Der Name ist Programm: OSPlus steht für One System - plus Extras. Sie schlagen die Brücke zwischen dem Wunsch zahlreicher Institute nach kostengünstigen standardisierten Software-Angeboten und individuellen Lösungen für geschäftsspezifische Anforderungen.
Nach der Umstellung von 428 deutschen Sparkassen ist die SaarLB eine von vier Landesbanken, die sich ebenfalls für die IT-Lösung desIT-Dienstleisters der Sparkassen-Finanzgruppe entschieden haben. Mit einer Bilanzsumme von rund 19 Milliarden Euro zählt die SaarLB zwar zu den kleineren Landesbanken, hat jedoch OSPlus nahezu durchgängig eingeführt.
Für Werner Severin, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der SaarLB, war die Entscheidung für OSPlus eine logische Konsequenz aus der hausinternen IT-Historie. "Wir sind seit mehr als 20 Jahren Kunde der ehemaligen Finanz-IT in Hannover und zweitens für alle landesbankspezifischen Anwendungen und Rechnungswesen Kunde der Nord/LB. So war klar, dass aus dieser Historie heraus eine Migration im Nachgang der Fusion von Finanz-IT und Sparkassen-Informatik erforderlich werden würde."
Ende 2009 sei erstmals die Frage aufgekommen, wie aus einem Interimskonstrukt und einer sehr komplexen Anwendungsarchitektur eine durchgängige Lösung zu finden sei. "Wir haben konkret drei Ziele verfolgt: Wir wollten die Finanz-IT-Welt und die Nord/LB-Anwendungen ablösen, zugleich aber geschäftsspezifische und geschäftsrelevante Subsysteme einbinden."
Keine Landesbank wie jede andere ist die SaarLB, die sich als deutsch-französische Regionalbank erfolgreich positioniert hat. Ihre Kernmärkte sind das Saarland und der benachbarte Nordosten Frankreichs. Ihre Geschäftsschwerpunkte sind das Geschäft mit mittelständischen Firmenkunden, die Finanzierung gewerblich genutzter Immobilien und erneuerbarer Energien sowie die Betreuung vermögender Kunden. Die grenzüberschreitende Kenntnis der Märkte, Geschäftsusancen und Rechtsnormen und ihre Einbindung in die hausinterne IT sind für das Institut mit Niederlassungen in Paris, Metz und Straßburg von großer Bedeutung.
Aus der Machbarkeitstudie in die Vollmigration
Die sehr offen konzipierte OSPlus-Architektur der in Frankfurt am Main ansässigen Finanz-Informatik erwies sich nach einer Machbarkeitsstudie als geeignete Lösung - die Vollmigration wurde im ersten Quartal 2010 als Mega-Projekt auf Schiene gesetzt: 40 von rund 600 Mitarbeitern der SaarLB waren Full-Time für das Projekt abgestellt - in bestimmten Projektphasen sogar bis zu 120 Mitarbeiter. 12.000 interne Projekttage später folgte die Umstellung an einem Migrationswochenende.
"Das zeigt, dass dies doch ein Riesen-Kraftakt für uns gewesen ist", sagt Severin rückblickend. "Das ist wie eine Operation am offenen Herzen." Die Bilanz stimmt auf beiden Seiten: 18,5 Millionen Euro budgetierte externe Kosten konnten eingehalten und sogar unterschritten werden. In der technischen Datenmigration gab es keine Probleme. Die Umstellung sei sowohl in der Kundensphäre als auch in der internen Nutzung reibungslos über die Bühne gegangen - für 60.000 Konten und 27,1 Millionen migrierte Datensätze.
Hinter den reinen Zahlen steht jedoch die Komplexität des Geschäftes - diese wirklich korrekt einzubinden und abzubilden ist die wichtigste Anforderung, die jeder IT-Dienstleister in der Migration erfüllen muss, betont Fridolin Neumann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Finanz Informatik (FI).
Die Vorteile der Migration für die SaarLB sind beträchtlich. Mit OSPlus fühlt sich die Bank gewappnet für alle derzeitigen und aktuell absehbaren Anforderungen aus ihrem Kundengeschäft und den Herausforderungen als IFRS- und IRBA-Bank. Auch die Zusammenarbeit mit den Sparkassen im Konsortialgeschäft stellt sich in einer gemeinsamen IT-Welt leichter dar.
Als Zentralbank der saarländischen Sparkassen und Verbundpartner der Sparkassen-Finanzgruppe Saar betreibt das Institut ein ausgeprägtes Konsortialgeschäft mit den Sparkassen in der Region. Darüber hinaus ist es Kompetenzzentrum insbesondere für die Bereiche Corporate Finance, Wertpapiergeschäft und kommerzielles Auslandsgeschäft. Anteilseigner der SaarLB sind die BayernLB (49,9 Prozent), das Saarland (35,2 Prozent) und der Sparkassenverband Saar (14,9 Prozent).
Dass Standardisierung nicht gleichbedeutend mit "von der Stange" ist, zeigt sich für die Landesbank insbesondere an der Schnittstelle zu ihren Sonderaufgaben, die sich aus dem französischen Geschäft ergeben. Besonderheiten wie aktuell die große Nachfrage nach der Finanzierung erneuerbarer Energien, lassen sich problemlos in der Standardlösung einbinden.
