Nach den Worten der Berliner Rechtsanwälte Fabian Laucken und Claas Oehler galten auch vor der EU-Richtlinie bereits Regeln über Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen. Dazu zählen Passagen aus Handelsgesetzbuch oder den GmbH- und Aktiengesetzen. Das seit Anfang 2007 gültige "Gesetz über das elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister" (EHUG) legt nun fest, dass bestimmte Vorgaben auf allen Geschäftsbriefen "gleichviel welcher Form" stehen müssen. Ansonsten habe sich nichts geändert.
Auch eine bunte Ansichtskarte ist ein Geschäftsbrief
Die Juristen gehen davon aus, dass der Gesetzgeber damit klarstellen will, dass ein "Geschäftsbrief" nicht bloß das auf Büttenpapier verfasste Schreiben vom Vorstand, sondern auch ein Fax, eine Postkarte oder eben eine Mail sein kann.
Die eigentliche Sensation - wenn das EHUG denn partout eine sein soll - sehen Laucken und Oehler darin, dass viele Firmen die schon zuvor geltenden Regeln offensichtlich nicht kannten. Jens Nebel, Experte in einer Essener Fachkanzlei für Wirtschaftsrecht, warnt davor, dass professionelle Abmahnspezialisten diese Unkenntnis ausnutzen könnten. Noch zu deutlich ist ihm die Klagewelle in Erinnerung, die vor ein paar Jahren durch die Richtlinien zu den Unternehmensangaben auf Websites ausgelöst wurde.
Um das zu vermeiden, genügt ein Blick in die ohnehin schon geltenden Vorschriften. Demnach müssen alle Unternehmen mindestens folgende Angaben in Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet sind, nennen:
1. den vollständigen Firmennamen, so wie er im Handelsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister (nachfolgend: Register) eingetragen ist
2. Rechtsformzusatz (z.B. GmbH, KG, Kommanditgesellschaft, OHG, AG, e.K. etc.)
3. Sitz des Unternehmens (anzugeben ist der satzungsmäßige "Hauptsitz", auch wenn der Geschäftsbrief z.B. von einer Zweigniederlassung aus verschickt wird)
4. Registernummer (des Unternehmens, nicht einer etwaigen Zweigniederlassung) und
5. Registergericht (des Unternehmens, nicht einer etwaigen Zweigniederlassung).
Bei GmbHs müssen zusätzlich aufgenommen werden:
1.alle Geschäftsführer mit ausgeschriebenem Vor- und Zunamen
2. (falls vorhanden) der Aufsichtsratsvorsitzende mit ausgeschriebenem Vor- und Zunamen
Bei AGs müssen zusätzlich aufgenommen werden:
1.alle Vorstandsmitglieder mit ausgeschriebenem Vor- und Zunamen, wobei der Vorstandsvorsitzende als solcher zu bezeichnen ist
2. ausgeschriebener Vor- und Zuname des Aufsichtsratsvorsitzenden.
Für GmbH & Co KGs, OHGs oder Zweigniederlassungen von Private Company Limited by Shares können noch einmal gesonderte Regeln gelten.
Die Rechtsanwälte Fabian Laucken und Claas Oehler empfehlen, server-seitig entsprechende Einstellung für ausgehende Mails vorzunehmen.
Sie glauben nicht, dass Unternehmen nun massenweise mit Klagen überzogen werden. Ein Punkt ist ihnen allerdings aufgefallen: Laut Gesetzestext sind nur Mails betroffen, die "an einen bestimmten Empfänger gerichtet" sind, also an eine natürliche oder juristische Person. Damit greifen die Vorgaben nicht für Werbeschriften oder Rundschreiben. Inwieweit Newsletter einbezogen sind, bleibt aus Sicht der Juristen unklar - schließlich sind Newsletter im Rahmen eines Verteilers an bestimmte Adressaten gerichtet. Andererseits werden diese Adressaten meist nicht nochmals individuell angesprochen.
So lange das nicht geklärt ist, empfehlen die Rechtsanwälte, alle E-Mails mit den Pflichtangaben zu versehen.