Im Herbst vergangenen Jahres waren es noch über 400 Aussteller, diesmal hat sich ihre Zahl auf gut 350 reduziert. Das klingt nach Abschwung. Tatsächlich verbirgt sich dahinter das Messemodell der Zukunft: Kaum Beutelratten, nur ein Bolide und endlich eine Beschaulichkeit, die inspirierend auf die Besucher wirkt.
Das fängt schon in der Eingangshalle an. Drei freundliche Chinesen in roten Messe-T-Shirts geleiten die Gäste in die Warteschleifen aus rotem Band, wie man sie von Flughäfen kennt. Anders als beim Schlange stehen vor Airline-Countern, kann der Gast die Serpentinen vor den Cebit-Anmeldeschaltern jedoch entlang schlendern, ohne dauernd stehen bleiben zu müssen. Niemand versperrt den Weg. Niemand kommt auf die Idee, abzukürzen und unter den Bändern hindurch zu kriechen. Der kontemplative Gang in Schlaufen bereitet den Gast auf eine Messe vor, auf der er endlich mal wieder alles erfassen kann - alles.
Sicher, da ist zunächst der Bolide von Toshiba, der das eigentliche Erkenntnisinteresse in punkto IT treiben könnte. Auch die Rapper von Panasonic und die Tänzerinen eines Hardware-Herstellers drohen mit Ablenkung. Insgesamt stören den Messe-Müßiggänger jedoch maximal zehn Stände, wenn auch in nachhaltiger Lautstärke.
Gelegentlich rempeln den geneigten Besucher auch die Beutelratten an, jene jugendlichen Messe-Erscheinungen, die in großen Tüten ihe Beute aus Werbemitteln zusammen tragen. In Shanghai tritt diese Spezies jedoch verhältnismäßig selten auf. Es gibt einfach nichts zu holen. Nur wenige Aussteller verteilen Spielzeug, wie etwa der chinesische Speicherhersteller, der mit 2-GB-Festplatten lockt, die so groß wie zwei Fingernägel sind und in jede Digitalkamera passen sollen. Grundsätzlich jedenfalls. Die Exponate, die von den jungen Hostessen an alle Besucher verteilt werden, sind natürlich nur Modelle. Die plattgetretenen Kronenkorken mit 2-GB-Aufdruck sollen haptisch erfahrbar machen, was theoretisch denkbar ist. Immerhin: Sie hungern die Beutelratten aus.
Der Rest der Aussteller erlaubt Ruhe. Keine visuellen Werbebotschaften schreien den Besucher aus jedem Winkel an. Messestände glänzen in beispielhafter Schlichtheit. Da sitzt ein einzelner Mann auf einem Stuhl hinter einem Tisch vor einer leeren Wand. Über ihm prangen drei chinesische Schriftzeichen, die alles Wesentliche erklären - jedenfalls für die Lesekundigen. Der Mann kann sich der Wirkung seiner Botschaft so sicher sein, dass er schläft. So sollten alle Messestände aussehen.
Wie marktschreierisch kommen da die deutschen Aussteller wie SAP, T-Systems oder die Lufthansa Systems daher. Eitel nach Aufmerksamkeit heischend suchen die Augen ihrer Mitarbeiter den Kontakt zur vorbei schleichenden Laufkundschaft. Die starrt jedoch eher verständnislos zurück. Wer bei den Deutschen nicht schon einen Termin gemacht haben, will auch nicht wirklich erfahren, warum sie da sind. Sollten spontan Fragen an die Langnasen aufkommen, kann man diese im Internet besser beantwortet bekommen. Eine Messe-Mitarbeiterin von T-Systems bestätigt dies.
Bleibt also viel Beschaulichkeit auf der Cebit Asia. So soll es sein. Wozu sonst besucht man heute noch eine Messe, wenn nicht, um den Blick unbeschwert umher schweifen zu lassen und bei der ein oder anderen Kanne Kaffee Inspiration zu suchen. Alles andere kann man im Internet besser.
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