Paketmarkt und Online-Handel

Nur noch Standard statt Express

13.12.2011 von Hartmut Wiehr
Wer im Web einkauft, braucht den Versand. Dem Paketmarkt geht es deshalb mit dem Retail-Boom im Internet automatisch besser. Eine verhängnisvolle Liaison?
Zur Weihnachtszeit klingelt der Paketmann besonders oft. Ein funktionierender Online-Handel bedeutet allerdings nicht automatisch auch positive Umsätze im Paketmarkt.
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Das eine Geschäftsmodell funktioniert nicht ohne das andere. Online-Shops, so sagen uns viele Berichte und Marktbefragungen in diesen Tagen, sind ein Erfolgsmodell. Und es wird, so die gleichen Auguren, mit dem kurz bevorstehenden Durchbruch von Mobile Commerce und Mobile Payment noch viel erfolgreicher.

Um so erstaunlicher scheint es, dass der Paketmarkt laut einer Untersuchung des Consulting-Unternehmens A.T. Kearney in den letzten Jahren Federn lassen musste. Von 2008 bis 2009 gingen die Umsätze in Folge der weltweiten Krise fast überall zurück. Nun soll seit dem letzten Jahr eine Kehrtwende eingetreten sein.

A.T. Kearney berichtet: "Der Internet-Handel hat den europäischen Markt für Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP) wieder auf Wachstumskurs gebracht. So stieg 2010 das Volumen der Sendungen um 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 5 Milliarden, der Umsatz legte im gleichen Zeitraum um 4 Prozent auf rund 42 Milliarden Euro zu. Damit wurde das Vorkrisenniveau in etwa wieder erreicht.“

In den kommenden zwei Jahren werde die sogenannte Sendungsmenge sogar auf ein Volumen von 5,7 Milliarden Euro anwachsen. Die starke Nachfrage nach preisgünstigeren Standardangeboten setze die KEP-Dienstleister jedoch weiterhin unter Druck. Dennoch: Es geht wieder aufwärts.

Ferdinand Salehi, Partner bei A.T. Kearney und Leiter des Beratungsbereichs Transportation, äußert sich wie folgt: "Das Geschäft von Europas KEP-Dienstleistern hat wieder an Schwung gewonnen.“ Auf den nationalen Märkten hätten insbesondere Business-to-Consumer- (B2C) und E-Commerce-Sendungen das Wachstum im Jahr 2010 vorangetrieben. Aber auch international werde das Geschäft wieder zunehmen. Salehi fügt hinzu. "Das zeigt aber auch, dass der Internet-Handel vor allem noch innerhalb von Landesgrenzen von statten geht und die Verbraucher europaweites Einkaufen nur begrenzt nutzen.“

Standard-Versand expandiert auf Kosten von Express-Angeboten

Für Europa insgesamt sei es typisch, dass der Standardversand inzwischen ein hohes Niveau erreicht hat. Dies verbindet sich kurioserweise mit einem leichten Rückgang des Geschäfts, da viele Kunden den teueren Express-Versand aufgegeben hätten: "Viele Kunden haben in der Krise aus Kostengründen entschieden, Express-Dienstleistungen durch Standard-Services zu ersetzen. Diese Entscheidung wurde mit dem Aufschwung jedoch nicht rückgängig gemacht – ein Hauptgrund für die schwächere Entwicklung des Gesamtumsatzes.“ Viele Kunden hätten gemerkt, dass die qualitativen Unterschiede zwischen Express- und Standardversand nur minimal seien. Letzterer koste aber deutlich weniger.

Deutschland nimmt einen oberen Platz im Paketmarkt ein.
Foto: A.T. Kearney

In nahezu allen europäischen Märkten ist der Versand von Konsumentenlieferungen stärker gestiegen als der zwischen Unternehmen. Diese versenden mehr über Frachtdienstleister, allein schon auf Grund der größeren Mengen, die hier bewegt werden.

Laut A.T. Kearney wird die europäische KEP-Branche bis Anfang 2012 wieder das Umsatzniveau von 2008 erreichen. Bis 2013 wird sogar ein Volumenwachstum von jährlich vier Prozent erwartet. Deutschland, Großbritannien, Polen und Russland würden die wichtigsten Wachstumsregionen sein.

Auf den nationalen Märkten erwarten die Marktforscher eine weiter zunehmende Konsolidierung unter den Anbietern von Paketdiensten, während gleichzeitig kleinere Nischenversender im Konsumentengeschäft wachsen würden. Hier sei auch ein stärkerer Preiskampf zu erwarten.

Auf und ab im europäischen Paketmarkt.
Foto: A.T. Kearney

Das Fazit von A.T. Kearney lautet: "Nach einigen bewegten Jahren ist die europäische KEP-Branche zurück auf dem Wachstumskurs.“ Darauf deuteten die besseren Zahlen der letzten Zeit hin.

Mehr Einkaufen, bitte!

Für die Konsumenten bedeutet das: Ein klarer Impetus zu mehr Einkäufen im Internet! Zufällig ist ja gerade Weihnachtszeit, so dass auch im "europäischen Wachstumsmotor Nr. Eins“ die Webkassen deutlich stärker klingeln sollten.