Googles Android-Betriebssystem in den Versionen 1.x und 2.x war für Smartphones konzipiert worden, nicht für Tablets. Dennoch gab es schnell eine große Anzahl von Tablets mit Android. Die Folge: Die Bedienung war hakelig, die Hardware oft schlecht. Nur wenige Android-Tablets wie das Samsung Galaxy Tab konnten halbwegs überzeugen.
Mit Android 3.0 "Honeycomb" soll alles besser werden, denn das Betriebsystem wurde speziell für Tablets entwickelt. Und Google wacht bei Honeycomb jetzt strikt darüber, welche Geräte für sein Betriebssystem freigegeben werden. Damit will Google dem Wildwuchs schlecht bedienbarer und langsamer Tablets entgegnen.
Zu den ersten neuen Tablets mit und für Android 3.0 zählt das Motorola Xoom. Das Gerät setzt auf einen 10,1-Zoll-Bildschirm mit der hohen Auflösung von 1280 mal 800 Bildpunkten. Im Gegensatz zum 9,7-Zoll-Display des iPad 2 mit 4:3-Format verwendet Motorola ein 16:10-Verhältnis - darum besitzt das Xoom eine etwas gestreckt anmutende Form. Apropos Form und Design: Das Aluminiumgehäuse erinnert sofort von der Umrandung an das erste Apple iPad.
Damit das Xoom auch eine flüssige und flotte Bedienung erlaubt, verbaut Motorola den NVIDIA Tegra 2 Dual-Core-Prozessor mit 1 GHz Taktfrequenz. Bedienknöpfe außer für die Lautstärke sucht man beim Motorola Xoom übrigens vergebens - so ist es gewollt bei Android 3.0. Die Navigation und Bedienung erfolgt vollständig über den Touchscreen.
Ob sich das Motorola Xoom tatsächlich flüssig und komfortabel bedienen lässt, klärt unser Test ebenso wie die Frage nach der Laufzeit und der Display-Qualität.
Ausstattung & Akkulaufzeit
Motorola stattet das Xoom mit einem NVIDIA Tegra 2 mit 1 GHz Taktfrequenz aus. Der Dual-Core-Prozessor setzt auf ARMs Cortex-A9-Architektur. Beim Arbeitsspeicher verwendet Motorola großzügig bemessene 1 GByte zur Verfügung. Den internen Flash-Speicher dimensioniert Motorola auf 32 GByte. Damit steht dem Tablet bereits ausreichend viel Speicherplatz zur Verfügung. Zwar besitzt das Xoom noch einen micro-SD-Kartenslot, allerdings wird dieser von Android 3.0 noch nicht unterstützt. Hier soll ein künftiges Update für Abhilfe schaffen.
Zum Austausch von Daten besitzt das Xoom einen Micro-USB-2.0-Anschluss. Das Gerät wird von Windows 7 beim Anschluss an den USB-Port bei unserem Testsystem nicht erkannt, die entsprechenden Treiber fehlen. Nach dem Download und der Installation des Motorola USB Drivers klappt jedoch die korrekte Einbindung. Achtung: Wenn das Xoom von Windows trotz Treiber nur mit einer Fehlermeldung erkannt wird, so liegt es oft am Anschluss beim Front-Panel-USB-Port. Diese liefern oft zu wenig Strom, an den rückwärtigen USB-Ports funktioniert die Erkennung meist fehlerfrei.
LCD-TVs lassen sich über den Micro-HDMI-Ausgang des Xooms anschließen - beispielsweise zum Übertragen von 1080p-HD-Videos oder Bildern.
Für Konnektivität sorgen beim Xoom WLAN 802.11b/g/n und Bluetooth 2.1 - inklusive EDR und HID. Zudem gibt es einen SIM-Kartenslot für UMTS. Dabei nimmt das Xoom SIM-Karten normaler Größe auf. Der SIM-Kartenslot ist allerdings ungünstig mit dem SD-Karten-Einschub zusammengelegt. Will man die Speicherkarte einstecken oder entfernen, so muss erst die SIM entfernt werden. Eine Variante ohne 3G bietet Motorola ebenfalls an.
