Vodafone hat zum Jahresende 2015 neue Zahlen für Mobile Payment in Deutschland vorgelegt. Diese sollten eigentlich in eine positive Richtung deuten, bei Licht betrachtet, zeigen sie aber noch viel Zurückhaltung unter den Handelshäusern und Verbrauchern hierzulande. Ausgehend von drei Millionen Akzeptanzstellen in ganz Europa müssten es in der Bundesrepublik mit rund elf Prozent der Gesamtbevölkerung rein rechnerisch mindestens 330.000 sein. Tatsächlich waren es laut Vodafone in Deutschland zuletzt gut 80.000 Kassenterminals für das mobile Bezahlen per Smartphone und damit immerhin 20.000 mehr als ein Jahr zuvor.
Vier starke internationale Zugpferde
International haben sich mit Apple, Ebay (PayPal), Googleund Samsung vier starke ITK-Zugpferde vor Mobile Payment oder kurz mPayment gestellt. China UnionPay (chinesisch Yínlián, wörtlich Bank-Union), einzige Kreditkartenorganisation im Reich der Mitte, hat im Dezember 2015 zeitgleich mit Apple Pay und Samsung Pay gezeichnet, um gemeinsam den Milliardenmarkt für Mobile Payment zu erschließen.
Presseberichten von 2014 zufolge hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg der geplanten digitalen Bezahlfunktion ebenfalls oberste Priorität eingeräumt. Nachdem im Jahr davor schon der PayPal-Präsident David Marcus abgeworben wurde, war das weltweit größte soziale Netzwerk im März 2015 zunächst in den USA mit einem eigenen mPayment-Angebot gestartet.
Absoluter Branchenprimus ist aber wohl nach wie vor PayPal mit einem Umsatz von über 2,25 Milliarden Dollar allein im dritten Quartal 2015. Die ehemalige Ebay-Tochter ist allerdings durch Apple, Google & Co. zunehmend unter Druck geraten. Nicht so in Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern.
Apple und Samsung Pay wurden zwar schon in Großbritannien erprobt, um Kontinentaleuropa machen die beiden Anbieter mit ihren mobilen Bezahldiensten bislang aber noch einen großen Bogen. Dabei gelten sie mit ihrem "Brand Appeal" und ihren mobilen Endgeräten als die Marktmacher und könnten sie dem Mobile Payment in Deutschland einen kräftigen Schub geben. Dass sie noch zögern, liegt sicherlich auch an der ungleichen Akzeptanz der Kredit- gegenüber der als urdeutsch empfundenen EC-Karte.
Im August 2015 ist Samsung Pay im Heimatland Südkorea offiziell gestartet, einen Monat später in den USA. Anfang 2015 hatte der koreanische Riese LoopPay übernommen, um nicht nur Mobile Payment via NFC, sondern auch über ganz normale Kreditkarten mit Magnetstreifen zu ermöglichen. Entgegen Gerüchten und anders lautenden Medienberichten ist ein Start in Deutschland nicht abzusehen. In Südkorea hat Samsung für das Pay-Angebot einen Monat nach dem Launch im August 2015 bereits von einem bahnbrechenden Erfolg berichtet.
Einen Bogen um Deutschland und Europa macht auch noch Google mit dem im Mai 2015 offiziell vorgestellten und im September 2015 in den USA lancierten Android Pay. Der IT-Riese hatte dazu im Februar 2015 SoftCard, einst Konkurrenzprodukt zu Google Wallet, übernommen und dicht gemacht. Google Wallet wiederum ist dank Android in Deutschland schon weit verbreitet und soll als Online-Bezahlsystem weiter bestehen bleiben.
Im Gegensatz zu den mobilen Bezahlsystemen von Apple und Samsung ist Android Pay zunächst nur eine Art Entwicklerplattform für kontaktloses Bezahlen via NFC, dabei aber an keine speziellen NFC-Kartenterminals gebunden. Der englischen Wikipedia-Seite zufolge wird Android Pay von 70 Prozent der Android-Handys unterstützt - damit konnte man in den USA von Anfang an schon in über 700.000 Verkaufsstellen bezahlen. 2016 soll mit Australien der erste Schritt über die sieben Weltmeere erfolgen.
