Fachkräftemangel

Neuer Führungsstil soll Mitarbeiter binden

13.02.2012 von Andreas Schaffry
Vergütungsmodelle spielen kaum eine Rolle bei der Mitarbeiterbindung. So lautet ein Ergebnis des HR-Report 2011 von Personaldienstleiter Hays.
Führungskräfte haben angeblich ein offenes Ohr für die Sorgen von Mitarbeitern. Mit den Motivationskünsten ist es allerdings nicht weit her
Foto: Hays

Die meisten Unternehmen haben nach eigenem Verständnis bereits ein modernes Führungsbild etabliert und verankert. 70 Prozent sind der Auffassung, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitern genügend Freiräume gewähren, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Zwei Drittel gehen davon aus, dass Abteilungsleiter, Geschäftsbereichsleiter und Top-Management ein "offenes Ohr" für die Belange der Mitarbeiter haben. Knapp 60 Prozent halten das Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Führungskräften für partnerschaftlich.

Entscheider schwach bei Mitarbeitermotivation

Das ist eines der Kernergebnisse im "HR-Report 2011", den das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) im Auftrag des Personaldienstleisters Hays durchführte. Allerdings zeigt die Studie auch auf, woran es den Entscheidern hapert. So stimmt lediglich etwas mehr als die Hälfte der Befragten ganz oder teilweise zu, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter motivieren. Nur 47 Prozent geben Beschäftigten auch regelmäßig Feedback. Noch weniger, nämlich 45 Prozent, fördern die Beschäftigungs- und Leistungsfähigkeit durch Weiterbildungen, flexible Arbeitsmodelle oder Work-Life-Balance-Programme.

Das beste "Bindemittel" für qualifizierte Mitarbeiter ist immer noch ein gutes Betriebsklima.
Foto: Hays

Schon heute haben Unternehmen einen hohen Bedarf an qualifizierten Fachkräften, den sie nur schwer decken können. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen. Es liegt auf der Hand, dass Firmen und HR-Abteilungen ein starkes Interesse daran haben, qualifizierte Mitarbeiter langfristig zu binden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Gutes Betriebsklima bindet Beschäftigte

Unabhängig vom Alter der Beschäftigten sagten mehr als drei Viertel der Befragten, dass ein gutes Betriebsklima das beste Anreiz- und Motivationsinstrument zur Mitarbeiterbindung ist. Für 67 Prozent sind es flexible Arbeitsmodelle, für 62 Prozent die Reputation des Arbeitgebers und für jeweils rund 57 Prozent variable Gehaltsbestandteile und eine marktgerechte Entlohnung.

Allerdings stellt die Studie hier Unterschiede zwischen den Beschäftigtengenerationen fest. Um jüngere Leistungsträger zu halten, scheinen 61 Prozent der Befragten Karriereperspektiven und der Hälfte Förder- und Entwicklungsprogramme besonders geeignet. Die für die Bindung älterer Mitarbeiter am besten geeigneten Anreiz- und Motivationsinstrumente - Beschäftigungssicherheit, Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, betriebliche Altersvorsorge - erhalten mit Werten zwischen 20 und 30 Prozent dagegen eine vergleichsweise geringe Zustimmung.

Fachkräfte händeringend gesucht

Einen Schwerpunkt setzt der aktuelle HR-Report auf das Thema Mitarbeitergewinnung. Aufgrund des demografischen Wandels werden sich Unternehmen zunehmend auf einen "War for Talents" einstellen müssen. Dies spiegelt sich auch in den Antworten der Entscheider wider. 64 Prozent suchen aktuell Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung, 56 Prozent Hochschulabsolventen und 41 Prozent Experten als Spezialisten für bestimmte Fachgebiete. Am schwersten tun sich Firmen derzeit bei der Rekrutierung von Experten (39 Prozent), Fachkräften (38 Prozent) und Führungskräften (27 Prozent).

Um im globalen Wettbewerb zu bestehen, brauchen Firmen die besten Fachkräfte und Experten. Frauen werden dabei immer noch vernachlässigt.
Foto: Hays

Fachkräfte werden insbesondere für den Vertrieb gesucht. Das sagten 40 Prozent der Studienteilnehmer. Auf Fachpersonal in den Bereichen Verwaltung und Organisation, Finanz-, Rechnungswesen und Controlling und IT/EDV entfielen jeweils rund 30 Prozent der Nennungen. Die Rekrutierung erfolgt bevorzugt über Jobportale im Internet, Stellenanzeigen in Printmedien, die firmeneigene Karrierewebsite und durch Mitarbeiterempfehlungen.

Genderthemen noch unterbewertet

Der Arbeitsmarkt wird zudem massiv von Entwicklungen im Bereich der Informations-, Kommunikations- und Mobiltechnologien geprägt. Nach Ansicht der befragten Entscheider verdichtet sich dadurch die Arbeit und Abläufe werden beschleunigt. Die in diesem Zusammenhang steigende Bedeutung von Wissen und Kompetenz als Wettbewerbsfaktor ist den Befragten sehr wohl bewusst. Erstaunlicherweise hat die Personalpolitik in Unternehmen die Veränderung des Geschlechter- und Rollenverständnis im Hinblick auf die steigende Anzahl berufstätiger Frauen noch zu wenig auf dem Radar.

Im Rahmen der Studie wurden rund 440 Entscheider aus Firmen unterschiedlicher Größen und Branchen im deutschsprachigen Raum befragt. 40 Prozent der Studienteilnehmer sind Führungskräfte aus dem Personalwesen (Human Resources, HR), 30 Prozent Mitglieder der Unternehmensleitung, elf Prozent Führungskräfte in Fachabteilungen und 18 Prozent Mitarbeiter aus Personalabteilung und Fachabteilungen ohne Führungsverantwortung.