An der Front gibt es für Videotelefonate und Schnappschüsse eine integrierte 2,0-Megapixel-Kamera. Auf der Rückseite findet sich zudem eine 5,0-Megapixel-Kamera. Motorola spendiert der Kamera einen Dual-LED-Blitz. Zu den weiteren Ausstattungsmerkmalen zählt ein elektronischer Kompass, Lagesensor sowie beim 3G-Modell GPS.
Viewsonic verbaut beim ViewPad 10s einen Lithium-Ionen-Akku mit 24,5 Wh. Beim Surfen im Internet via WLAN hält das Xoom im Test fast zwölf Stunden durch. Beim Abspielen von Videos mit voller Display-Helligkeit macht das Xoom erst nach 7,5 Stunden schlapp. Mit diesen sehr guten Werten liegt das Xoom auf dem Niveau eines iPad und iPad 2.
Maße und Bildschirm
Im Gegensatz zum 4:3-Format des 9,7-Zoll-Bildschirms von Apples iPad und iPad 2 besitzt das Xoom ein 10,1-Zoll-Display im 16:10-Widescreen-Format. Die Auflösung des Bildschirms beträgt 1280 mal 800 Bildpunkte, das iPad/iPad2 löst 1024 mal 768 Pixel auf. Durch seinen Widescreen wartet das Xoom bei 167 x 249 x 12 mm auch mit anderen Abmessungen als das Apple iPad 2auf (186 x 241 x 8,8 mm).
Bei der Gehäusedicke von 12 mm ist das Xoom insbesondere vom iPad 2 mit 8,8 mm weit entfernt - allerdings ist es dünner als das iPad mit 13,4 mm. Mit einem Gewicht von zirka 720 Gramm liegt das Xoom auf dem Niveau des iPads 3G (730 Gramm). Das iPad 2 in der 3G-Version ist mit 613 Gramm allerdings spürbar leichter.
Für ein Tablet ist die Qualtät des Bildschirms essenziell. Und hier kann der kapazitive Xoom-Touchscreen überzeugen. Durch die hohe Auflösung von 1280 mal 800 Bildpunkten wirkt die Darstellung von Webseiten und anderen Inhalten scharf. Bei einer gemessenen maximalen Helligkeit von 331 Cd/m² ist auch in hellen Umgebungen sowie im Freien für eine gute Ablesbarkeit gesorgt. Das Xoom-Display bietet auch befriedigende Einblickwinkel. In punkto Display-Qualität ist insbesondere bei der Farbbrillianz und beim Einblickwinkel das iPad 2 noch eine Spur besser.
Haptik und Bedienelemente
Das Motorla Xoom besitzt ein Aluminiumgehäuse, das obere Viertel ist aus gummiertem Kunststoff. Beim Anfassen wirkt das Tablet wertig und es liegt angenehm in der Hand. Der Aluminumrahmen erinnert beim Anfassen und der Haptik sofort an die erste iPad-Generation. Die Stabilität des Gehäuses ist sehr gut. Hier knarzt auch unter "höherer" Krafteinwirkung nichts. Allerdings kam es beim Testgerät manchmal zu einem Knacksen, als ob sich im Gehäuse etwas dehnt - äußerlich ist nichts zu merken. Das Knacksen trat auch auf, wenn es einfach nur auf dem Tisch liegt.
Der Einschaltknopf auf der Rückseite des Xoom muss beim Halten in den Händen erst durch etwas tastende Sucherei gefunden werden. Liegt das Tablet zum Arbeiten auf dem Tisch, so muss das Xoom nach jedem Standby zum erneuten Einschalten angehoben werden, um an den Knopf zu kommen - das nervt etwas.