Mit den genannten IT-Riesen als neue Player wird in der Öffentlichkeit das Bild verbreitet, dass mobiles Bezahlen per Smartphone schon vor einem gewaltigen Durchbruch stehe. In den USA und in anderen Ländern mit einer traditionell starken Affinität zur Kreditkarte sowie in Schwellenländern mit geringer Bankendichte mag das durchaus so sein, weniger aber in Deutschland. Und das eben auch aus dem Grund, dass die meisten Händler und Verbraucher mit der Girokarte ganz gut leben können. Deutsche Lösungen sind daher meist noch kaum über die Pilotphase hinausgekommen.
Deutschland zwischen Aufbruch und Zurückhaltung
Ende November 2015 hat TSYS eine neue Verbraucherstudie zu mobilen Bezahlsystemen präsentiert. Demnach hegen 74 Prozent der Deutschen Zweifel, dass das Bezahlen mit dem Smartphone in stationären Geschäften sicherer als der Online-Kauf ist. Dennoch zeigten sich 69 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass sie in den nächsten zwei Jahren das Smartphone als digitale Geldbörse benutzen würden. Befragt wurde eine repräsentative Auswahl von mehr als 500 Verbrauchern in Deutschland. Diese waren laut TSYS alle über 17 und im Besitz von mindestens einer Debit- und einer Kreditkarte sowie einem Mobiltelefon. Immerhin 33 Prozent gaben an, dass sie Mobile Payment in den kommenden Jahren zu einem Viertel nutzen würden, 26 Prozent sogar zur Hälfte, weitere neun Prozent zu Dreiviertel. Davon sind die meisten Deutschen aber noch weit entfernt.
Eine Umfrage von PricewaterhouseCoopers, beziehungsweise PwC, von Juni 2015 (siehe Screenshot-Strecke) ergab, dass bis dato nur etwa ein Viertel der Deutschen Mobile Payment schon einmal genutzt haben, am meisten für Reisen und Kleidung. Die bekanntesten Anbieter sind der der Umfrage zufolge der Reihe nach PayPal, Google Wallet, Apple Pay, PayCash (mit Sitz in Luxemburg), Samsung Pay und die Sparkassen-Gründung girogo. Dabei sind Apple und Samsung mit ihren mobilen Bezahlsystemen in Deutschland noch gar nicht aktiv. Mit jeweils sieben Prozent der Nennungen folgten mpass (O2, Deutsche Telekom und Vodafone) und WireCard, auf Platz zehn Vodafone Smartpass alias Vodafone Wallet; unter fernerliefen waren kesh und das mittlerweile eingestellte Otto-Angebot Yapital sowie Samsungs Neuerwerb LoopPay. Wirecard ist Kooperationspartner einer Reihe großer wie kleiner Anbieter, so auch von Haufe Lexware für Lexware Pay. Seit September 2015 gibt es von Lexware neben der iOS-Version auch eine Android-App, um der wachsenden Bedeutung des mobilen Google-Betriebssystems Rechnung zu tragen.
Kreditkartenanbieter und Banken legen vor
Das in erster Linie mit O2 in Verbindung gebrachte mpass ist übrigens in Kooperation mit Wirecard und MasterCard auf Technologiebasis von Maestro PayPass entstanden, daher der Name. Maestro wiederum ist der Debitkartendienst von MasterCard, analog zu VISAs V Pay und der Giro- oder EC-Karte. Maestro- und V-Pay-Karten gibt es wie die Kreditkarten der beiden großen Kartenorganisationen und der Partnerbanken auch mit NFC-Funklogo, womit sie sich zum kontaktlosen Bezahlen eignen.
VISA-Pressesprecher Matthias Adel führt die relativ geringe Verbreitung unter anderem darauf zurück, dass sich in Deutschland mit der Giro- beziehungsweise EC-Karte ein eigenes System fest etabliert hat und viele Händler und Einkaufsketten jetzt erst am Umdenken seien. VISA rechnet fest damit, dass die Akzeptanz der Kreditkarte mit integriertem NFC-Chip und entsprechender Smartphones für kontakloses Bezahlen in den kommenden Jahren deutlich zunehmen wird. In Großbritannien ist kontaktloses Bezahlen laut Adel schon so verbreitet, dass in Londoner U-Bahnen und Bussen bald gar kein Bargeld mehr angenommen werde.
