Dank Smartphones und Netbooks wird das Internet zunehmend mobil. Immer mehr Privat- und Business-Anwender setzen auf das Internet aus der Hosentasche, und auch immer mehr Hersteller sowie Netzbetreiber schließen sich diesem Hype an. "Das mobile Internet", heißt es im "Mobile Web Watch 2009" von Accenture, "hat in nur einem Jahr den Sprung zum Massenmarkt geschafft".
Das trifft sich gut, denn gleichzeitig rutschen die Margen bei den klassischen Sprach- und Messaging-Diensten in den Keller. Zudem steigt der Bedarf an immer mehr Bandbreite zu günstigen Tarifen, verschärft die zunehmende Konvergenz den ohnehin starken Wettbewerb, und neue Marktteilnehmer positionieren sich in der Wertschöpfungskette der Telekommunikationsunternehmen. Das macht die Einführung neuer Kooperations- und Innovationsmodelle nötig.
"Gerade deshalb", heißt es bei Accenture, "bietet das Mobile Web Chancen auf Wachstum - als zukunftsträchtige und schnell verfügbare Plattform für Datendienste, aber auch als Basis für weiterführende Mehrwertangebote in Märkten, die von den klassischen Mobilfunkdiensten bereits weitgehend durchdrungen sind."
Zum zweiten Mal hat Accenture untersucht, wie deutsche Kunden dem "Hosentaschen-Web" gegenüberstehen - und Rückschlüsse auf die Wachstumsbedingungen in diesem konvergenten Ökosystem gezogen. Noch vor einem Jahr waren die Ergebnisse alles andere als vielversprechend. Zwar verfügten viele Konsumenten bereits über ein internetfähiges Handy. Trotzdem blieb die tatsächliche Nutzung des mobilen Internets weit hinter den Erwartungen zurück. Viele Verbraucher hatten Vorbehalte, empfanden mobiles Internet als unbequem und unbefriedigend, vermissten den Mehrwert gegenüber dem herkömmlichen Internetzugang über den PC und scheuten die als zu hoch empfundenen Kosten. Seitdem hat sich viel getan - bei Anwendern und Anbietern gleichermaßen.
Die Zahl internetfähiger Handys wächst
Für das Mobile Web Watching hat Accenture in Deutschland mehr als 3.000 Personen befragt. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
-
Immer mehr Menschen besitzen ein internetfähiges Handy. Waren es 2008 noch 62 Prozent der Internetnutzer, sind es 2009 bereits 71 Prozent.
-
Fast jeder fünfte deutsche Internetnutzer surft mit seinem Mobiltelefon im Web (18 Prozent). Das entspricht 7,7 Millionen Personen. 2008 waren es noch 3,2 Millionen (13 Prozent)
-
Auch die Besuche im mobilen Web sind häufiger geworden: Heute surft jeder dritte Onliner täglich oder mehrmals täglich mit seinem Handy im World Wide Web (33 Prozent). 2008 waren es noch 22 Prozent.
-
Lediglich jeder siebte Surfer hat keine Sicherheitsbedenken, wenn er mit seinem Mobiltelefon ins Netz geht (15 Prozent). Jeder Dritte fürchtet dagegen, dass jemand seine persönlichen Daten ausspionieren könnte (35 Prozent) oder, dass Viren sein Telefon beschädigen könnten (37 Prozent).
-
Folgerichtig wünschen sich drei von vier Mobile-Web-Nutzern Sicherheitsangebote für ihr Webhandy: 76 Prozent würden eine Verschlüsselungstechnologie begrüßen, wie sie im stationären Internet üblich ist. 71 Prozent würden sich mit einer Firewall für ihr Handy sicherer fühlen. Zwei Drittel hätten gerne ein Antivirenprogramm (65 Prozent).
-
Weniger ins Gewicht als 2008 fällt der Einwand, es sei kompliziert, mit dem Handy auf Webseiten zu navigieren.
Am weitesten verbreitet bei Deutschlands Handysurfern sind Geräte mit WAP-Browser (36 Prozent), gefolgt von Business-Handys wie BlackBerrys, die vor allem auf E-Mail-Empfang ausgelegt sind (22 Prozent), und von Smartphones mit Touchscreen (neun Prozent). Knapp zwei Prozent der Befragten besitzen ein iPhone. Besonders beliebt ist es offensichtlich bei den 40- bis 49-Jährigen: 30 Prozent aller iPhone-Besitzer gehören zu dieser Altersgruppe.
