E-Commerce soll Kataloge überrunden

Neckermann.de modernisiert seine IT-Landschaft

06.08.2008 von Riem Sarsam
Mit dem Verkauf an einen US-amerikanischen Investor beginnt eine neue Ära bei Neckermannn.de. Die stärkere Fokussierung auf das Kerngeschäft schlägt sich auch in der IT-Organisation nieder. Diese lagert nun sämtliche Dienstleistungen aus, erneuert ihre Anwendungen und führt die Systemlandschaft in eine neue Struktur über.
Jörg Heistermann, CIO von Neckermann.de, richtet die IT am Geschäft aus - und das heißt E-Commerce.

Es geht nicht nur um schwarze Zahlen. Zu dem Anfang Juli präsentierten Effizienzprogramm der Neckermann Gruppe zählt auch der Abschied von dem, was nicht Kerngeschäft ist. Und das Kerngeschäft, so ein Unternehmenssprecher, das ist der Versandhandel. Alles, was damit zusammenhängt, etwa Waren einkaufen, Kataloge erstellen oder E-Commerce ausbauen, bleibt in der Hand der Frankfurter.

IT-Services hingegen nicht. Sie komplett an Atos Origin auszulagern gehört zu dem Maßnahmenpaket, das der Handelskonzern unter dem Namen "Neckermann 2010" geschnürt hat. Für die nächsten acht Jahre übernimmt der Dienstleister die komplette Datenverarbeitung für alle Unternehmen des Konzerns. Der Vertrag gilt als wichtiger Baustein der jüngst beschlossenen Restrukturierung.

Zusätzlich zur reinen Auslagerung haben die Beteiligten beschlossen, die Hard- und Softwarestruktur des Unternehmens umzubauen. "Unsere IT-Landschaft ist traditionsgemäß sehr hostlastig", erklärt Jörg Heistermann, CIO von Neckermann.de. Für das klassische Kataloggeschäft, mit dem Neckermann groß geworden ist, war dies die durchaus passende Technik. Doch den Anforderungen von immer schneller drehenden Zyklen im Handel und einem wachsenden E-Commerce-Geschäft ist sie nicht mehr gewachsen. Heistermann stellt jetzt einige Bereiche auf Client/Server-Technik um.

Zwar sterben die Kataloge nicht aus - im Gegenteil, sie ergänzen das Online-Geschäft. Doch der Schwerpunkt von Neckermann.de verlagert sich immer mehr ins Internet. Mit einem prognostizierten Wachstum von 20 Prozent pro Jahr, liegt hier der Umsatztreiber. Und damit sind andere IT-Fähigkeiten gefragt. "Wir brauchen bessere Reaktionszeiten, mehr Flexibilität, und eine stärkere Einbindung der Kunden und Lieferanten in unsere Systeme", so Heistermann.

Neckermann.de: die Wachstumsraten im Internet-Geschäft werden auf 20 Prozent prognostiziert.

Heistermann ist seit Mitte 2007 im Konzern und zusätzlich seit Anfang dieses Jahres einer der beiden Geschäftsführer der Call Center der Neckermann Gruppe. Sukzessive arbeitet seine Mannschaft nun daran, die gesteckten Unternehmensziele mit den passenden Systemen zu unterstützen. Der Versandhändler will unter anderem den Anteil des Online-Business von 50 auf 70 Prozent steigern.

Schon seit vergangenem Jahr widmet sich die IT beispielsweise dem Stammdaten-Management auf Basis von SAP-Software. Hier will Heistermann einen zentralen Pool schaffen. Dieser soll künftig sämtliche Produktdaten vorhalten, sowohl jene, die für die Katalogerstellung gebraucht werden als auch die, die für das E-Commerce wesentlich sind. "In dem Pool speichern wir also nicht nur traditionelle Produktdaten, sondern beispielsweise auch die mittlerweile unerlässlichen Videos oder hoch auflösende Fotos."

Auch organisatorisch wird sich in der IT einiges ändern. Die gute Nachricht: Trotz Umstrukturierung und Auslagerung wird nach derzeitigem Stand keiner der aktuell knapp 100 Mitarbeiter seinen Job verlieren. Ihre Tätigkeit hingegen wird sich wandeln, denn nun ist mehr Finanzwissen und Prozess-Know-how gefragt. Nicht zuletzt wird es für die Mitarbeiter auch darum gehen, sich mit SLAs und Vertragsrecht zu beschäftigen.

Die Kompetenzen sind da, ist Heistermann überzeugt: "Wir haben ein kleines, aber feines Team", sagt er. Groß genug, um außerdem den Betrieb vor Ort zu unterstützen sowie IT-Projekte zu betreuen. "Die Kollegen werden die Verbindung zwischen Atos Origin und dem Unternehmen sein." Sie kennen beide Perspektiven und können so zwischen Business und IT übersetzen.

Die Neckermann.de GmbH erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro, das Unternehmen beschäftigt inklusive Tochtergesellschaften in zehn Ländern rund 5.000 Mitarbeiter - davon 3.500 in Deutschland. Seit Anfang dieses Jahres gehört der Versandhändler zu 51 Prozent der Sun Capital, Inc., einer in Florida ansässigen Investmentgesellschaft.

Unter deren Ägide wurde auch Anfang Juli "Neckermann 2010" angekündigt. In punkto IT bedeutet dies letztlich, schon früher erste Ergebnisse vorweisen zu müssen. Für Heistermann eine machbare Herausforderung. Er plant Ende dieses Jahres den ersten Teil des Stammdatenprojektes abzuschließen. Dann geht es Schritt für Schritt weiter. "Es ist ein großes Projekt, ein komplexes Vorhaben", konstatiert der Neckermann.de-CIO. "Und es macht Spaß."

Neckermann.de / Outsourcing

Branche

Handel

Zeitrahmen

acht Jahre

Produkte

IT-Services, Umbau IT-Struktur

Dienstleister

Atos Origin

Umfang

konzernweit

Internet

www.neckermann.de