Bis es in Deutschland so weit ist, wird wohl noch viel Wasser den Rhein hinabfließen. Einige Anbieter sind derweil längst "abgesoffen" oder verdurstet. Yapital zum Beispiel, vom Versandhaus Otto gegründet, einst einer der großen ureigen deutschen Hoffnungsträger im Bereich mPayment, wurde 2015 gleich zweimal zu Grabe getragen. Im Januar hat Otto den unrentablen bis defizitären mobilen Bezahldienst zunächst für Endverbraucher eingestellt. Nach gescheiterten Verhandlungen mit möglichen Käufern, darunter angeblich auch mit den Sparkassen, kam im November dann das Aus für den selbsternannten deutschen Pionier und die 94 Mitarbeiter "Leider haben wir es nicht geschafft, mit Yapital den Payment-Markt zu revolutionieren, so wie wir es uns vorgenommen hatten. Wir müssen dich deshalb leider darüber informieren, dass Yapital den Betrieb seines Cross-Channel-Payments zum 31.01.2016 einstellt", hieß es bald auf der Ende 2015 noch bestehenden Homepage.
Die Sparkassen haben mit girogo seit Frühjahr 2012 ihr eigenes System für Mobile Payment. 10.000 Akzeptanzstellen bis September 2014 klingt aber nicht nach einem bahnbrechenden Erfolg. Das Aus für Yapital und andere, welche die Durststrecke nicht überstanden haben, ist natürlich traurig so kurz vor dem verhofften Durchbruch. Dabei mangelt es keineswegs mehr an zugkräftigen Supermarkt- und Einkaufsketten für Mobile Payment. 2015 sind laut Vodafone viele hinzugekommen. Nach Aldi Nord hat sich im Dezember auch Aldi Süd angeschlossen. Lidl soll im Februar 2016 das Bezahlen per Smartphone mit NFC-Chip einführen. Media Markt und Saturn (Metro Group) sind schon auf den Zug aufgesprungen, REWE samt Penny, real(Metro) und die Tengelmann-Schwester Kaiser's ebenso.
Es mangelt auch nicht an Geräten, welche die von Vodafone und vielen anderen Anbietern präferierte Near Field Communication (NFC) für das kontaktlose Bezahlen per Smartphone unterstützen. 60 solcher Handys, angefangen vom Smart prime 6 der Eigenmarke für 129 Euro, hat Vodafone schon in dem Portfolio, Tendenz steigend. Kunden, die über kein NFC-fähiges Smartfone verfügen, bietet der Mobilfunkbetreiber einen sogenannten SmartPass Sticker für mobiles Bezahlen an.
In Deutschland überwiegen lokale Pilotprojekte
Ein Großteil der Projekte sind zudem eher lokal zu finden, wobei die vielgescholtene Bundeshauptstadt Berlin hier durchaus mal als einer der Vorreiter zu sehen ist. PayPal hat da zum Beispiel einige Pilotprojekte gestartet. GS1 Germany hat dort mit "NFC City Berlin" unter dem Motto "Zahl einfach mobil" laut eigenen Aussagen die bundesweit größte Mobile-Payment-Initiative ins Leben gerufen. Der haben sich im Frühjahr 2015 in Kooperation mit Deutsche Telekom, Telefónica Deutschland (O2 mPass und BASE Wallet) und Vodafone unter anderem Galeria Kaufhof, real, Kaiser's, Obi, Rewe und Penny angeschlossen. In nur wenigen Wochen sind laut GS1 über 2.000 Kassenterminals in mehr als 500 Märkten und Shops der angeschlossenen Partnerunternehmen für Mobile Payment "aufgerüstet" worden, womit sich die Zahl der Akzeptanzstellen in Berlin verdoppelt habe. Mittlerweile erfasst die Initiative über 1.000 Geschäfte und Gaststätten im Großraum Berlin, darunter auch eine Vielzahl von Filialen der Drogeriekette Rossmann.