Die meisten Menschen nutzen ihr Handy noch immer zum Telefonieren und für SMS
Überraschenderweise nutzen die meisten Anwender ihr Telefon tatsächlich zum Telefonieren. Die Zahlen liegen abhängig vom Gerätetyp zwischen 95 und 99 Prozent. Fast ebenso hoch sind die Nutzerzahlen beim SMS. Sie liegen zwischen 77 und 88 Prozent. Interessant sind aber auch die Abweichungen: So nutzen iPhone-Anwender den mobilen Internet-Zugang zu 77 Prozent, während die Zahl bei den Nicht-Smartphone-Nutzern nur bei 19 Prozent liegt. Über einen Hotspot surfen zudem 57 Prozent der iPhoner und gerade einmal drei Prozent der Benutzer "normaler" Handys.
Keine Überraschung bieten dagegen die beliebtesten Anwendungen im mobilen Internet. Hier liegen das Abrufen von E-Mails, Wegbeschreibungen, Wettervorhersagen und Nachrichten deutlich vorne. Sieht man von dem einen Prozent der Befragten ab, die nicht wissen, was sie in den vergangenen zwölf Monaten im Internet gemacht haben, liegen auf den hinteren Plätzen das mobile Bloggen, Wertpapier-Börsengeschäfte und der Download von Fitness- und Gesundheitsprogrammen.
Die Nutzer des mobilen Internets machen kaum Gebrauch von den Möglichkeiten, bei denen es seine Stärke ausspielen kann, kritisiert Accenture dieses eher traditionelle Nutzungsverhalten. Und selbst wenn besonders die junge Zielgruppe neuen Anwendungen gegenüber aufgeschlossen ist, heißt das zunächst einmal wenig. Die meisten Anwender machen nichts anderes, als ihr Verhalten aus dem stationären aufs mobile Web zu übertragen.
Anders ist das bei den Benutzern des iPhone: Bei ihnen ist die positive Einstellung gegenüber neuen Anwendungen überdurchschnittlich ausgeprägt. "Hier", kommentiert Accenture, "zeigt sich der Einfluss einer spezifischen Nutzeroberfläche, eines breiten Applikationsangebots sowie einer internetaffinen Gebührenstruktur mit integrierten Datenpaketen".
Woher resultiert das gestiegene Interesse am mobilen Internet? Ein wesentlicher Faktor dafür sind Geräte mit handlicherer Benutzeroberfläche und Navigation. Neben einer bequemeren Nutzung gibt es einen weiteren Faktor, der den Einsatz des Mobile Web vorantreibt: Dank Flatrate-Angeboten sind die Verbindungskosten für die Kunden überschaubarer geworden. Bereits 35 Prozent der befragten Mobile-Web-User nutzen eine Daten-Flatrate. Jeder dritte Handysurfer ist zudem überhaupt erst mit dem Abschluss einer Flatrate ins mobile Web eingestiegen.
Ein Selbstläufer ist das mobile Internet nicht
So erfreulich diese Entwicklungen aus der Sicht von Accenture und sicher auch aus der von Netzbetreibern und Geräteherstellern ist: Ein großer Teil der Befragten plant dem Beratungshaus zufolge weiterhin nicht, sich mit dem Handy ins Internet zu verbinden. Hauptgrund für die Ablehnung ist wie bereits im Vorjahr, dass ihnen der Webzugang über den PC ausreichend zu sein scheint. Dazu könnte auch kommen, was die Nielsen Norman Group in einer Studie über das mobile Web herausgefunden hat: Der weiteren Verbreitung stehen demnach auch die winzigen Bildschirme, die schwergängige Eingabe, niedrige Bandbreiten sowie für den Mobilzugriff schlecht gestaltete Webseiten im Wege.
Und, so wieder Accenture: "Wie bereits 2008 sehen viele Verbraucher im Mobile-Web gegenüber dem heimischen Computer keinen Mehrwert." Die meisten Befragten, die den mobilen Zugriff auf das Internet via Handy nicht nutzen, sagen, der PC reiche ihnen völlig aus (80 Prozent). Fast ebenso viele, 71 Prozent, fürchten die hohen Kosten.
So überrascht es nicht, dass sich 63 Prozent der Anwender für niedrigere Verbindungskosten aussprechen, damit der Aufschwung beim mobilen Web auch künftig anhält. Luft nach oben sehen die Anwender aber auch bei den Themen Verbindungsgeschwindigkeit, Bedienungskomfort und Übersichtlichkeit der Webseiten.