Android 3.0 ist für die hohe Auflösung und Bedienung von Tablet-Bildschirmen angepasst. Leider ist letzteres nicht wirklich gelungen. Tasten für Zurück, Home und Letzte Apps sucht man vergebens. Die Bedienelemente sind jetzt im Touchbereich links unten fest angeordnet. Beim Halten des Tablets in den Händen muss so der linke Daumen für die Navigation ganz nach links unten auf dem Display wandern. Dies funktioniert nur, wenn der Handrücken gleichzeitig nach außen wandert, das Ganze wirkt unkomfortabel. Beim Halten des Tablets im Hochformat nervt die Bedienung noch mehr, weil hier die linke Hand noch mehr bewegt werden muss. Außerdem sind die drei "Soft-Tasten" etwas klein und eng angeordnet, Nutzer mit groß geratenen Daumen wird das exakte Treffen der Bedienelemente erschwert.
Einen Schnellzugriff auf die wichtigsten Funktionen gibt es beim Tipp auf die Kontrollleiste rechts unten, wo Uhrzeit, Akkuzustand und Netzverbindung angezeigt werden. Dort lässt sich beispielsweise der Flugmodus einschalten, die Display-Ausrichtung sperren oder die Bildschirmhelligkeit regulieren. In der Kontrollleiste werden auch Statusmeldungen wie die erfolgreiche Installation neuer Apps eingeblendet. Für die Lautstärke gibt es übrigens "richtige" Tasten am seitlichen linken Gehäuserand.
Tastatur und Schreibgefühl
Gut gefällt beim Xoom die Tastatur, das Schreiben funktioniert flüssig, Buchstaben werden nur sehr selten "verschluckt". Im Querformat geht die Tastatur über die komplette Bildschirmbreite und nimmt fast die Hälfte der Display-Höhe ein. Nach Empfinden des Autoren lässt sich damit schnell und präzise Schreiben, wenn das ganze mit zwei bis vier Fingern erfolgt.
Ein Zehnfingersystem funktioniert weniger gut, weil die Finger nicht auf der Tastatur ruhen können und das Layout darauf nicht optimiert ist. Es ist somit schwierig, alle Finger über den anvisierten Tasten im Schwebezustand ruhen zu lassen. Beim Halten des Xoom mit den Händen fällt das Tippen nur mit den beiden Daumen bei den innen liegenden Tasten allerdings schwer - man erreicht sie kaum.
Im Hochformat belegt die Tastatur ungefähr das untere Viertel des Bildschirms. Durch die reduzierte Tastengröße geht man jetzt primär zum Zweifingertippsystem über. Die Tippgeschwindigkeit und Treffsicherheit nimmt gegenüber dem Querformat allerdings merklich ab. Zum Texte schreiben ist das Querformat deutlich besser geeignet. Wird das Xoom wieder gehalten, so lassen sich jetzt alle Tasten auch mit den Daumen gut erreichen. Jedoch macht sich das Gewicht des Tablets schnell negativ bemerkbar, wenn das Tablet ganz unten gehalten wird.
Homescreen, Browser und Flash
Android 3.0 bietet auf dem Xoom insgesamt fünf Homescreens. Die Navigation zwischen den Schirmen erfolgt einfach per Fingerwisch, der Wechsel wird durch einen 3D-Effekt grafisch untermalt. Sehr praktisch ist die mögliche Personalisierung der Startbildschirme. Neben dem üblichen Platzieren von Apps oder Lesezeichen für Webseiten lassen sich auch Inhalte dort anzeigen. Hierzu zählen E-Mail-Eingänge, Facebook-Neuigkeiten oder aktuelle Kalendereinträge.
Beim Scrollen durch Webseiten zeigt sich das Xoom sehr flink. Allerdings ist wie bei Android-2.x-Tablets ein leichtes Ruckeln stets begleitend. Auch beim Zoomen von Webseiten oder Bildern mit den Fingern sind stets eine leicht verzögertes Ansprechen und ein leicht ruckelnder Effekt zu registrieren. Alles funktioniert beim iPad 2 wieder etwas flüssiger und "organischer". Auch das Kontrollieren der Scoll-Geschwindigkeit ist beim Xoom nicht so gut gelöst wie beim iPad / iPad 2.