Nur wenige bundesweite Angebote
Als bundesweit verfügbar hat Kreditkarte.net 2014 nur wenige Services aufgelistet, darunter das Sparkassen-System girogo mit damals nur gerade mal rund 9.000 Akzeptanzstellen und den Targobank Bezahlchip, der Mitte 2012 zusammen mit E-Plus für die Marke BASE und mit dem MasterCard-Bezahlchip PayPass ins Leben gerufen wurde. Ohne PIN-Eingabe bezahlen kann man damit aber nur kleinere Beträge. In der Eurozone ist das Limit bei 25 Euro. Ende 2012 hat die Targobank als eine der ersten in Deutschland auch VISA payWave für kontaktlose Transaktionen auf NFC-Basis in ihre Kreditkartenangebote integriert.
Im internationalen Vergleich schienen deutsche Geldinstitute den Trend lange verschlafen zu haben, zu lange, wie manche meinen. Das Ende 2015 gerade erst gestartete Paydirekt als deutsche Antwort auf PayPal wäre fast gescheitert, weil die Sparkassen wegen der Frage der Kostenverteilung gezögert hatten, sich dem anzuschließen. Abgesehen davon galt das System Monate vor dem Start schon als veraltet, wie das Handelsblatt (Paywall) im März 2015 schrieb. Und natürlich ist Paydirekt wie PayPal in erster Linie ein Online-Bezahlsystem. Durch Einbindung der bisher nur regional genutzten kesh-Technologie der biw Bank für Investments und Wertpapiere soll paydirekt ab 2016 als Smartphone-App verfügbar sein. Wie ein Kollege von Onlinehändler-News.de Ende 2015 bemerkte, verlief der paydirekt-Start bisher "eher gemächlich". Und was wären schon 60.000 Nutzer gegenüber den 16 Millionen PayPal-Kunden weltweit?
Derweil sind die Sparkassen auch nicht untätig geblieben. Mit Gründung der Tochter B + S Card Services, die Händlern NFC-basierte Lösungen für kontaktlose Bezahlterminals anbietet und mit der Übernahme von Payone zeigen sich die den Landesbanken unterstellten Sparkassen durchaus innovativ. Zalando, Sony Music und Globetrotter setzen unter anderem auf Payone für mobiles Bezahlen über entsprechende Smartphone-Apps.
Schließlich haben sich die Sparkassen doch noch vor den paydirekt-Karren spannen lassen. Allerdings hatte der vermeintliche "PayPal-Killer" nach dem Start Anfang November 2015 laut Mobilbranche.de zunächst nur Online- oder stationäre Shops des Gummibärchenherstellers Haribo, von Sport-Tiedje und des Einrichtungsversandhauses D-Living aufzuweisen. Eine Landingpage der Berliner Volksbank nennt sieben weitere Anbieter, die meisten davon eher unbekannt oder rein lokale Größen. Immerhin soll die Metro Group mit Media Markt, Saturn und redcoonschon Interesse bekundet haben. Größter Hemmschuh für kleine Läden ist laut Mobilbranche.de, dass die erhobenen Gebühren jeweils mit den Geldinstituten selbst ausgehandelt werden müssen.
PayPal hat mit einem Koffer in Berlin angefangen
PayPal zählt weltweit über 162 Millionen aktive Kunden, rund ein Zehntel davon in Deutschland. 2014 kam die frühere Ebay-Tochter auf vier Milliarden Zahlungen weltweit, rund eine Milliarde davon waren nach eigenen Aussagen auf Mobile Payment zurückzuführen. Zu Deutschland werden diesbezüglich keine Daten bekanntgegeben. Da das Unternehmen eine Banklizenz hat, ergeben sich für Kunden viele Vorteile. So können sie ihr PayPal-Konto nicht nur zur Abrechnung von Online-Käufen, sondern auch zum Geldtransfer an Freunde nutzen. Einkaufen und Bezahlen im Internet sind in der Regel kostenfrei, nicht so für den Zahlungsempfänger. Der muss als Privatperson 1,9 Prozent drauflegen, Händler je nach Volumen 1,5 oder 1,7 Prozent.
