IWKA AG

Organisierte Dezentralität

28.06.2005 von Holger Eriksdotter
Technik-Vorstand Professor Gunther Reinhart bringt seine IT-Strategie auf einen einfachen Nenner: „Das Tagesgeschäft ist alleinige Aufgabe der Einzelgesellschaften; strategische Projekte, Standards und übergeordnete Anwendungen – wie etwa ERP-Systeme – organisieren wir zentral.“

Reinhart spricht von „organisierter Dezentralität“, wenn er die IT-Infrastruktur des Konzerns beschreibt. „Das Unternehmen ist dezentral gewachsen. Wir müssen vollkommen unterschiedliche Unternehmenstypologien - vom Maschinenbauer, der Unikate fertigt, bis zur Serienproduktion von Automotive Parts und Robotern – unter einen Hut bekommen“, sagt Vorstand Reinhart, früher Direktor des Instituts für Produktionstechnik an der TU München.

Keimzelle der heutigen IWKA AG, die ihren Namen (Industrie-Werke Karlsruhe-Augsburg AG) seit dem Jahre 1970 trägt, ist die 1872 gegründete Patronenhülsenfabrik „Henri Ehrmann & Cie.“. Mit Patronenhülsen hat das Unternehmen nichts mehr zu tun: Die IWKA AG fungiert heute als Holding für mehr als 80 mittelständische Unternehmen. Haupterzeugnisse: Industrie-Roboter, Werkzeug- und Verpackungsmaschinen.

Im Zentrum der Konzernkommunikation steht das von der IT-Tochter IWKA-Informationssysteme entwickelte „Pro-B-Portal“. Das individuell konfigurier- und personalisierbare System erlaubt über ein dezidiertes Berechtigungskonzept via VPNs den Zugriff auf die Daten aller Tochtergesellschaften. Als Messaging System ist konzernweit Outlook im Einsatz. „Aber ich würde auch ein anderes System zulassen, wenn es kompatibel ist“, sagt Vorstand Reinhart. Denn die Vorgaben der Konzernzentrale legen in der Regel keinen Zwang zu einheitlicher Hard- oder Software fest

Die Töchter sind hier weitgehend frei in der Entscheidung. Bedingung: Die ausgewählten Lösungen müssen die Konzernrichtlinien erfüllen. „Es geht mehr um durchgängige Standards an Leistung, Sicherheit und Kosten als um das Vorschreiben einer bestimmten Hard- oder Software-Lösung“, macht der Vorstand klar.

Das gleiche gilt für Sicherheitsfragen: „So großzügig ich bei der Freiheit der Töchter bin – bei der IT-Sicherheit gibt es keine Ausnahmen. Hier müssen sich alle exakt an die Standards halten“. Aber auch die Sicherheitsrichtlinien sind so gehalten, dass jedes Konzernunternehmen sie in eigene Anwendungsrichtlinien umsetzen kann und es ihnen obliegt, geeignete Lösungen zu implementieren.

Anders sieht es im Bereich ERP-Systeme aus: „Hier verfolgen wie ein Zwei-Säulen-Konzept“, sagt der Vorstand. Auf der einen Seite steht SAP, das zur Zeit in vielen Konzernunternehmen von R/3 auf mySAP umgestellt wird. Auf der anderen Seite soll ein zweites ERP-System als Alternative für kleinere Töchter eingesetzt werden. „Wir sind noch im Auswahlprozess; aber mittelfristig wollen wir alle anderen ERP-Systeme ablösen. Es wird keinen Zwang zur Migration geben, aber bei Neuinstallationen gibt es zukünftig nur noch die beiden Alternativen des Zwei-Säulen-Konzeptes“, sagt Reinhart.

Die IT-Tochter IWKA-Informationssysteme betreut die Holding und mehrere Gesellschaften im Bereich Verpackungs- und Werkzeugmaschinen. Die Sparten Automotive und Roboter haben jeweils eigene IT-Abteilungen, die wiederum ihre Töchter mit IT-Dienstleistungen versorgen.

Ein- bis zweimal jährlich treffen sich die IT-Beauftragten – meist IT- oder RZ-Leiter – der Töchter, koordiniert vom Konzern-CIO. Daneben bestehen themenbezogene Arbeits-und Projektsteuerkreise. Es geht um konzernweite Anwendungen und Standards, aber auch um den Erfahrungsaustausch: „Zum Beispiel bei der Umstellung von R/3 auf MySAP kann man sicher von den Erfahrungen der anderen Konzern-Gesellschaften profitieren“, sagt der Technik-Vorstand.

Sein Konzept der „organisierten Dezentralität“, ist Reinhart überzeugt, ist die optimale Lösung für die vorliegende Konzernstruktur: „Mit dieser IT-Organisation verbinden wir die Flexibilität, Kreativität und Schnelligkeit dezentraler, mittelständisch geprägter Unternehmenseinheiten mit den Synergien und der Economy of Scales einer mittelgroßen Konzernstruktur“.