Großprojekt

Otto legt Basis für Echtzeitunternehmen

31.05.2016 von Christoph Lixenfeld
In einem über 100 Millionen Euro mächtigen Großprojekt hat die Otto Einzelgesellschaft das alte Backend gegen ein neues ausgetauscht und setzt dabei auf Eigenentwicklungen. IT-Bereichsvorstand Michael Müller-Wünsch, der die Technologie des Onlinehändlers seit August 2015 verantwortet und damit erst gegen Ende des Projekts hinzustieß, will auf der neuen Basis nun drei Kernthemen maßgeblich vorantreiben: Echtzeit, Automatisierung und Kollaboration.
  • Die Otto Einzelgesellschaft (der frühere Otto-Versand) hat einen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand genommen, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens auf ein solides Fundament zu stellen
  • Das Backend wurde auf eine moderne Applikations-Plattform migriert
  • Zeitversatz akzeptiert heute kein Online-Kunde niemand mehr, deshalb ist die neue Plattform-Echtzeit-fähig
  • Bei der Transformation hat sich Otto für eine Eigenentwicklung entschieden, um den verschiedenen Marktanforderungen und den spezifischen Ansprüchen des Unternehmens schnell und kostengünstig gerecht werden zu können
  • Die Otto Einzelgesellschaft soll sich zu einer Consumer-Zentrierten Technologie-Organisation entwickeln

Online-Shopping ist nichts anderes als Automatisierung und war als solche natürlich schon immer technologiegetrieben. Aber es ist ein Unterschied, ob Händler die Technologie als Werkzeug betrachten, die Prozesse vereinfacht und Manuelles digitalisiert, oder ob Technologie zum Kern der Prozesse wird.

Michael Müller-Wünsch kam im August 2015 als Bereichsvorstand Technology zur Otto Einzelgesellschaft (früher Otto Versand).
Foto: Otto

Die Otto Einzelgesellschaft (der frühere Otto-Versand) hat einen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand genommen, um nach einigen Herausforderungen endgültig diesen Weg einzuschlagen und damit die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens auf ein solides Fundament zu stellen. Innerhalb der Otto Group, der Holding, gehört die Otto Einzelgesellschaft zum Geschäftsfeld Multichannel-Einzelhandel. Die beiden anderen Unternehmensbereiche bilden Finanzdienstleistungen und Service (Logistik- und Reisedienstleister sowie Einkaufsgesellschaften).

Otto will "bei der IT noch mehr Gas geben"

In der letzten Phase des Projekts ist Michael Müller-Wünsch, den Otto im August 2015 als Bereichsvorstand Technology installierte, dazugestoßen. Schon das Besetzen dieser Position, die es vorher nicht gab, war ein Signal nach innen und außen: Man meint es ernst mit der Optimierung der Prozesse und Technologie-Landschaft. Oder wie Otto-Konzernvorstand Alexander Birken bei Müller-Wünschs Vorstellung sagte, dass die Hamburger "bei der IT noch mehr Gas geben" wollen.

Und "Gas geben bei der IT" bedeutete, alte zentrale IT-Systeme im Backend gegen neue Eigenentwicklungen auszutauschen. Mit diesem Schritt bleibt sich der größte deutsche Onlinehändler für Fashion und Lifestyle treu, denn schon die Altsysteme waren Eigenentwicklungen.

Das Projekt in Kürze

Otto Einzelgesellschaft

Austausch zentraler IT-Systeme im Backend

Branche

Onlinehandel

Zeitrahmen

rund 2 Jahre

Mitarbeiter

500-köpfiges Team aus IT, Fachbereichen und Konzernfirmen

Aufwand

3-stelliges Millioneninvest

Produkte

Rechnungswesen, Warenauslieferung, Kundenbuchhaltung und Mahnwesen, Bestandsverwaltung sowie Retouren- und Lieferantenabwicklung

Dienstleister

Eigenentwicklung

Einsatzort

Deutschland

Internet

www.otto.de

Auch bei den Frontends fährt Otto die gleich Strategie wie zum Beispiel 2013 bei dem Projekt "Lhotse". Die Softwarelösung für den Onlineshop www.otto.de hatte Otto selbst entwickelt und dabei gelernt, dass man die damit verbundenen technischen Herausforderungen durchaus bewältigen kann.