Die beschriebenen Unterschiede gelten für Webseiten ohne Flash-Elemente, denn das iPad kann diese nicht darstellen. Und hier trumpft das Xoom mit Android 3.0 natürlich auf. Die Darstellung von Webseiten mit Flash-Elementen oder Flash-basierenden Videos funktioniert im Test bei den besuchten Seiten überwiegend problemlos. Auch die Geschwindigkeit beim Surfen auf Webseiten mit Flash-Elementen ist zufriedenstellend. Der Dual-Core-Prozessor macht sich hier positiv bemerkbar.
Beim Browser nervt allerdings unabhängig vom Inhalt, dass kein schneller Sprung wieder an den Seitenanfang nach langem Scrollen möglich ist. Beim iPad / iPad 2 wird hier nur an den oberen Bildschirmrand getippt, schon scrollt die Seite nach ganz oben. Dafür gefällt das Tab-Browsing, hier lässt sich wie bei Desktop-Browsern einfach mit Tabs navigieren. Zudem gibt es die Möglichkeit, ein Inkognito-Tab zu öffnen.
Technische Daten im Überblick
Hersteller |
|
Produkt |
ViewPad 10s |
Preis (UVP) |
319 Euro (WLAN) / 399 (WLAN+3G) |
Technische Hotline |
0821/ 450 57 382 |
Prozessor |
NVIDIA Tegra 250 / Dual-Core / 1 GHz |
Maße (L x B x H) |
179 x 276 x 14,5 mm |
Gewicht |
730 Gramm |
Betriebssystem |
Android 2.2 |
Integrierter Speicher (Art) |
512 MByte (Flash) |
Wireless-LAN / Bluetooth |
802.11b/g / 2.1 |
USB |
USB 2.0 (Standardstecker) |
VGA |
- |
HDMI |
ja (normale Steckergröße) |
Kartenleser |
ja (Micro-SD) |
Einschub für SIM-Karte |
bei optionalen 3G-Modell |
Kamera |
ja (1,3 Megapixel) |
Dockinganschluss |
ja |
Audioausgang |
1 |
Audioeingang |
- |
Mikrofon |
ja |
Lieferumfang |
Schnellstartanleitung (deutsch); Netzteil mit Steckeradapter, 16 GByte microSD-Karte |
Lagesensor / Lichtsensor |
ja / nein |
Spracheingabe / Flugzeugmodus |
nein / ja |
E-Mail-Zugang: POP3 / Imap / Exchange |
ja / ja / ja |
Testergebnis
Das Motorolas Xoom mit Honeycomb punktet mit sehr solider Verarbeitung, gutem Display, sehr langer Akkulaufzeit und hoher Geschwindigkeit - auch bei Flash-Inhalten.
Leider überzeugt uns die Bedienung des für Tablets speziell entwickelten Android 3.0 nicht so sehr. Der Verzicht auf Tasten und die ungünstige Platzierung der Bedienelemente zur Navigation ist gegenüber Android-2.x-Tablets teilweise ein Rückschritt. Abseits der Navigation bietet Honeycomb allerdings deutlich mehr Features.
Doch gerade bei Tablets kommt es auf eine einfache, organische und flüssige Bedienung an. Das Xoom kann hier Apples iPad 2 nicht das Wasser reichen. Es besitzt natürlich den Vorteil der Flash-Unterstützung im Browser und der Erweiterbarkeit mit einer micro-SD-Karte (die mit Android 3.0 noch nicht funktioniert, ein künftiges OS-Updates soll laut Motorola die Funktion ermöglichen). Aber bei einem Preis von 699 Euro (UVP, Stand 24.05.11) kostet das Xoom soviel wie ein iPad 2 mit 32 GByte und 3G. Bei diesem im Premium-Bereich angesiedelten Preis wird es das Xoom schwer haben, dem iPad 2 entscheidende Marktanteile abspenstig zu machen. (TecChannel)