Einer PayPal-Umfrage vom Mai 2013 zufolge wollten damals 9 von 10 Deutschen gerne mobil bezahlen und die Geldbörse zu Hause lassen. Fraglich ist nur, wo das möglich ist, denn vielfach heißt es in der Gastronomie und im Einzelhandel immer noch "nur Bares ist Wahres", und wenn Karte, dann nur die EC-Karte.
Der Einstieg von PayPal ins Mobile Payment begann hierzulande im November 2013 in Berlin zusammen mit Orderbird, nach eigenen Angaben Nr. 1 bei iPad-Kassensystemen für die Gastronomie. Im Rahmen eines Pilotprojektes wurden dabei zehn ausgewählte Restaurants, Cafés und Bars im Zentrum der Bundeshauptstadt an das zunächst "Check-in", später "Einchecken mit PayPal" genannte System angeschlossen. Über den "Läden"-Reiter kann man sie mobil ansteuern und dort auch gleich mobil bezahlen.
Im Sommer 2014 kam dann die Ankündigung, das Angebot auf ganz Deutschland auszuweiten. Im Frühjahr 2015 war das mobile Bezahlen mit PayPal bundesweit bereits in über 200 Gaststätten möglich. An der offiziell kommunizierten Zahl hat sich seither nichts geändert. Unterstützt wird die PayPal-App und das Einchecken über das Smartphone auch von einer Reihe von Snack-Automaten. Voraussetzung ist, dass der Kunde über ein PayPal-Konto verfügt und dort seine Bankdaten beziehungsweise Kreditkartennummer hinterlegt hat.
Zurück zur Gastronomie und zum Prozedere: Hat man sich in einem der ausgewählten Cafés oder Restaurants eingecheckt, werden im jeweiligen Kassensystem der Name und das persönlich bei PayPal hinterlegte Foto des Nutzers angezeigt. Denn die Autorisierung erfolgt über Bildabgleich. Sind alle Modalitäten geklärt, löst der Kellner oder Händler den Zahlvorgang aus, indem er auf das Bild des Kunden klickt. Diesem wird dann per Push-Nachricht mitgeteilt, dass er eine Zahlung mit PayPal getätigt hat und demnächst per E-Mail einen Rechnungsbeleg erhält.
Die Zahlung per Einchecken mit PayPal ist kostenlos, Bezahlen muss aber wie bei Online-Käufen der Zahlungsempfänger. Dennoch kann die Company aus dem Pilotprojekt in Berlin auch auf positive Resonanz verweisen.
Gut angenommen wird laut PayPal auch die Möglichkeit, über die QRShopping-App rund um die Uhr Waren zu bestellen, sofern diese mit dem zweidimensionalen Barcode ausgezeichnet sind. Diese quadratische Matrix aus bis zu 177 x 177 schwarzen und weißen Elementen sieht man immer öfter von ganz klein bis ganz groß auf stationären oder mobilen Werbetafeln, in Katalogen oder im Internet neben Produkten prangen. Die QRShopping-App macht aus der Kamera des Smartphones oder iPads ein QR-Code-Lesegerät.
Eine 128-bit-Verschlüsselung und der PayPal-Käuferschutz sollen hohe Sicherheit bieten; allerdings wird vielfach bemängelt, dass bei fehlerhaftem Versand oder anderen Konflikten kein Rechtsanspruch bestehe.
Mit den Pilotprojekten in Berlin ist PayPal von den oben genannten vier IT- und Internet-Riesen tatsächlich der einzige, der in Deutschland schon eine mPayment-Lösung zum Laufen gebracht hat. Während Apple und Samsung mit ihren jeweils Pay genannten Angeboten noch einen Bogen um Deutschland machen, ist Google Wallet (ehemals Google Checkout) in der Bundesrepublik zwar bereits seit Mai 2011 verfügbar. Anders als in den USA beschränken sich die Einsatzmöglichkeiten noch auf Online-Zahlung im Google Playstore für den Erwerb von Apps zum Beispiel sowie auf das Überweisen und den Empfang von Geldbeträgen.
