Nachhaltigkeit und Klimaschutz zieren nicht erst seit dem aktuellen Wahlkampf und der Flutkatastrophe in NRW die Titelseiten der Zeitungen. Besonders der Immobiliensektor ist ein großer Emittent von Treibhausgasen mit 120.000 Kilotonnen CO2-Äquivalenten im letzten Jahr. Das verfehlt weit die im neuen Klimaschutzgesetz festgelegte Obergrenze für 2030. Um die festgelegten Ziele zu erreichen, spielt die Sanierung des bestehenden Immobilienbedarfs eine essenzielle Rolle, bspw. um diesen energieeffizienter zu machen und wird damit zur zentralen Herausforderung der Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren.
Es wird geschätzt, dass dafür Investitionen von mehreren Milliarden Euro notwendig werden. Doch gerade bei Immobiliensanierungen stehen Interessenten vor großen Herausforderungen, wie:
Feststellung geeigneter Sanierungsmaßnahmen,
Identifikation und Beauftragung geeigneter Dienstleister,
Allokation und Einsatz finanzieller Mittel.
Vor allem wenn es um das Geld geht, ist es wichtig einen Weg zu finden, dieses effektiv und effizient einzusetzen - denn Immobiliensanierungen sind normalerweise alles andere als günstig. Der benötigte Finanzierungsbedarf hat einen wesentlichen Vorteil für die Bankenwelt. Diese Finanzierungen können als nachhaltige Finanzprodukte vermarktet werden, wenn die Kredite nachweislich dafür eingesetzt werden. Diese Produkte sind noch rar am Markt und werden wiederum stark gefordert. Die zentrale Herausforderung besteht darin festzustellen, welche Sanierungsmaßnahmen die richtigen und sinnvollsten sind, um den größtmöglichen Return-on-Invest auf die Klimabilanz der entsprechenden Immobilien zu haben.
Herausforderung: die Daten
Zur Ermittlung dieser Informationen werden Daten der Immobilen benötigt. Um diese zu generieren, müssen zwei Hürden überwunden werden:
Die Daten sind über unterschiedliche Quellen verteilt, wie Banken, Behörden oder die Eigentümer.
Der Zugang und Zugriff zu den Daten wird stark eingeschränkt. Häufig handelt es sich dabei um sensible Daten, die strengen Datenschutzregulierungen unterliegen, in alten Systemen gesichert sind oder von ihren Besitzern als zu wertvoll angesehen werden, um sie einfach freizugeben.
Die Anforderung ist daher, diese Daten trotz der Restriktionen nutzbar zu machen, um korrekte Maßnahmen zu planen und passende Finanzierungsangebote bereitzustellen.
Lösung: die digitale Identität
Einen Ausweg bietet das technologische Prinzip "Digitale Identität". Die Digitale Identität ermöglicht es Daten für eine Entität, sei es ein Mensch, eine Organisation oder ein Objekt, wie in dem Fall einer Immobilie, an einem digitalen Ort zu vereinen, ohne dass die Datenhalter die Daten aufgeben bzw. ihre Kontrolle über die Daten abgeben.
Lesetipp: Digitale Identität wird für Banken zum Geschäftsmodell
Die Immobilie erhält eine eigene Identität, welche vergleichbar ist, mit einer digitalen Sammelmappe. Für diese existiert das vom W3C festgelegte Format DID. Darin können Daten und Zertifikate gesichert werden, die die entsprechende Immobilie betreffen. Der essenzielle Unterschied zu herkömmlichen Technologien ist, dass diese Informationen von Dritten bestätigt bereitgestellt werden und nicht nur vom Halter der Identität selbst. Die Aussteller werden Issuer genannt und die ausgestellten Informationen Verifiable Credentials (VC's). Die Digitale Identität sammelt diese Informationen und macht sie verfügbar.
Und auch die VC's bergen eine Besonderheit: Verifiable heißt auf Deutsch verifizierbar. Diese Eigenschaft haben diese Informationen, weil sie von den Issuern digital signiert werden und diese Signatur eindeutig nachverfolgt werden kann. Sobald die Informationen anderen vorgezeigt werden, wird somit die Herkunft der Informationen zweifelsfrei festgestellt und dadurch verifiziert.
Der Gedanke ist dabei folgender: eine Entität wird in beschreibende Eigenschaften unterteilt und diese Eigenschaften werden von den Parteien beschrieben, die das am besten können oder am vertrauenswürdigsten sind. Das schafft Vertrauen und stellt präzise und korrekte Informationen sicher.
Nachhaltige Finanzierung per digitaler Identität
Mit dem Wissen im Kopf, eröffnet das für die Immobilienwirtschaft neue Digitalisierungspotentiale. Die Digitale Identität ermöglicht eine Allokation der Informationen zu der betreffenden Entität, in dem Fall der Immobilie. So könnten relevante Daten einer Immobilie von der Planung, über die gesamte Nutzungsdauer hinweg digital in einer zentralen Instanz gespeichert und zielgerichtet zur Verfügung gestellt werden. Damit ließen sich dann beispielsweise
Sanierungsbedarfe automatisiert ermitteln;
der Energiebedarf eines Gebäudes aktiver gesteuert werden; oder
im Falle des Abrisses die verbauten Wert- und Fremdstoffe nachhaltig entsorgt oder weiter verwertet werden.
Basierend auf diesem digitalen Abbild, lassen sich weiterführend Aufträge an Dritte digital steuern. Ein Beispiel wäre die Wartung einer Aufzugsanlage voll digital zu verwalten, zu beauftragen und abzurechnen. Weil in vielen Fällen die Informationen und Teilnehmer so stark verteilt sind, bietet sich dieser Technologieansatz an.
Ergänzend entsteht mit all diesen Daten ein sogenannter Digitaler Zwilling zu dieser Immobilie. Damit kann beispielsweise der Sanierungsbedarf ermittelt und dessen Auswirkungen auf die Klimabilanz der Immobilie simuliert werden. (bw)