Der aktuelle 72-seitige E-Government Benchmark 2012 der EU mit dem Titel „Public Services Online 'Digital by default, or by Detour?' Assessing User Centric E-Government performance in Europe" (PDF) zeigt, dass die generelle Verfügbarkeit von E-Government-Angeboten europaweit hoch ist.
Doch die Dienstleistungen werden bislang zu wenig in Anspruch genommen und die Nutzer erwarten – insbesondere im Vergleich mit den Angeboten des privaten Sektors – einen kontinuierlichen Ausbau der verfügbaren E-Government-Angebote.
Der Kostendruck auf die öffentlichen Haushalte und die steigenden Anforderungen der Bürger an E-Government-Services stellen die Regierungen Europas vor die Herausforderung, die digitale Transformation deutlicher als bislang voranzutreiben und Mehrwerte für Bürger, Unternehmen und die Verwaltung zu schaffen, so ein Sprecher der Benchmark-Gruppe.
Die Studie wurde von Capgemini, Sogeti, dem Analystenhaus IDC, dem Rand Europe Institut, dem Dänischen Technologie Institut DTI sowie Spractice/Indigov durchgeführt. Sie dokumentiert den Fortschritt von E-Government in Europa seit 2001.
Mit der aktuellen 10. Ausgabe wurde das Studiendesign zu Gunsten einer stärkeren Nutzerorientierung überarbeitet. Neuerungen sind die Befragung von rund 28.000 Bürgern der EU27+-Staaten sowie die Analyse von spezifischen Angeboten rund um ausgewählte Lebenslagen wie „Firmengründung", „Arbeitssuche" oder „Arbeitsvermittlung" und „Studium".
Für die Befragten in den insgesamt 32 Teilnehmerländern gehören Zeitersparnis (80 Prozent), Flexibilität (76 Prozent) und Kostenersparnis (62 Prozent) zu den wichtigsten Vorteilen der Nutzung von E-Government-Services. Weitere wichtige Aspekte sind Einfachheit, Kontrolle und Transparenz.
Als größte Hürden, die Online-Angebote zu nutzen, nannten die Befragten Probleme bei der Handhabung der Online-Dienste (24 Prozent) und Unkenntnis über das Vorhandensein der Angebote (21 Prozent).
Viele Bürger kennen die E-Government-Angebote noch gar nicht
Bürger, die noch nicht bereit sind E-Government Angebot zu nutzen, bevorzugen den persönlichen Kontakt zur Behörde (62 Prozent) oder gehen davon aus, dass ein Vor-Ort-Termin unumgänglich sei (34 Prozent) oder dass andere Kanäle effizienter seien (19 Prozent). Zweifel an der Datensicherheit äußerten lediglich elf Prozent der Nutzer, in Deutschland?liegt dieser Wert bei 15 Prozent. ?
„E-Government bietet unbestreitbar mehr Komfort und Effizienz für alle – wenn es richtig gemacht wird", sagte Marc Reinhardt, Leiter Public-Sektor bei Capgemini. „Um das vollständige Potenzial entfalten zu können und den Nutzer zu aktivieren, müssen die Dienstleistungsangebote noch attraktiver gestaltet werden und sich konsequent an den Lebens- und Unternehmenslagen von Bürgern und Wirtschaft ausrichten. Hierfür sollten die europäischen Regierungen den nächsten Schritt – vom elektronischen zum interaktiven Government – wagen."
Die nationalen E-Government-Services rund um die drei Lebenslagen „Unternehmensgründung", „Arbeitssuche" oder „Arbeitsvermittlung" und „Studium" entwickelten sich europaweit gut. Bei den grenzüberschreitenden Angeboten werden zwar die benötigten Informationen vermittelt, jedoch sind Online-Transaktionen zur Abwicklung der Geschäftsprozesse europaweit noch selten möglich.
Angebote für Unternehmen haben sich schon gut entwickelt
Für Unternehmensgründer sind die wichtigsten Behördendienstleistungen über die Grenzen hinweg bereits online verfügbar – auch wenn es noch Verbesserungspotenzial gibt. Deutschland liegt bei diesen Dienstleistungen in punkto Verfügbarkeit und Nutzerfreundlichkeit deutlich über dem europäischen Schnitt (92 zu 55 Prozent bzw. 95 zu 58 Prozent).
„Gerade bei einer Exportnation wie Deutschland verwundert es nicht, dass sie bei den grenzüberschreitenden E-Government-Services für Unternehmen eine führende Rolle einnimmt", sagt Reinhardt.
„E-Government-Dienstleistungen für Unternehmen bieten aufgrund ihrer hohen Transaktionsvolumina große wirtschaftliche Potenziale – für die Unternehmen wie für die Verwaltung. Auch die nationalen Online-Angebote für Unternehmen sollten daher ein zentraler Fokus jeder E-Government Strategie sein."
In der Bürgerbefragung wurden 19 ausgewählte E-Government-Services unter anderem auf die Aspekte Nutzung, Erwartungshaltung und Zufriedenheit hin untersucht. Aus der Studie geht hervor, dass jeder zweite Europäer (46 Prozent) bereits E-Government-Dienstleistungen nutzt. 70 Prozent der Befragten würden das Angebot wieder in Anspruch nehmen. In Deutschland hat rund ein Drittel (34 Prozent) aller Bürger schon Erfahrungen mit den Online-Angeboten gemacht.
Die Online-Abgabe der Einkommenssteuererklärung ist das beliebteste Angebot. 73 Prozent der Befragten gaben an, diesen Service zukünftig nutzen zu wollen. Online-Angebote rund um Umzug/Adressänderung und Immatrikulation/ Ausbildungsförderung zählen ebenfalls zu den am meisten genutzten Dienstleistungen.
E-Transparenz entwickeln
Darüber bestand Einigkeit, dass das Thema E-Transparenz europaweit stärker entwickelt werden muss. Angebote, die die Erbringung der Leistungen der Öffentlichen Verwaltung messen und diese Ergebnisse veröffentlichen, oder Angebote zur Teilhabe am politischen Prozess sollten stärker entwickelt werden.
„In einer sich rasch ändernden Welt muss die Wettbewerbsfähigkeit gesichert bleiben – um Arbeitsplätze zu garantieren, das Geld der Steuerzahler effizienter einzusetzen, eine nachhaltige Gesundheitsversorgung zu gewährleisten und die Energieressourcen besser zu nutzen. Informations- und Kommunikationstechnologie macht dies möglich. Sie kann Produktivität, Effizienz und Effektivität steigern und ist Grundlage für die notwendigen Innovationen und Anwendungen”, so Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda.
Nähere Informationen zum E-Government-Aktionsplan der EU gibt es hier.