Oracle hat in diesem Jahr bereits ein halbes Dutzend Software-Firmen geschluckt. Im Januar übernahm Oracle den großen Konkurrenten Peoplesoft für 10,3 Milliarden Dollar und später die auf den Einzelhandel spezialisierte Software-Firma Retek für 631 Millionen Dollar. Bei Retek hatte Oracle den Rivalen SAP in einer Übernahmeschlacht ausgebootet. Mit der zunehmenden Betonung von Anwendungs-Software will Ellison die starke Abhängigkeit vom Datenbankengeschäft vermindern. Dort ist Oracle unumstritten weltweiter Marktführer.
Der Walldorfer Software-Konzern SAP gab sich von der Übernahme nicht überrascht. "Wir haben damit gerechnet“, sagte SAP-Sprecher Herbert Heitmann. Der Kauf sei im Sinne von Oracles Akquisitionsstrategie konsequent. "Genauso konsequent ist es, dass wir unsere Kunden nicht kaufen, sondern gut bedienen“, sagte er. Auch die neue Übernahme sei kein Grund, von dieser Strategie abzuweichen. Oracle habe noch einen langen Weg vor sich, wenn es so groß wie SAP werden wolle. Der US-Konkurrent habe im vergangenen Quartal nicht an organischem Wachstum zugelegt. "Die Kunden gehen nicht freiwillig dahin“, sagte er. Sie würden durch Aufkäufe gezwungen. Zudem habe SAP im Bereich der CRM-Software so aufgeholt, das es inzwischen ein Vielfaches des Siebel-Umsatzes mache.
Oracle werde durch den Siebel-Kauf auf einen Schlag weltgrößte CRM-Anwendungs-Softwarefirma, betonte hingegen Ellison. Mit CRM-Software überwachen Gesellschaften die Beziehungen zu ihren Kunden. Damit stärke Oracle seine Spitzenposition bei Anwendungs-Software in Nordamerika und komme näher an die globale Position Nummer eins heran, erklärte Ellison.
Siebel befindet sich in den roten Zahlen und hat in seinem Software-Bereich die Führungsposition in diesem Jahr an SAP verloren. SAP bleibt im gesamten Anwendungs-Software-Bereich für Unternehmen weltweiter Branchenführer vor Oracle.
Siebel hat eigenen Angaben zufolge rund 4.000 CRM-Anwenderfirmen und 3,4 Millionen Nutzer in aller Welt. Der CRM-Markt sei der am schnellsten wachsenden Anwendungs-Software-Bereich. Siebel-Chef und Gründer Thomas M. Siebel sprach von einer sehr vorteilhaften Geschäftskombination und hob die Entwicklungskapazitäten von Oracle hervor. Er will für die Transaktion stimmen. Die Siebel-Aktionäre müssen die Übernahme noch genehmigen. Sie soll Anfang 2006 vollzogen werden. Die Wettbewerbsbehörden dürften den Kauf genau unter die Lupe nehmen.