Bis 2009 wird das Umsatzvolumen durch Offshoring in Europa rund 3,6 Milliarden Euro betragen. Der britische Anteil daran wird drei Viertel ausmachen. Weltweit sind derzeit mehr als 380.000 IT-Angestellte im Offshoring-Bereich beschäftigt. Davon arbeiten allein in Indien 212.000 IT-Fachkräfte. Der Staat bleibt vorläufig das größte globale Offshoring-Land. Französische und deutsche Unternehmen wenden sich jedoch verstärkt Nordafrika und Osteuropa als Offshoring-Region zu.
In Großbritannien gibt es aktuell 884.000 IT-Fachkräfte. Davon sind weniger als vier Prozent arbeitslos. Gemäß der Studie beeinflussen zahlreiche Faktoren den Arbeitsmarkt und es ist sehr schwierig, den Einfluss von Offshoring herauszufiltern. Die Studienautoren schätzen, dass bis zum Jahr 2010 insgesamt 102.000 IT-Jobs durch Offshoring aus Großbritannien verlagert werden. Das sind ungefähr zwölf Prozent von der heutigen Anzahl der IT-Facharbeiter. Laut einer Forrester-Untersuchung werden bis 2015 aus Europa 150.000 reine IT-Arbeitsplätze ins ferne Ausland ausgegliedert.
Die IT steht beim Offshoring an vorderster Front. Aufgrund ihrer Verflechtung mit anderen Arbeitsbereichen sind jedoch auch viele Arbeitsplätze aus Finanzservice, Marktforschung, Rechtswesen, Architektur und Maschinen-Design betroffen.
Die meisten Marktforscher glauben, dass eine freie Marktwirtschaft ohne Protektionismus zum wirtschaftlichen Wohl aller Länder beiträgt. Ihnen zufolge führt freier Wettbewerb zu erhöhter Produktivität und Innovationen. Dadurch entstehen neue Arbeitsplätze daheim, die die ins Ausland verlagerten Jobs ersetzen. Skeptische Ökonomen sprechen sich indessen nicht für protektionistische Maßnahmen aus, sondern fordern staatliche Hilfen für die betroffenen Arbeitnehmer.
Häufig Schwarzmalerei in den Medien
Die Bevölkerung vieler hoch industrialisierter Länder altert zudem, sodass in Zukunft mit einer Verknappung von Arbeitskräften zu rechnen ist. Dem sei mit einer Kombination aus Offshoring, Einwanderung und verlängerten Lebensarbeitszeiten zu begegnen, so die Studienautoren.
Einige IT-Experten in Großbritannien sagen, dass Offshoring der heimischen Wirtschaft ausschließlich Schaden zufügt. Das liege zum Teil an der einseitigen Berichterstattung in den Medien, die sich gern die negativen Seiten herauspickten und schief gelaufene Einzelfälle plakativ darstellten. Das fortgesetzte Wachstum des Offshoring-Marktes und die graduell steigende britische Wirtschaftsleistung ergeben ein differenzierteres Bild, so die Studienautoren.
Der sich ausweitende IT-Services-Markt bietet speziell den britischen IT-Fachkräften Gelegenheiten, in Übersee zu arbeiten und IT-Dienstleistungen von Großbritannien auf die Weltmärkte zu exportieren. Doch müsse man die eigene Leistungsfähigkeit kritisch unter die Lupe nehmen und mit derjenigen der Weltbesten vergleichen, heißt es in der Studie. Dabei dürfe die Fähigkeit der Wettbewerber, Services hoher Qualität und Kosteneffizienz anzubieten, keinesfalls unterschätzt werden.
Die Untersuchung listet die wichtigsten Stärken, Schwächen, Gelegenheiten und Bedrohungen der britischen IT auf. Zu den Stärken zählen unter anderem Innovationen und Pionierleistungen in Hardware und Software, Erfahrungen mit hoch-komplexen Programmen, eine kreativitätsförderliche Kultur sowie eine multikulturelle Gesellschaft. Diese speist sich aus Fachkräften mit unterschiedlichem ethnischem Hintergrund. Hervorgehoben wird auch der Vorsprung bei der Outsourcing-Beratung gegenüber den anderen europäischen Ländern.
Hohe Qualitätsstandards der Offshoring-Partner
Als Schwächen der britischen IT listet die Studie hohe Arbeitskosten und die Tatsache auf, dass viele IT-Fachkräfte für einen Auslandsaufenthalt nicht speziell geschult sind. Zudem bemängeln die Autoren, dass ältere, aber erfahrene Arbeitnehmer aufs Abstellgleis gestellt werden und dass in den IT-Abteilungen wirtschaftliches Denken nicht ausgeprägt ist.
In westlichen Ländern findet man häufig die Auffassung, dass die Qualität der Offshore-Services minderwertig sei. Um diesen Eindruck entgegen zu wirken, haben sich viele Service-Anbieter aus Offshore-Ländern internationalen Qualitätsstandards unterworfen. So haben die wichtigsten indischen Anbieter einen besonders hohen Qualitätslevel mit den Standards des Capability Maturity Model (CMM) erzielt. Dieser Standard gibt die Norm für den globalen IT-Services-Markt vor. Die Autoren fordern, dass britische IT-Profis zu Experten dieses Standards und Garanten seiner hohen Ansprüche werden.
Traditionelle IT-Fertigkeiten wie Software-Entwicklung sind heutzutage so weit verbreitet, dass eine Beschränkung darauf kaum eine Hilfe für die IT-Experten von morgen ist. Diese müssten vielmehr Fähigkeiten entwickeln, die über eine reine technische Qualifikation hinausgingen. Es komme in stärkerem Maße darauf an, wie das IT-Know-how in den geschäftlichen Bereich übertragen werden kann, so die Autoren.
Die Fähigkeit zum globalen Offshoring gewinnt im internationalen Wettbewerb zunehmend an Bedeutung. Da die meisten britischen Firmen im internationalen Wettbewerb stehen, wäre es unsinnig, wenn sie ihre Offshoring-Aktivitäten reduzierten. Die Globalisierung der Industrie ist unumkehrbar.
Der Erfolg von Offshoring hängt wesentlich von vier Punkten ab:
Die British Computer Society nennt vier Bereiche, die sich als ungünstig für Offshoring erwiesen haben:
Die British Computer Society weist darauf hin, dass der Preis nicht der einzige Faktor im globalen Markt ist. Als Beispiel nennt das Institut den Stadtstaat Singapur. Dort gibt es eine hoch entwickelte IT-Branche bei gleichzeitig hohem Gehaltsniveau, das dasjenige der Nachbarländer bei weitem überragt. Ebenso wichtig wie der Preis ist eine geschäftsfreudige Umgebung sowie flexible und gut ausgebildete Mitarbeiter.
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