Muss ein Unternehmen Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen entlassen, will es Streitigkeiten in der Regel vermeiden und signalisiert Kooperationsbereitschaft. Der Mitarbeiter geht offiziell "auf eigenen Wunsch", erhält im Gegenzug eine angemessene Abfindung und ein wohlwollend formuliertes Zeugnis. Letzteres hat der Mitarbeiter sogar oft selbst entworfen.
Das Zeugnis ist in dieser Situation ein wichtiger Baustein des Gesamtpakets, es sollte frühzeitig formuliert und abgesprochen werden, damit es bis zum letzten Arbeitstag vorliegt. Oft wollen und müssen sich die Gekündigten frühzeitig bewerben. Robert Mudter, Arbeitsrechtler in Frankfurt am Main, rät: "Man sollte vereinbaren, dass vom Eigenentwurf nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann. So stellt man sicher, dass die gewünschten Formulierungen mit angemessener Dankesformel auch umgesetzt werden."
Faire Trennung als Ziel
Für Wolfgang Wagner von Bewerber Consult steht die Planung der beruflichen Zukunft im Vordergrund. "Eine faire Trennung ist Teil des Reputations-Managements, und zwar für beide Seiten." Schlammschlachten, Vorwürfe oder langwierige Auseinandersetzungen schaden allen Beteiligten. Oft haben aber Gekündigte, gerade wenn sie lange in einem Betrieb beschäftigt waren, am Anfang wenig Einsehen.
So wie Holger S., dem nach mehr als 20 Jahren in einem Großunternehmen überraschend gekündigt wurde. Coach Wagner machte dem erbosten Maschinenbauingenieur klar, dass an der Entscheidung des Unternehmens nicht zu rütteln sei und er sich seiner Stärken besinnen solle. Dazu gehörten gefragte Fachkenntnisse, eine nachweislich kontinuierliche Entwicklung und ein ständiger Zuwachs an Verantwortung. "Daran sind auch andere Firmen interessiert, richten Sie den Blick nach vorne", riet Wagner. Holger S. sammelte alle beruflich relevanten Fakten, nahm den Markt genau unter die Lupe und legte gemeinsam mit Wagner die weiteren Schritte fest.
In einem Punkt ist sich Bewerbercoach Wagner mit Arbeitsrechtler Mudter einig: Eine starre Haltung des Gekündigten schadet seiner weiteren Karriere. "Besteht jemand auf die klassische Formulierung im Arbeitszeugnis ‚wurde aus betriebsbedingten Gründen gekündigt` und befürchtet der Betrieb eine Kündigungsschutzklage, gibt es auch Schwierigkeiten mit dem Inhalt des Arbeitszeugnisses", warnt Mudter. Dann wird vor Gericht gestritten, und die berufliche Weiterentwicklung gerät ins Stocken.
Zeit für Bewerbungen
Holger S. entschied sich für einen kooperativen Weg und legte mit seinem Arbeitgeber ein Austrittsdatum fest, das ihm genügend Zeit für Bewerbungen ließ. Zudem vereinbarte er ein konstruktives Zwischenzeugnis, das am Ende in ein Endzeugnis umgewandelt werden sollte, und eine außergerichtliche Abfindungsregelung. Da er in der Branche hohes Ansehen genoss, war der Betrieb auch bereit, ihm ein Karriere-Coaching zu zahlen, damit er möglichst lückenlos in ein adäquates Beschäftigungsverhältnis wechseln konnte. Holger S. stellte nach kurzer Zeit fest, dass ein Branchenwechsel sich gut mit seinen Erfahrungen vereinbaren ließ und er sich nun neuen inhaltlichen Herausforderungen stellen wollte.
Referenzen sind wichtig
Ein faires Zeugnis ist nicht nur für diejenigen wichtig, die sich wieder um eine Festanstellung bemühen, sondern auch für jene, die den Weg in die Selbständigkeit wählen. Das zeigt der Fall von Martin K. Der erfahrene Softwareentwickler dachte zunächst, dass er "mit einer guten Abfindung bis zur Rente kommen" werde und das Zeugnis für ihn eigentlich gar nicht wichtig sei. Nicht bedacht hatte er, dass das Finanzamt einen Großteil der Abfindung kassiert und ein vorzeitiger Renteneintritt mit hohen Abschlägen erkauft werden muss.
Darum arbeitete Martin K. nach seiner Kündigung freiberuflich als Interims- und Projekt-Manager und konnte auf sein umfassendes persönliches Netzwerk zurückgreifen. Erster Auftraggeber war seine alte Firma, die ihm nicht nur ein tadelloses Zeugnis ausstellte, sondern auch als Referenzgeber zur Verfügung stand. Das brachte dem erfahrenen Entwickler langfristig mehr ein als das Feilschen um jeden Euro.