Große Unternehmen arbeiten mit einer Vielzahl von externen Dienstleistern zusammen. Bei Dax-Unternehmen liegt allein die Zahl der IT-Dienstleister teilweise bei bis zu 250 und mehr Anbietern, die in unterschiedlichsten Projekten teilweise alleinverantwortlich, teilweise im Projektteam für das Unternehmen arbeiten. Viele dieser Service-Partner sind Klein- und Kleinst-Unternehmen. Dazu kommen Freelancer, die teilweise schon seit vielen Jahren in den gleichen Abteilungen arbeiten und damit zu den "dienstältesten Kollegen" zählen.
Mit steigender Zahl der Vertragspartner wächst bei den Unternehmen der Steuerungsaufwand. Im gleichen Maße, wie die Zahl der externen Dienstleister steigt, nimmt ohne ein strukturiertes Partner-Management die Übersichtlichkeit für das Unternehmen ab. In der Folge zahlt die eine Abteilung beispielsweise für die gleiche Dienstleistung einen deutlich höheren Preis als eine andere beziehungsweise weiß gar nicht, dass es für das Problem einen im Unternehmen bereits bewährten Partner gibt. War es in der Vergangenheit häufig so, dass insbesondere das Management der kleineren IT-Dienstleister und Freelancer dezentral in der Verantwortung der jeweiligen Abteilungen lag, haben die großen Unternehmen nun begonnen, hier neue Wege zu beschreiten.
Ziel dieser Anstrengungen, so zeigen es Management-Befragungen von Lünendonk bei großen Unternehmen in Deutschland, sind dabei sowohl Steuerungsaufwand- und Kostenreduzierungen als auch ein kontinuierlicher Prozess der Qualitätsverbesserung für den Erfolg in der Zusammenarbeit mit externen Partnern. Neben der Ausweitung von Preferred-Partner-Modellen arbeiten die Unternehmen derzeit verstärkt an der Umsetzung von Tool-gestützten Partner-Management-Prozessen, die auch eine strukturierte Projekt- und Partnerbewertung mit einschließen.
Der Einkauf als interner Qualitäts-Manager
In diesem Zusammenhang übernimmt inzwischen der Einkauf vielerorts die Steuerung dieser Partnerlandschaft und das Partner-Management zentral für das Unternehmen. Damit agiert der Einkauf zunehmend als interner Qualitäts-Manager und Koordinator für die IT-Abteilung. Die Aufgaben beschränken sich dadurch nicht mehr allein auf die Phasen von der Angebots-Anforderung über die Gestaltung der Ausschreibungsprozesse bis zur Auftragserteilung sondern ganz gezielt auch auf die kontinuierliche Betreuung des Partnerbewertungsprozesses durch die Projektbeteiligten aus der IT und den Fachabteilungen.
Die Ansiedlung dieser Aufgabe beim Einkauf erweist sich dabei als meist als zielführend, da der Einkauf auch an der Ausgestaltung der Rahmenverträge mit den so genannten "Preferred Partnern" beteiligt ist und einen zentralen Überblick über die Felder der Zusammenarbeit besitzt.
Neue Herausforderungen für IT-Dienstleister
Für die IT-Dienstleistungs-Unternehmen ergeben sich je nach Größe aktuell unterschiedliche Herausforderungen. Während die großen Anbieter sich verstärkt um die Gestaltung und den Ausbau ihrer Rahmenverträge kümmern, stellt sich für Freelancer und Kleinst-Unternehmen zunehmend eine ganz andere Problematik. Weil die großen Unternehmen den Verwaltungsaufwand im Partner-Management reduzieren wollen, arbeiten einige nicht mehr direkt mit Freelancern zusammen sondern nur noch indirekt über Staffing-Dienstleister wie Hays oder GFT. Auf diese Weise schaffen sich die Kundenunternehmen einen zentralen Ressourcen-Pool. Teilweise übernehmen die Staffing-Dienstleister auch komplett das Third-Party-Management als externen Service. Weil die Freelancer und Kleinstunternehmen ihre Leistungen dann nur noch indirekt anbieten dürfen und damit teilweise auch die persönliche Beziehung zu Entscheidern in der Abteilungen für die Beauftragung an Bedeutung verliert, wachsen die Herausforderungen in Bezug auf die Darstellung der eigenen Skill-Profile erheblich.
Für die größeren Anbieter ergeben sich durch diese wachsende Bedeutung der Einkaufsabteilung insbesondere neue Herausforderungen für ihr Account-Management. Lag der Fokus in der Vergangenheit fast ausschließlich auf den Entscheidern in der IT-Abteilung, rücken mit den Entscheidern in den Fachbereichen und im Einkauf neue Ansprechpartner in den Fokus, deren Einfluss in den unterschiedlichen Phasen in der Zusammenarbeit kontinuierlich wächst.
Insgesamt profitieren durch ein strukturiertes Partner-Management mit kontinuierlicher Projekt- und Partner-Bewertung beide Seiten. Ein besonderer Vorteil strukturierter Bewertungen anhand von vorgegebenen und auswertbaren Kriterien ist das höhere Maß an Objektivität. So wird aus einer "gefühlten“ Zufriedenheit oder Unzufriedenheit eine nachvollziehbare und diskutierbare Gesprächsgrundlage. In den meisten Fällen stieg die Projektqualität nach der Einführung entsprechender Bewertungsprozesse deutlich.
Hartmut Lüerßen ist Geschäftsführer des Dienstleistungs- und Marktforschungsunternehmens Lünendonk.