Pohland, Zero, Wöhrl, SinnLeffers bedroht

Online-Handel verdrängt stationären Textilhandel

13.09.2016
Pohland, Zero, Wöhrl, SinnLeffers: Immer mehr namhafte Modehändler geraten in wirtschaftliche Turbulenzen. Denn der Wettbewerbsdruck durch Textildiscounter wie Primark und Online-Händler wie Zalando wird immer größer.
Der textile Einzelhandel spürt den Verdrängungsdruck durch Online-Platformen. Die Kunden bleiben weg und bestellen lieber online.
Foto: Garry Weber

Der Wettbewerbsdruck durch den Online-Handel und die schnell expandierenden Textildiscounter bringt immer mehr klassische Modehäuser in Turbulenzen. Nach dem Herrenmode-Filialisten Pohland, und der Textilkette Wöhrl musste diese Woche auch SinnLeffers Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen. Ferner ringt der angeschlagene schwäbische Modehersteller Strenesse um einen Rettungsplan. Jüngst scheiterte der Verkauf an einen niederländischen Investor. Und Branchenkenner rechnen damit, dass schon bald weitere Unternehmen in Schwierigkeiten geraten.

"Einige textile Einzelhändler hängen am seidenen Faden", sagte der Deutschland-Chef des Kreditversicherers Euler Hermes, Ron van het Hof. "Das werden deshalb vermutlich nicht die letzten Insolvenzen gewesen sein." Der textile Einzelhandel leide unter der Konkurrenz durch den Online-Handel, aber auch unter einem hohen Preisdruck, der vor allem durch die Bekleidungsdiscounter angeheizt werde. Der Strukturwandel in der Branche sei in vollem Gange.

Jüngstes Beispiel für die Turbulenzen im Modegeschäft ist der Textilhändler SinnLeffers, der am Montag Insolvenz in Eigenverwaltung beantragte. Das Hagener Textilunternehmen, das bundesweit in 22 Filialen und drei Outlets 1259 Mitarbeiter beschäftigt, hofft nach Angaben von Geschäftsführer Friedrich Wilhelm Göbel im Insolvenzverfahren nicht zuletzt die Belastung durch hohe Mieten deutlich reduzieren zu können. Einen dramatischen Stellenabbau plant Göbel dagegen nicht. "Vielleicht können wir sogar alle Mitarbeiter weiterbeschäftigen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Der Schritt sei notwendig gewesen, um das angeschlagenen Unternehmen in einem sich immer schneller wandelnden Markt dauerhaft wettbewerbsfähig positionieren zu können, sagte Göbel. Das Unternehmen schreibe seit mehreren Jahren rote Zahlen. Maximal drei Filialen sollen nach seinen Worten im Zuge der Sanierung geschlossen werden. Der Manager zeigte sich überzeugt, dass mit den nun eingeleiteten Maßnahmen "der Fortbestand der SinnLeffers GmbH gesichert ist".

Tim Beyer, Fachanwalt für Insolvenzrecht bei Schultze & Braun und einer der beiden Insolvenzverwalter der Textilhandelskette Zero sieht vorläufig kein Ende der Turbulenzen im Textilhandel. "Ich rechne damit, dass sich in der Branche noch einiges tun wird", sagte er. Der Wettbewerbsdruck durch die Billiganbieter und den Online-Handel ist sehr groß." Die Kasse klingle zurzeit vor allem bei Textildiscountern wie Primark und bei ebenfalls eher niedrigpreisigen Ketten wie H&M oder Zara. "Darüber kommt dann der große Bereich der Mitte mit Marken wie s.Oliver, Esprit oder Zero. Da ist der Kampf sehr, sehr hart. Viele haben Schwierigkeiten und sind dabei, sich neu auszurichten."

Nach Schätzungen des Bundesverbandes des deutschen Textilhandels (BTE) hat sich die Zahl der selbstständigen Textilhändler seit der Jahrtausendwende fast halbiert - von damals mehr als 35 000 auf derzeit rund 18 000 Unternehmen.

Eigentümer von SinnLeffers ist die Unternehmerfamilie Wöhrl. Das Hagener Unternehmen ist mit der Modehauskette Wöhrl, die ebenfalls ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt hat, aber weder kapitalrechtlich- noch gesellschaftsrechtlich verbunden, wie Göbel betont. (dpa/rs)