In den USA kann man dagegen mit Google Wallet in über 100 Geschäften (Stand Mitte 2014) per NFC-Chip mit Tap&Pay mobil bezahlen. Für den Fall, dass kein NFC-fähiges PayPass- oder PayWave-Handy vorhanden ist, kann man auch eine Google-Wallet Card beantragen, die wie die Smartphone-Lösung an eine MasterCard gekoppelt ist. Somit ist Google Wallet theoretisch überall verfügbar, wo die MasterCard als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Gerüchte, dass Google den mPayment-Spezialisten Softcard übernehmen würde, haben sich mittlerweile bestätigt.
Die Nutzung von Google Wallet selbst ist kostenlos, Gebühren können aber bei der Abrechnung über die Kreditkarte anfallen. International kooperiert Google laut kreditkarte.de mit MasterCard, mit dem US-Mobilfunkanbieter Sprint Nextel und dem Finanzdienstleister Citigroup. Anbieter sind unter anderem o2, die Deutsche Telekom, Vodafone und WireCard.
Die Nutzung ist nicht nur auf Android (ab Version 2.3) beschränkt, sondern schließt auch Apple iOS ab Version 8 ein. Dabei ist die Zahl der Geräte, die NFC unterstützen, noch sehr überschaubar. Vielleicht liegt es auch daran, dass NFC keine Voraussetzung mehr für die Nutzung von Google Wallet ist. Mit Apple (ab iPhone 6) soll das mobile Bezahlen über NFC aber so richtig in Fahrt kommen, so die Hoffnung. Juniper Research rechnet jedenfalls damit, dass die Zahl der Nutzer sich zwischen 2014 und 2019 auf 516 Millionen mehr als verfünffachen wird. Damit wären wir schon bei dem nächsten großen Player, nämlich Apple.
Apple Pay setzt auf NFC
Die Mac-Company hat lange gezögert, NFC zu unterstützen, unter anderem, weil es dem Geschäft mit den iBeacons im Wege steht. Zur Unterstützung von Apple Pay war die Nahfeldkommunikation dann doch recht und billig: Das Zahlungssystem wurde am 20. Oktober 2014 mit iPhone 6 und iPhone 6 Plus in den USA gestartet und ist dort laut Apple in 220.000 Geschäften und Online-Shops verfügbar. Seit Juli 2015 steht der Dienst laut Wikipedia auch in Großbritannien zur Verfügung. Transport for London, einer der Launch-Partner im Vereinigten Königreich, soll auf Anhieb auch einer der größten weltweit gewesen sein. Neuerdings ist Apple Pay als App in den genannten angelsächsischen Ländern auch schon für die Apple Watch verfügbar. Ob Deutschland nach dem großen britischen Zielballon zu den nächsten Zielmärkten gehören soll, darüber ist noch nichts bekannt. Laut einem Handelsblatt-Artikel von November 2014 könnte sich Apple damit hierzulande die Zähne ausbeißen und würde kein Weg an den Sparkassen vorbeiführen.
Für die Transaktion mit Apple Pay wird eine sogenannte Unique Device Account Number an den Verkäufer übermittelt - entweder über dem im iPhone integrierten NFC-Chip oder via Internet im Online-Handel. Diese Nummer ist eine zufällig generierte 16-stellige Zahl, welche die im System hinterlegte Kreditkartennummer repräsentiert. Der Händler überträgt nun diese Nummer an das jeweilige Bankennetzwerk. Erhält er eine Freigabe, werden Betrag und die ID des Ladenbesitzers an das Gerät des Käufers übermittelt. Dieser muss die Transaktion mittels Touch ID nur noch bestätigen. Dies erfolgt verschlüsselt über einen einmaligen Card Validation Code. Das so erhaltene Kryptogramm geht über den Verkäufer wieder an das Bankennetzwerk, von dem aus dann die Zahlung durchgeführt wird.
