Wie verändert die Digitalisierung Arbeiten und Führen - diese Frage leitete den "Forecast 2018: 25 Research insights to fuel your people strategy". Hinter der großangelegten Studie stehen die Berater EY (Ernst & Young) und DDI sowie der Marktforscher The Conference Board. Eines der Ergebnisse: HR-Abteilungen verlieren weiter an Einfluss.
Knapp 26.000 Entscheider und mehr als 2.500 Personaler nahmen an der Studie teil. Aus ihren Antworten kristallisieren die Berater folgende sechs Megatrends heraus:
1. Digitale Skills zahlen sich aus
Digitale Pioniere erwirtschaften messbar bessere Ergebnisse: Die Marktforscher klassifizieren Unternehmen mit besonders hohen digitalen Skills als "Pioniere". In dieser Studie sind das 25 Prozent der gesamten Stichprobe. Im Vergleich mit den Durchschnittswerten aller Befragten erreichen Digital Pioniers Finanzkennzahlen, die rund 50 Prozent über dem Schnitt liegen.
2. Daten schaffen Chancengleichheit
Sitzen Frauen in der Führungsriege, steigt die Wahrscheinlichkeit nachhaltigen Wachstums um den Faktor 1,4. Die Studienautoren sehen auch das in der Digitalisierung begründet - Erkenntnisse aus Big Data veranlassten Firmen zu Diversity.
3. Die Kommunikation klarer Ziele rechnet sich
Kommuniziert die Geschäftsleitung ihre Ziele und Zwecke, kann das Unternehmen bis zu 42 Prozent mehr Umsatz als der Durchschnitt erreichen. Die Studienautoren führen das auf die Mentalität jüngerer Mitarbeiter zurück, explizit sprechen sie hier von der Generation X (Jahrgänge 1965 bis 1980) und den Millennials (zwischen 1980 und 1999 geboren). Sie arbeiteten produktiver, wenn sie den Kontext ihrer Tätigkeit verstehen.
4. Führungskräfte brauchen Mentoren
Die Ansprüche an Führungskräfte wachsen. Daher brauchen Chefs Unterstützung durch Mentoren. Das wirtschaftlich erfolgreichste obere Drittel der Studienstichprobe arbeitet mit formalisierten Mentoring-Programmen.
5. (Fast) jeder eignet sich zum Leader
Die Marktforscher identifizieren Unternehmen mit breit angelegten Mitarbeiterentwicklungs-Initiativen. Diese folgen nicht dem Bild einer firmeninternen Elite, sondern vermuten grundsätzlich in jedem Mitarbeiter Leadership-Potenzial. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Firmen überdurchschnittlich gut wirtschaften, steigt um den Faktor 4,2.
6. Die Personalabteilungen fallen immer weiter zurück
Seit etwa drei Jahren wird der Ruf von HR-Abteilungen (Human Ressources) immer schlechter, beobachten die Studienautoren. Denn diese entwickeln keine eigenen Skills für die Digitalisierung. Gleichzeitig belegt die Umfrage den Nutzen von People Analytic-Lösungen. Wer sie einsetzt, steigert seine Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen, um den Faktor 3,1.
Digitalisierung als Haltung, die über technologisches hinausgeht
Als größte Herausforderungen gelten mehr als sechs von zehn Befragten das Entwickeln von "Next Gen"-Leadern (64 Prozent) und die Fähigkeit, Top-Mitarbeiter zu finden und zu binden (60 Prozent). Zum Vergleich: Neue globale Wettbewerber zählen 48 Prozent der Befragten zu den größten Herausforderungen, eine weltweite Rezession 22 Prozent.
Die Studienautoren führen verschiedene Merkmale auf, die eine gute Führungskraft im digitalen Zeitalter beschreiben. Demnach verfügen solche Chefs über gute Kenntnisse der Digitalisierung an sich, hier beschrieben als "digital literacy" (Literacy = Alphabetisierung), und sie nutzen die Mittel der Digitalisierung, um zu führen. Daher können sie auch virtuelle Teams leiten. Sie kümmern sich um Vernetzung und Integration sowie um Kollaboration. Sie sind kulturell und intellektuell neugierig, zeigen Einfühlungsvermögen und wahren stets einen 360-Grad-Blick.
Die Studienautoren stellen klar, dass Digitalisierung als eine grundsätzlich offene Haltung verstanden werden muss und nicht an Technologie klebt. Sie betonen, dass derzeit innovative Unternehmen mit Technologie-Führerschaft Gefahr laufen, ihren Status zu verlieren. Das liegt an vier spezifischen Schwächen.
4 typische Schwächen von Technologie-Führern
Unklares Karriere-Management: Im Schnitt erklären 78 Prozent aller Befragten, sie wüssten, wie die Karriere-Pfade in ihrem Unternehmen verlaufen - in den "Tekkie-Firmen" sind es mit 64 Prozent deutlich weniger. Das kann den persönlichen Einsatz bremsen und die Wechselbereitschaft steigern, mahnen die Berater.
Keine individuellen Entwicklungspläne: Anschließend an Punkt Eins zeigt sich, dass Firmen mit Technologie-Führerschaft zu wenig Wert auf individuelle Entwicklungspläne legen.
Führungskräfte sind sich selbst überlassen: Unterdurchschnittlich oft stellen technologisch versierte Unternehmen ihren Führungskräften Mentoren oder externe Unterstützer an die Seite.
Entwicklung ist gar kein Thema: Führungskräfte aus "Tech-savvy"-Unternehmen erklären überdurchschnittlich oft, dass sich Gespräche mit ihren Vorgesetzten nur um die fachliche Leistung drehen. Über die persönliche Entwicklung wird überhaupt nicht gesprochen.
Fazit: In einer Gesamtschau aller befragten Manager erklären lediglich 14 Prozent, ihr Unternehmen habe zurzeit die Führungskräfte, die es brauche. Nicht einmal Cyber-Security bereite den Managern mehr schlaflose Nächte als der Mangel von passenden Managern, kommentiert EY.