Bislang waren Handhelds wie Linux-PDAs ein Flop. Der vor einigen Jahren von Firmen wie Sharp gestartete Versuch, PDAs mit Linux auszustatten, schlug fehl. "Zu sperrig und zu wenig käuferkompatibel für den Massenmarkt“, lautete das Urteil von Marktexperten. Nun scheint sich der Wind wieder zu Gunsten von Linux zu drehen. In einigen Ländern zieht das Geschäft mit Linux-basierten Handys und Smartphones an. In China beispielsweise, dem derzeit weltgrößten Markt für Mobiltelefone, sind Linux-Handys äußerst beliebt. Motorola macht in China zehn Prozent des Umsatzes mit Linux-basierten Smartphones.
Linux kostet weniger
Motorola bietet bislang die meisten Linux-Handys an. Das Linux-basierte A780 ist in Europa bereits erhältlich. Im zweiten Quartal erscheint das Motorokr Z6 mit Linux-Betriebssystem, weitere Linux-Handys will der Hersteller im Laufe des Jahres auf den Markt bringen. Neben dem Platzhirsch wollen auch kleinere Hersteller wie Panasonic, NEC oder Palmsource künftig verstärkt auf Linux setzen. Sie sehen in dem Open-Source-System die Chance, Kosten zu sparen und gleichzeitig Leistung und Flexibilität ihrer Angebote zu verbessern.
Derzeit dominieren den Handheld-Markt die proprietären Systeme Symbian OS und Windows Mobile. Symbian OS ist das Betriebssystem von Symbian, einem Konsortium aus Nokia, Sony-Ericsson und anderen Mobilfunkunternehmen. Diese Systeme treiben bei vielen kleineren Anbietern die Kosten. Denn für jedes ausgelieferte Mobiltelefon müssen sie Lizenzkosten an Microsoft oder das Symbian-Konsortium zahlen.
Linux kommt da gerade recht. Lizenzkosten fallen weg, der Quellcode ist offen und kann an eigene Erfordernisse angepasst werden, hinzu kommen hohe Flexibilität und Konnektivität. „Offene Standards und offene APIs ermöglichen es Software-Unternehmen, kundenspezifische Anwendungen zu entwickeln“, erklärt Bernd Drescher, Portfolio-Manager bei Motorola.
Je nach Markttrends kann Linux so sehr schnell weiterentwickelt werden. Anders als bei proprietären Plattformen muss ein Hersteller nicht auf ein Update des Betriebssystems warten. Eine schnellere Marktreife für neue Anwendungen ermöglicht auch die Kombination aus Linux und Java, wie sie Motorola favorisiert.
Analyst Benjamin Gray von Forrester sieht allerdings größere Chancen für Linux nur im Endkundenbereich. "Für Unternehmen ist es einfacher, auf Windows Mobile, Blackberry und Symbian zu standardisieren. Wegen der schieren Marktpräsenz und weil Mitarbeiter es bevorzugen, mit dem zu arbeiten, was sie schon kennen.“
Bill Weinberg, Spezialist für Open-Source-Architektur bei den Open Source Development Labs (OSDL), sieht noch weitere Hürden. "Es gibt eine Reihe ökonomischer und technischer Gründe, die Linux bisher davon abgehalten haben, größere Marktanteile im gesamten Handybereich einzunehmen“, sagt Weinberg von der unabhängigen Non-Profit-Organisation zur Förderung des Betriebssystems Linux.
Standards dringend notwendig
Ein Grund sind fehlende Standards. Mehrere Initiativen und Industriekonsortien wollen nun diese Lücke schließen. So verfolgt die unter dem Dach der OSDL gegründete "Mobile Linux Initiative“ (MLI) das Ziel einer verbesserten Unterstützung von Handys und Smartphones. Das "Linux Phone Standards Konsortium“ (LiPS) widmet sich der schnellen Standardisierung von Services für Linux-Handys. Damit soll in erster Linie das Standing gegenüber etablierten Plattformen verbessert werden. Motorola hat gemeinsam mit Vodafone, Samsung, NEC und Panasonic eine Stiftung gegründet, unter deren Dach eine offene Linux-Plattform für mobile Geräte entstehen soll. Die Gefahr, dass sich die einzelnen Initiativen ins Gehege kommen, bestehe nicht, denn die Initiativen würden eng zusammenarbeiten, erklärt OSDL-Direktor Stuart Cohen.
Sollte Linux eine akzeptierte, dritte Mobile-Plattform werden, würde dies nach Analystenmeinung auf Kosten von Symbian gehen. Davon könnten auch Unternehmen profitieren – allerdings nur dann, wenn sie Linux in größerem Ausmaß einsetzen. „Wenn man sich nur auf den Mobilfunk beschränkt, sind die Einsatzmöglichkeiten sicher limitiert“, erklärt Analyst Dan Bieler von IDC. „Interessanter wird es, wenn eine Firma Linux schon einsetzt. Dann kann man Mobilfunkanwendungen viel besser integrieren.“
So lassen sich in Linux-Umgebungen stationäre und mobile Dienste besser verzahnen. Und das zu erheblich niedrigeren Kosten als bei einer Windows-Mobile-Lösung. Statt des reinen Basis-Datenaustausches besteht dann etwa die Möglichkeit, tiefer auf die Datenbanken der Firma zuzugreifen und zum Beispiel direkt von unterwegs das Billing-System aufzurufen, um eine Rechnung schneller zum Kunden senden zu können.