„HIER WIRD NOCH UMGEBAUT“, sagt der erste ITDirektor in der Geschichte des Bundesinnenministeriums (BMI) und zeigt in einen leeren Raum im ersten Stock der Behörde im Berliner Spreebogen. „Wir schaffen Platz für einen großen runden Tisch, wo sich fünfzig Leute treffen können.“ Seit Montag, dem 7. Januar, ist der bisherige persönliche Referent der Innenstaatssekretärin Brigitte Zypries auf seinem Posten. Noch stehen Kisten im 35- Quadratmeter-Büro, der Besprechungstisch ist aus Kirsch-, der Schreibtisch aus Buchenholz.
Der Informatiker Schallbruch hat eine schnelle Karriere gemacht, die ihm manche Langgediente im Ministerium neiden. Ein Referatsleiter brachte einen Protestbrief auf den Weg, in dem er die Umstände der Ausschreibung scharf kritisierte. „Das Ausbildungsprofil beschreibt für eine Spitzenposition im BMI ein lächerliches Mindestmaß an notwendiger Qualifikation“, heißt es in dem Schreiben, das im Ministerium die Runde machte.
Offenbar war die Ausschreibung passgenau für Schallbruch verfasst worden: Zypries, für die er rund drei Jahre gearbeitet hat, wollte ihn, Innenminister Otto Schily (SPD) mochte ihn – und alle, die bisher mit ihm gearbeitet haben, finden seinen schnellen Weg nach oben selbstverständlich. „Die ersten vier Computer, die es an unserer Schule gab, hat er eingerichtet und miteinander vernetzt“, berichtet ein früherer Mitschüler von Schallbruch am Gymnasium in Solingen, der Journalist Marc Rath. Sein Urteil: „Er ist ein Informatikgenie.“
„Vor mir muss keiner Angst haben“, beruhigt der neue Datensheriff des Innern die innerbehördlichen Bedenkenträger. Ansonsten will er sich zu dem Querschuss nicht äußern. „Da müssen Sie die Pressestelle fragen.“ Schallbruch stört die Kritik nicht, öffentliche Aufregung um seine Person jedoch schon. Persönliche Fragen etwa nach Hobbys beantwortet er nicht; Interviews geben will er eigentlich nicht; ein vorbereitetes Pressefoto gibt es nicht und ist auch nicht geplant. „Für die Außendarstellung ist die Staatssekretärin da“, findet Schallbruch.
Der IT-Fachmann versteht sich selbst als Moderator und Organisator, als ein Ermöglicher, der gute Leute um sich sammeln und motivieren will. „Es ist schon ein richtiger Schub zu spüren. Viele sind mit neuen Ideen zu mir gekommen“, freut er sich. „Am Wochenende machen wir mit allen Mitarbeitern einen Workshop.“
Unter dem neuen Macher werden sämtliche Zuständigkeiten der bisherigen vier Referate (Grundsatz- und internationale Angelegenheiten, Informations-Management für die Bundessregierung, Sicherheit in der Informationstechnik, „Bund Online 2005“) in einem Stab zusammengefasst. Zusätzlich zur Linienorganisation will Schallbruch Projektgruppen ins Leben rufen. „Sicheres Internet, elektronische Signatur und Microsoft kontra Linux“, benennt er die Themen für den Anfang.
Strategie und Grundsatzfragen
Der Neue ist für IT-Strategie und -Controlling des BMI, das Thema Informationsgesellschaft und die Internet- Politik zuständig, „auch wenn es andere Teile des Hauses betrifft“. Zum BMI gehören etwa auch das Bundesamt für den Verfassungsschutz, der BGS, das BKA, die Gauck- Behörde. Über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik führt Schallbruch die Fachaufsicht.
Für die anderen Bundesbehörden ist sein Stab der wichtigste Ansprechpartner in IT-Fragen. Die beim BMI angesiedelte Koordinierungs- und Beratungsstelle des Bundes für Informationstechnik legt die für alle gültigen Standards fest und berät bei großen Investitionen.
Mit dem E-Government-Projekt „Bund Online“ sollen bis Ende 2005 376 Verwaltungsvorgänge des Bundes online-fähig gemacht werden. Rund 400 Millionen Euro will Schily so jährlich einsparen; 1,65 Milliarden Euro kostet die Umstellung zunächst.
Zur DV-Struktur seiner Behörde möchte der IT-Direktor nichts sagen – „aus Sicherheitsgründen“. Auch die Frage zum Budget ist nicht so einfach zu beantworten, denn einen fixen Gesamtetat gibt es nicht. „Für die unterschiedlichen Aufgaben gibt es Geld.“ Für die zentrale ITKoordinierung und die Infrastrukturen des Bundes stehen 41 Millionen Euro zur Verfügung; 35,7 Millionen Euro beträgt der Etat des BSI; 20 Millionen Euro steuert das BMI für zentrale Komponenten von „Bund Online 2005“ bei. Der IT-Direktor kann so über rund 97 Millionen Euro mitbestimmen. Eine Riesensumme, doch Schallbruch bleibt – bisher – ganz cool.