Natürlich ist es egal, welche Produkte man als Beispiele für die "Vorwärtsintegration" vieler Hersteller von Markenartikeln bemüht, doch der Trend ist nicht zu übersehen: Besonders Hersteller mit einem bekannten Branding wollen sich nicht mehr mit dem Vertrieb über den klassischen Handel begnügen. Sie forcieren entweder den Direktvertrieb über eigene Online-Shops oder eröffnen exklusive Läden in teuren City-Lagen. Man kennt das Phänomen eigentlich schon länger: Outlet-Zentren leben davon, dass man dort viele Markenartikel "direkt" und "billiger" einkaufen kann.
Konkurrenz belebt in diesem Zusammenhang nur bedingt das Geschäft, denn solche Aktivitäten der Hersteller gehen in der Regel zu Lasten der traditionellen Vertriebswege. Diese sind zwangsläufig Verlierer beim Cross-Channel der Markenartikler. So formuliert denn auch das E-Commerce Center Handel am Institut für Handelsforschung Köln: "Marken sind für den Handel von zentraler Bedeutung. Durch die Wertschätzung und das Vertrauen, das Konsumenten Markenprodukten entgegen bringen, kann der Handel besser planen, sein Absatzrisiko verringern und aufgrund des häufig höheren Preises auch einen höheren Gewinn erzielen."
Die Gefahr von Verlusten ist groß: Drängen Hersteller immer direkter auf den Markt und übernehmen durch die „Vorwärtsintegration" bei immer mehr Produkten die Stufe des Handels, werden die Handelsspannen neu verteilt. Und ob die Konsumenten durch diese Entwicklung weniger für Markenprodukte ausgeben müssen, kann bezweifelt werden.
Studie "Cross-Channel beim Kauf von Markenartikeln"
Wie die Kölner Marktforscher feststellen, liegt vor allem im Bereich des E-Commerce die Chance für Hersteller, einige Zielgruppen direkt zu erreichen. So könne man relativ einfach Zusatzumsätze realisieren. In der aktuellen Studie "Cross-Channel beim Kauf von Markenartikeln – Wie Konsumenten Kanäle kombinieren" untersuchen die Marktforscher besonders den Zusammenhang zwischen der Markenaffinität von Konsumenten und ihrem Cross-Channel-Verhalten.
So habe sich gezeigt, dass etwa ein Drittel (32,7 Prozent) der deutschen Konsumenten eine hohe Markenaffinität aufweise. Weitere 44,4 Prozent sind "zumindest teilweise markenaffin" und 22,9 Prozent weisen eine geringe Markennähe auf. "Dabei sind Männer grundsätzlich etwas markenaffiner als Frauen", heißt es in der Studie, die in Zusammenarbeit mit Demandware, einem Anbieter von E-Commerce-Lösungen, erstellt wurde.
Kunden kaufen Markenprodukte bei stationären Händlern
Die aktuelle Situation ist noch dadurch gekennzeichnet, dass die Händler beim Vertrieb von Markenprodukten deutlich vorne liegen: 80 Prozent der Konsumenten kaufen derzeit Markenprodukte bei stationären Händlern und 78,2 Prozent bei Online-Händlern. Die Online-Shops von Herstellern landen mit 26,8 Prozent auf dem dritten Platz, und der stationäre Direktvertrieb durch Markenartikler liegt mit 24,4 Prozent bereits auf dem vierten Platz.
Laut der Untersuchung sind "attraktive Preise und gute Vergleichsmöglichkeiten die Hauptgründe für den Online-Kauf von Markenprodukten". Vier von fünf Konsumenten schätzen demnach online die guten Preise sowie die Möglichkeit, Produkte und Preise intensiv und in Ruhe vergleichen zu können. Und 78 Prozent bestellen gerne unabhängig von Ladenöffnungszeiten, also immer dann, wenn es in ihre eigene Zeitplanung passt.
Mode und Möbel sind die Produkte, die überdurchschnittlich häufig beim Hersteller direkt bestellt werden. Im allgemeinen Durchschnitt kaufen 20,1 Prozent der Befragten online beim Hersteller, im Bereich Fashion & Accessoires sind es dagegen schon 26,1 Prozent und bei Wohnen & Einrichten 26,9 Prozent.
Hersteller-Shops auf dem richtigen Weg
Die Marktforscher sehen Hersteller-Shops auf dem richtigen Weg: "Sie überzeugen durch ausführliche Informationen, größere Auswahl und guten Service. Sowohl online als auch offline sind dies die Hauptgründe für die Wahl des Direktvertriebs. 27,8 Prozent der Markenaffinen kaufen offline darüber hinaus wegen Kundenkarten beim Hersteller." Einige Retailer haben als Reaktion auf die "Vorwärtsintegration" von Markenartiklern damit begonnen, Cross-Channel auf ihre Weise anzugehen: Sie erfinden und promoten eigene "Marken", die sie dann in ihren Läden oder online vertreiben. Konkurrenz belebt doch das Geschäft.