Bei Apple Pay kommen gleich mehrere Sicherheitsfunktionen zum Einsatz: So können Transaktionen nur mit einem spezifischen Gerät vorgenommen werden. Außerdem muss jeder Nutzer sich aus Sicherheitsgründen auf seinem Smartphone mit seinem persönlichen Fingerabdruck registrieren lassen. Als weiteres Sicherheitsfeature verspricht Apple, dass die hinterlegten Kreditkartendaten weder auf dem Gerät, noch in den eigenen Servern abgespeichert würden. Stattdessen wird im Chip Secure Element isoliert vom Betriebssystem eine verschlüsselte Gerätenummer erstellt, über die die Zahlungen jeweils autorisiert werden.
Apple kann für das eigene Mobile-Payment sicherlich auf viele treue und oft zahlungskräftige iPhone- und iPad-Fans vertrauen. Wer bereit ist, umgerechnet über 600 oder gar 800 Euro für so ein Gerät hinzublättern, den wird es vielleicht auch nicht so sehr schocken, dass Apple jeweils 0,15 Prozent oder 0,15 von 100 Dollar der Kaufsumme einstreicht. Das war jedenfalls Stand Anfang 2015.
Weniger Toleranz dürften hingegen die beteiligten Banken und Kreditkartenfirmen aufbringen, wenn die Kostenstrukturen auch in Europa umgesetzt werden. So sieht eine geplante Verordnung der EU-Kommission vor, dass die Gebühren bei bargeldlosem Zahlungsverkehr auf maximal 0,3 Prozent (Kreditkarte) beziehungsweise 0,2 Prozent begrenzt werden sollen. Wird die Regulierung umgesetzt, müssten die Banken demnach mindestens die Hälfte ihres Umsatzes an Apple weitergeben.
Samsung Pay: Gegenentwurf zu Apple Pay
In direkter Konkurrenz zu Apple Pay wird Samsung Pay als noch im Aufbau befindlicher neuer mobiler Bezahldienst gesehen. Dabei hat der des koreanischen Riesen durchaus das Potenzial, weit mehr Kunden zu erreichen. Die im Frühjahr 2015 erfolgte Übernahme von LoopPay war ein recht gelungener Schachzug von Samsung auf dem Weg zum mPayment-Mitspieler.
Denn die 2012 gegründete US-Tochter sieht sich als Erfinder der Magnetic Secure Transmission (MST), die als patentierte Technologie zusammen mit der LoopPay-App 90 Prozent aller Ladengeschäfte in den USA und zehn Millionen Verkaufsterminals weltweit erreichen soll. Die Geschäftsinhaber müssen ihre Technik nicht teuer aufrüsten, sondern können weiterhin ihre Lesegeräte für Magnetstreifenkarten verwenden.
Mit NFC-Unterstützung kann Samsung Pay nach dem zunächst für die USA und Südkorea geplanten offiziellen Start Mitte 2015 tatsächlich mehr Läden und Kunden erreichen als andere Anbieter mobiler Bezahldienste. Das koreanische Unternehmen rechnet mit weltweit rund 30 Millionen Partnergeschäften, die Samsung Pay heute schon potenziell unterstützen können. Im Heimatland Südkorea hat Samsung einen Monat nach Einführung im August 2015 für das eigene mobile Bezahlsystem eine sehr positive Resonanz gezogen. Demnach waren bis zum Stichtag am 20. September 1,5 Millionen Transaktionen mit durchschnittlich 20 US-Dollar oder umgerechnet insgesamt rund 30 Millionen Dollar registriert worden. Dem Marktstart in den USA 2016 steht daher wohl nichts mehr im Wege.
Die Ausweitung auf andere Regionen wie Europa hat Samsung auch schon im Visier. Nach Partnerschaften mit MasterCard und Visa soll das Unternehmen auch schon in Verhandlungen mit American Express, der Bank of America und anderen Geldinstituten stehen.
Doch zurück zu LoopPay und MST. Die Lösung der neuen Samsung-Tochter besteht aus einer LoopPay Card mit integrierten Kreditkarten-Lesegerät für rund 50 Dollar oder einem CardCase mit herausnehmbarer LoopPay-Card für zehn Dollar mehr. Zum Bezahlen muss man nur das Smartphone oder die herausnehmbare LoopPay Card an einen Kartenterminal halten. Dank des integrierten Kartenlesers lassen sich in der LoopPay Card die Daten unzähliger Kredit- oder Payback-Karten speichern.
