem Online- und Mobile-Shopping für den Handel von Interesse ist und neue, junge Kunden mit Social-Web-Erfahrung ansprechen soll.
Doch ganz ohne Optimismus kommt auch die Deutsche Bank nicht aus. Ihre Forscher sind der Ansicht, dass man die neuen Bezahlmethoden noch nicht als erledigt ansehen soll, da sie zunächst in speziellen Bereichen eine Rolle spielen würden, bevor irgendwann der große Durchbruch kommt.
Beim Online- und Mobile-Shopping gäbe es schon erste Erfolgsmeldungen. Erfolgreiche Anwendungen finden sich demnach in Japan und einigen Entwicklungsländern. So erreicht der Anteil der Personen, die Mobile Payment benutzen, in Japan bereits 12 Prozent.
Der Erfolg in den USA und in Europa wird jedoch dadurch begrenzt, dass es hier jeweils eine ausgeprägtere und fest etablierte Finanzinfrastruktur gibt, die unterschiedliche Bezahlmethoden einschließlich Bargeld umfasst. Das begünstigt umgekehrt die Ausbreitung von Mobile Payment in Entwicklungsländern, da es dort nur vereinzelt diese Infrastruktur gibt, meistens in der Hauptstadt. Handys ersetzen in der "3. Welt" oft die fehlenden Festnetzverbindungen und bilden so auch die Basis für mobiles Bezahlen.
Mobile Payment nur in Nischen
Bisher haben sich in den USA und Europa nur wenige Verbraucher positiv zu einem möglichen Einkauf via Mobile Phone ausgesprochen. DB Research verweist auf eine Befragung von Forrester, laut der 64 Prozent in den USA und 74 Prozent in Europa angeben, keinerlei Interesse an den neuen technologischen Möglichkeiten zu haben (siehe Grafik). Zusätzliche neue Technologien wie zum Beispiel NFC (Near Field Communication) – ein Übertragungsstandard mittels Bluetooth zum kontaktlosen Austausch von Daten über kurze Strecken – werden voraussichtlich erst dann von einer breiten Masse von Kunden akzeptiert, wenn Handel und Service Provider den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur aktiv unterstützen.
Die Marktforscher von Capgemini haben 2009 ausgelotet, für welche mobilen Bezahlprozesse sich die Befragten in Deutschland noch am ehesten entscheiden würden. Auf einer Skala von 1 ("überhaupt nicht") bis 5 ("sehr stark") liegen Parkscheine und öffentlicher Verkehr mit 3,4 jeweils vorne, gefolgt von Eintrittskarten (3,1) und Briefmarken (2,9). Erst danach wird Mobile Shopping mit 2,7 genannt.
Sicherheit und einfache Handhabung werden in der gleichen Befragung als wichtige Kriterien für eine Akzeptanz der neuen Technologie genannt. Vor allem wollen die deutschen Consumer auf keinen Fall, dass ihre Telefonnummer während des Bezahlprozesses übertragen wird. Nur so könnten unerwünschte Anrufe von irgendwelchen Geschäften oder Verkäufern ausgeschlossen werden.
Wie DB Research ebenfalls mitteilt, hat Accenture 2010 ermittelt, dass Smart Phones und besonders das iPhone in der Gunst jener Benutzer besonders weit vorne liegen, die sich bereits für Mobile Shopping interessieren. Bei den iPhones und ähnlichen Geräten sind es laut Studie die verschiedenen Apps für das Internet-Shopping, die allmählich die Hemmschwellen gegen das Mobile Payment senken werden, da solche Möglichkeiten schon oft integraler Bestandteil der Apps sind.
Setzt man diese Aussagen in Relation zu den eingangs erwähnten Umfrageergebnissen, nach denen Mobile Payment bislang nur ein Nischendasein fristet, kommt man kaum umhin, die Aussagen von Capgemini und Accenture als Wunschdenken zu bezeichnen.
Marketing und Realität
Im Marketing herrscht jedenfalls die Vorstellung vor, dass steter Tropfen den Stein höhle. Und daher lieben Hersteller, Handelsketten und Service Provider nur allzu sehr solch Optimismus verbreitende Umfragen. Das soll dann so ähnlich wie in der Politik funktionieren: Wer kurz vor einem Urnengang in Umfragen als wahrscheinlicher Sieger propagiert wird, der erhält schnell noch ein paar zusätzliche Prozentpunkte, weil viele Wähler auf der (vermeintlichen) Siegerseite dabei sein wollen. Soweit die Spekulation der Marketiers. Ob Consumer sich allerdings genauso irrational verhalten wie Wähler, das dürfte bezweifelt werden.