Schneller nach Informationen recherchieren - das war für den Naturarzneimittelhersteller der Hauptgrund, um auf die elektronische Herstellungsanweisung inklusive Chargenprotokoll umzusteigen. Das elektronische Chargenprotokoll (EBR) bezeichnet die gesetzlich vorgeschriebene Dokumentation einer Arzneimittelcharge. Alle Vorgänge müssen lückenlos protokolliert werden. Das gesamte Verfahren – vom Fertigprodukt bis zum eingesetzten Rohstoff - muss sich genau rückverfolgen lassen.
Bisher protokollierte das Giessener Familienunternehmen Pascoe die Herstellung ausschließlich mit Papier, jeder Schritt musste handschriftlich festgehalten werden. Die Herstellungsanweisung wurde ausgedruckt und an die Mitarbeiter in der Fertigung übergeben. 2003 stieg Pascoe schließlich auf das elektronische Verfahren um. Die technologische Grundlage dafür ist die Unternehmens-Software Pharmasprint - eine vorkonfigurierte Branchenlösung für die Pharmaindustrie, die auf dem Software-Standard SAP basiert und vom SAP-Partner cormeta AG entwickelt wurde. 2005 erhielten die Giessener für die elektronische Herstellanweisung und das EBR als erstes Pharmaunternehmenweltweit die offizielle Anerkennung durch eine staatliche Behörde.
Beim Umstieg von der papiernen Freigabe und Unterzeichnung zur elektronischen Variante war bei den Pascoe-Mitarbeitern ein Umdenken notwendig, berichtet IT-Bereichsleiter Burkhard Runtsch. "Alle vorhandenen Daten müssen noch mal neu ins System eingegeben werden, um sie verfügbar zu haben", so Runtsch. "Wir sind immer noch damit konfrontiert, dass wir eine Unmenge an Daten pflegen müssen, bis eine elektronische Herstellungsanweisung steht und eingesetzt werden kann."
Ausfallsicheres und manipulierfreies IT-System
Zunächst erstellen die Mitarbeiter der Arbeitsvorbereitung ein Planungsrezept, der auch die Zeiten für jeden einzelnen Arbeitsschritt enthält. Nach der Freigabe des Prozessauftrags werden im SAP-System für die beteiligten Arbeitsplätze Einzel-Arbeitsanweisungen erzeugt, die den Mitarbeitern im System an ihren jeweiligen Arbeitsplätzen zur Bearbeitung elektronisch bereitgestellt werden. Während der Herstellung protokollieren alle Mitarbeiter im System phasenweise die durchgeführten Tätigkeiten und bestätigen diese per digitaler Unterschrift. Dabei handelt es sich jedoch um keine zertifizierte digitale Signatur, wie sie etwa für die Gesundheitskarte vorgesehen ist, sondern um eine SAP-Standard-Signatur.
Mit größeren IT-Sicherheitsproblemen war Pascoe-IT-Leiter Runtsch bisher nicht konfrontiert. "Das System arbeitet ausfallsicher und kann nicht manipuliert werden", versichert Runtsch. "Alle Daten werden im optischen Archiv abgelegt und können nicht mehr verändert werden." Abweichungen innerhalb des Herstellungsprozesses werden automatisch durch eine entsprechende Analyse im Chargenprotokoll dokumentiert und sind Grundlage für das Treffen des Verwendungsentscheides.
Während des Herstellungsprozesses werden externe Dokumentationen über einen Barcode eingebunden. Dieser wird anschließend mit dem Herstellungsprotokoll verknüpft. "Bei der Erfassung des Barcodes gab es immer wieder auch Schwierigkeiten, weil er einfach verkehrt erfasst worden ist. Das sind Kinderkrankheiten, die wir inzwischen abgestellt haben", sagt der IT-Bereichsleiter.
Pascoe spart durch die elektronische Dokumentation erheblich Zeit ein. Vorbei ist die Suche in dicken Aktenordnern. Alle Original-Daten stehen zentral im System zur Verfügung und lassen sich von jeder Stelle im Unternehmen abrufen. Das neue IT-Verfahren habe außerdem dazu geführt, dass Mitarbeiter sehr intensiv dokumentieren und die Produktion transparenter sei, so Runtsch.