Lustigerweise war das LoopPay CardCase zunächst nur für neuere iPhones erhältlich. In Samsungs Galaxy-Modellen S6 und S6 Edge ist die für die Kopplung mit Kreditkarten noch LoopPay, später Samsung Pay genannte App aber bereits vorinstalliert. Um die Registrierung abzuschließen, muss der Nutzer sich noch mit seinem persönlichen Fingerabdruck authentifizieren. Für zusätzliche Sicherheit soll die Samsung-eigene Security-Plattform Knox und die Trustzone des Prozessorherstellers ARM sorgen.
Aber trotz aller Verlockungen wird wohl noch einige Zeit vergehen, bis Samsung und Apple Pay den Weg nach Deutschland finden. Daher sollen hier zum Schluss noch Lösungen vorgestellt werden, die in Deutschland bereits verfügbar sind.
Bestehende Lösungen in Deutschland
So wie PayPal in Berlin haben einige mPayment-Anbieter in Deutschland zunächst regional begrenzt mit Pilotprojekten begonnen. Dazu gehört zum Beispiel die Wiesbadener paij GmbH, die mit "Mobile Payment Made in Germany" wirbt und zunächst für die Heimatregion unter anderem Taxi Deutschland mit 15.000 Taxis für die paij-App mit QR-Code-Leser gewinnen konnte. SQWallet hat mit Pilotprojekten in Osnabrück gestartet und bietet eine ebenfalls an QR-Codes gekoppelte App mit PIN-Eingabe an, so auch PayCash vorwiegend für den Raum Düsseldorf. Alle drei Lösungen sind kostenlos.
Schon fast zu den Arrivierten mit fast 80 teilnehmenden Geschäften in neun Städten bis Ende 2014 (laut kreditkarte.net) gehört kesh mit der biw Bank für Investments und Wertpapiere AG im Rücken, die sich als Deutschlands schnellst wachsende Online-Bank sieht. Auch die für Android, iOS und BlackBerry erhältliche kesh-App arbeitet über den QR-Code. Vorteile für Händler seien 100 Prozent Zahlungssicherheit, sofortige Gutschriften und keine versteckten Gebühren, verspricht kesh. Je nach Version (starter, basic oder premium) lässt sich das kesh-Konto mit monatlich 100 und 200 Euro oder sogar 200 Euro täglich aufladen, um über die betreffende Summe verfügen zu können.
Das Sparkassen-System girogo bundesweit rund 9.000 Akzeptanzstellen wurde ebenfalls schon genannt. Dieses ist an eine Girocard mit NFC-Chip geknüpft. Es bleibt noch der im Spätsommer 2012 mit E-Plus gestartete, auf NFC basierende Targobank Bezahlchip, der Kunden zusätzlich zur MasterCard mit zirka 450.000 Akzeptanzstellen angeboten wird und bundesweit in ausgewählten Geschäften eingesetzt werden kann.
Da der NFC-Bezahlchip vom Handy huckepack genommen werden kann, muss dieses selbst nicht NFC-fähig sein. Der Bezahlchip ist sowohl als Kreditkarte mit individuellem Kreditlimit und flexibler Rückzahlung als auch als Prepaid-Karte verfügbar. Damit bezahlen kann man überall, wo ein PayPass-Logo zu sehen.
Fazit: Mit Sicherheit kommt Akzeptanz
Mobile-Payment mag in Deutschland zwar noch in den Kinderschuhen stecken. Schaut man sich aber an, wie viele junge Leute und Berufstätige in Bus und U-Bahn ständig mit ihrem Smartphones zugange sind, ist es nur eine Frage der Zeit, dass die Akzeptanz steigt und damit auch das bundesweite Angebot. Die großen wie kleinen Player müssen sich nur darauf einstellen, dass die Deutschen in Gelddingen grundsätzlich etwas konservativer sind. Sicherheit ist daher das A & O im Mobile-Payment. (mb)