Die Übernahme oder der Zusammenschluss von Unternehmen kann kurzfristig für Wachstum von Umsatz und Marktanteilen, langfristig zu strategischen Verschiebungen der eigenen Position führen. Während sich Unternehmen in Krisenzeiten gerne auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, sind Merger & Acquisitions (M&As) in Zeiten des Aufschwungs ein gerne gewähltes Mittel zur Expansion und Diversifikation.
Aber mit Übernahme, Zukauf oder dem umgekehrten Weg, der Aufspaltung eines Unternehmens, ist noch nichts erreicht: "Entscheidend für den Unternehmenserfolg", heißt es in einer Studie von Steria Mummert, "ist die zielorientierte, schnelle Umsetzung im Rahmen der Post Merger Integration (PMI)", bei der zusammengefügt wird, was nicht unbedingt organisch zusammen gehört.
Für die Studie hat Steria Mummert 272 Fach- und Führungskräfte großer und mittelständischer Unternehmen mit M&A-, aber auch mit Demerger-Erfahrungen zum Thema Post Merger Integration befragt. Ziel der Studie war es herauszufinden, inwieweit die für die Unternehmen wichtigen Bereiche bei der Integration berücksichtigt worden sind, wo es Optimierungsbedarf gibt und wo insgesamt die größten Herausforderungen einer Integration liegen.
Grundsätzlich bewertet Steria Mummert eine umfassende Integrations- bzw. Demerger-Strategie als "zentrale Basis für eine erfolgreiche PMI". Die Strategie habe die Aufgabe, die Unternehmensziele und die Unternehmensstrategie in die Integrationsziele zu übersetzen. "Die Integrationsstrategie gibt somit den Weg zur Umsetzung in allen Bereichen vor."
Diese Meinung vertreten auch die meisten befragten Unternehmen: 70 Prozent bewerten ihre Integrations- bzw. Demerger-Strategie als "wichtig für das Projekt". So richtig zufrieden damit ist aber nicht einmal die Hälfte der Unternehmen.
Unterschiede zwischen Relevanz und Zufriedenheit
Die Diskrepanz zwischen Relevanz und Zufriedenheit zeigt sich durchgängig in allen Bereichen: Programm-Management, Governance, Change Management & Personal, Produkte, Marketing & Vertrieb, Finanzen, IT und Betrieb. In Bezug auf die Rolle der IT äußerten wiederum 70 Prozent der Befragten, die Informationstechnologie sei ein wichtiger Bereich für das Gelingen von Zusammenführungs- und Zerschlagungsprojekten. Glücklich mit dem Ausfüllen dieser Rolle sind indes wieder weniger: Nur 19 Prozent sind "sehr zufrieden", 38 Prozent immerhin "eher zufrieden". Mit "teils/teils" nicht so recht entscheiden mögen diese Frage 28 Prozent, was sicher unterm Strich keine überragende Bewertung der IT ist.
Change Management und Personal ist für M&A der unwichtigste Bereich
Bei der Betrachtung der Relevanz der einzelnen Bereiche für das Integrations- bzw. Demerger-Projekt bildet der Bereich Change Management & Personal das Schlusslicht: Nur etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen gaben an, dass dieser Bereich für das Integrations- bzw. Demerger-Projekt wichtig ist. Dies lässt vermuten, schreibt Steria Mummert in seinem Bericht, "dass einige Unternehmen bei solchen Projekten zu wenig vom Humankapital profitieren und kulturelle Faktoren außer Acht lassen."
Unabhängig von der Relevanz der einzelnen Bereiche für das Zusammenfügen oder Trennen von Unternehmen: Zufrieden mit der Umsetzung in allen Bereichen sind nie mehr als 59 Prozent der befragten Firmenvertreter. Insofern besteht für die operative Umsetzung überall und allenthalben Optimierungsbedarf. Schlusslicht ist dabei die Governance: Nur 48 Prozent der Unternehmen waren mit der Arbeit während des Projektes zufrieden.
Es liegt nahe, dass die eigene Rolle im Integrationsprojekt die Sicht auf die Relevanz der einzelnen Bereiche entscheidend beeinflusst. Die Studie bestätigt diese Annahme: "Maßgeblich Verantwortliche" bewerten demnach gleich "alle Bereiche" für die Durchführung einer PMI als überdurchschnittlich wichtig. "Erstaunlich ist", schreiben die Analysten, "dass nur für 84 Prozent der maßgeblich Verantwortlichen eine Integrations- bzw. Demerger-Strategie für das gesamte Projekt wichtig war".
Rückblick auf abgeschlossene Integrationsprojekte
Auch wenn die Befragten mit ihrer Gesamtstrategie beim Mergen und Demergen nicht so richtig zufrieden sind: Rückblickend betrachten dennoch starke 85 Prozent das gesamte Integrations- bzw. Demerger-Projekt als "zielgerichtet". Nur rund 70 Prozent bewerten es auch als "erfolgreich und effizient". Auch hinsichtlich der strategischen und operativen Umsetzung gibt es Potenzial für Verbesserungen: Nur 64 Prozent der befragten Unternehmen stimmen der Aussage zu, dass das gesamte Integrations- bzw. Demerger-Projekt "gut aufgebaut" war.
Bei der Bewertung der Übernahmen sind übrigens Käufer-Unternehmen grundsätzlich milder gestimmt als die Zielunternehmen. Zudem steigt die Zufriedenheit mit der Mitarbeiterzahl: Ab 500 Beschäftigte sind die Firmen insgesamt eher glücklich mit dem gesamten Projekt. Mit der Firmengröße steigt zudem die Bedeutung der IT für die Merger- und Demerger-Projekte, was unter anderem sicher auch damit zusammenhängt, dass die IT allgemein dort einen größeren Raum einnimmt.
"Für Unternehmen", fasst Steria Mummert seine Erkenntnisse zusammen, "ist die Konzeption einer umfassenden Integrationsstrategie zunächst eine der größten Herausforderungen". Aber auch eine wichtige, denn "diese umfassende Strategie ermöglicht dann eine zufriedenstellende operative Umsetzung des Integrations- bzw. Demerger-Projekts". Im operativen Fortgang der Geschehnisse sei es dann aber angeraten, "passiv Beteiligte sowie Beteiligte mit wenig Verantwortung" - also die Mitarbeiter unterhalb der Ebene Geschäftsführung sowie Bereichs- und Projektleitung - besser einzubinden und dem Bereich Change Management & Personal mehr Relevanz beizumessen.
"Das Erreichen der Integrationsziele ist von allen Mitarbeitern des Unternehmens abhängig", schreibt Steria Mummert und wiederholt damit eine alte Projektweisheit, nach der ohne die Mitarbeiter in keinem Projekt was geht. Umso erstaunlicher, dass auch nach vielen Jahren oft wenig erfolgreicher Projekte in allen Bereichen der Unternehmen speziell darauf hingewiesen werden muss.