Datenqualität und Datensicherheit gesteigert
"Wir sind im sicheren IT-Hafen angekommen", so Severin. "Mit der Einführung der weitestgehend integrierten Gesamtbanklösung konnten Datenqualität und Datensicherheit gegenüber den bisherigen verteilten Lösungen verbessert werden." Das gelte sowohl für die Erhöhung der technischen Stabilität im laufenden Betrieb aber auch in punkto IT-Risikomanagement.
Die größte Herausforderung im Projektverlauf war laut Severin die Einbindung neuer Subsysteme. So wurde B+S als neues Frontend-System eingeführt und musste mit Simcorp Dimension der FI, aber auch mit dem noch im Einsatz befindlichen Alt-Systemen Kondor Plus synchronisiert werden. "Das war in punkto Individualität der anstrengendste Teil der Migration." Doch gemessen an der Auswirkung und den Veränderungen in das Institut hinein stehen die Bereiche Banksteuerung und Controlling-Systeme ganz oben an. Das sind heute, sagt Severin, komplett neue Systemwelten.
"In der Banksteuerung sind letztlich alle Subsysteme miteinander verzahnt, und das muss stimmig sein. Hier entscheidet und zeigt sich, ob alle Subsysteme sauber integriert sind und reibungslos funktionieren", ergänzt Neumann. Der Prozess sei für die Landesbank schon eine große Herausforderung. "Bei uns sind diese Prozesse bereits geübt und wir bieten auch Unterstützungsmaßnahmen an."
Standardisierung senkt Betriebs- und Entwicklungskosten
Auch auf der Kostenseite zieht der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der SaarLB eine positive Bilanz: In den laufenden IT-Kosten sei eine Ersparnis in der Größenordnung von 20 Prozent zu erzielen. Besonders interessant sei der Einsatz einer Gemeinschaftslösung aber auch perspektivisch. Neue Anforderungen ließen sich zu vernünftigen Entwicklungskosten von allen Anwendern tragen.
"Mit Basel III und Sepa kommt viel auf die Banken zu. Institute mit eigenen Lösungen und Subsystemen müssten einen beträchtlichen Aufwand leisten, um solche große Vorhaben einwandfrei einbinden und abstimmen zu können", bestätigt Neumann. Die Kunden seien stark involviert in die weiteren Entwicklungsprozesse. Es gebe daher auch "kein Fertigprodukt für eine Landesbank", sondern immer kundenspezifische Bedürfnisse und maßgeschneiderte Lösungen.
Zwar ringen die Vorstände alle um Standardisierung, denn Differenzierung kostet Geld. Dennoch ist Neumann überzeugt: "Es bleibt immer Individualität in der Standardisierung. Wir können keine Überstülplösung verkaufen. Nur wenn die besonderen Bedürfnisse der Bank wirtschaftlich als auch funktional erfüllt sind, ist eine Migration erfolgreich."
Die OSPlus im Großen ist zwar abgeschlossen. Aber die SaarLB will noch weitere Prozesse überarbeiten. 2012 sollen die hauseigenen Kreditprozesse mithilfe von OS Plus Kredit verbessert werden. Auch in den Bereichen Risikomanagement, Handelsunterstützung und den Banken-Anwendungen für das Geschäft der SaarLB in Frankreich besteht noch Anpassungsbedarf.
OSPlus für alle Landesbanken und Bausparkassen interessant
Neumann hofft, den Marktanteil von OSPlus bei den deutschen Landesbanken in den kommenden Jahren kontinuierlich weiter auszubauen. Die Landesbank Berlin, Nord/LB und Bremer Landesbank haben die Migration ebenfalls in Teilbereichen hinter sich. Dass weitere folgen werden ist wahrscheinlich, denn die Rechenzentren werden schon bei einer Reihe von Landesbanken mit Unterstützung der Finanz-Informatik betrieben. Aber auch für die Bausparkassen innerhalb der Sparkassenorganisation ist OSPlus laut Neumann von Interesse.
Neben den 428 Sparkassen, acht Landesbanken und der DekaBank, greifen zehn Landesbausparkassen sowie weitere Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe und der Finanzdienstleistungsbranche auf das gesamte IT-Spektrum der FI zu: von der Entwicklung und Bereitstellung von IT-Anwendungen, Netzwerken und technischer Infrastruktur über den Rechenzentrumsbetrieb bis hin zu Beratung, Schulung und Support.
Mitarbeiter müssen Bank- und IT-Know-how mitbringen
In Zukunft, so sieht es Severin, benötigen Banken für die gemeinsame Entwicklung passgenauer IT-Lösungen einen neuen Typ Mitarbeiter. Er muss sowohl die Prozesse der Bank als auch die Anwendungen des Dienstleisters verstehen.
"Allein schon für die jährlichen Releases, die in der Regel diverse Optionen in den Bereichen Handel, Kredit und Banksteuerung bieten, ist es wichtig, zentrale Prozessverantwortliche zu haben, die der Frage nachgehen können, welche neuen Angebote wir sinnvollerweise nutzen sollten", erklärt Severin. "Das sind andere Mitarbeiter als die Prozessverantwortlichen, die wir bisher kennen." Sie müssten auch Anforderungen definieren können, die für das Einzelinstitut interessant seien oder Verbündete suchen, mit denen sich gemeinsame Interessen und Entwicklungen von IT-Lösungen beauftragen ließen.
Über die Finanz Informatik
Die Finanz Informatik übernimmt den Service für 129,6 Millionen Konten; jährlich werden auf den Systemen über 80 Milliarden technischer Transaktionen durchgeführt. Das Unternehmen beschäftigt 5.171 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Wert in Vollzeitstellen), die Umsatzerlöse betragen rund 1,5 Milliarden Euro.