IT-Landschaft einer Generalüberholung unterzogen

Diese waren allerdings beim Backend deutlich größer, es ging um nichts weniger, als "die gesamte IT-Landschaft einer Generalüberholung zu unterziehen", wie Michael Müller-Wünsch es nennt. "Wir wollten den Handel auf eine moderne Applikations-Plattform setzen, um den Ansprüchen der digitalen Welt gerecht zu werden", formuliert er das Ziel.

"Bei dieser technischen Transformationsaufgabe haben wir uns zunächst gegen einen Austausch in eine SAP-Landschaft entschieden, weil wir glauben, damit nicht den verschiedenen Markt- und Unternehmensanforderungen schnell und kostengünstig gerecht werden zu können", begründet Müller-Wünsch die Entscheidung.

Im digitalen Umfeld müsse Systemlandschaft ab einer gewissen Größenordnung und Komplexität wesentlich stärker selbst kontrolliert, entwickelt und betrieben werden. "Nur so können wir eine Differenzierung im sehr volumenträchtigen Handelsgeschäft erreichen."

Der Bereichsvorstand passt insofern sehr gut zu dieser Aufgabe und zu Otto, als er nicht nur die Offline- und die Online-Anforderungen des Handels kennt, sondern auch die Schnittstellen zwischen beiden. Müller-Wünsch arbeitete unter anderem von 2000 bis 2004 für die Otto-Online-Tochter MyToys.de, sechs Jahre für das Logistikunternehmen Ceva Logistics und von 2012 bis 2015 für Lekkerland.

Otto zum "intelligenten Echtzeit-Unternehmen" machen

Die Generalüberholung, von der Müller-Wünsch spricht, ist Teil des Kampfes darum, einen traditionellen Versandhändler, der lange vor Erfindung des Internets das Licht der Welt erblickte, zum "intelligenten Echtzeit-Unternehmen" zu machen.

Die Top CIOs im Handel
Michael Müller-Wünsch
Der Berliner Michael Müller-Wünsch (aka: MüWü) ist seit August 2015 Bereichsvorstand Technology (CIO) der Otto-Einzelgesellschaft. In dieser Funktion verantwortet Müller-Wünsch die Weiterentwicklung der IT-Landschaft und Tech-Architektur des Onlinehändlers und treibt damit den Wandel des Geschäftsmodells in Richtung Plattform. 2017 wurde die Technologie-Organisation von Otto unter seiner Führung mit dem CIO Innovation Award ausgezeichnet. Während seiner beruflichen Laufbahn arbeitete der im Bereich KI promovierte Informatiker und Diplom-Kaufmann unter anderem für Lekkerland, Ceva Logistics, MyToys und Herlitz.
Markus Mosa
Seit Februar 2015 wird das Ressort IT/Logistik beim Lebensmittelkonzern Edeka direkt vom Vorstandsvorsitzenden Markus Mosa geführt. Vorgänger Michael Wulst ging aus persönlichen Gründen in Rente. Das Vorstands-Team der Edeka AG besteht nun aus nur noch drei Vorständen.
Eduard Spitz
Die weltweite IT von Hugo Boss liegt seit März 2023 in den Händen von Eduard Spitz. Sein Vorgänger Jörg Walter ging in den Ruhestand.
Bastian King
Mit Bastian King beruft das Modeunternehmen Takko Fashion erstmals einen Chief Information Officer. Er soll den digitalen Wandel vorantreiben. Die Position des CIO hat der Modehändler aus dem nordrhein-westfälischen Telgte neu geschaffen. Zum 1. März 2023 holte das Management dazu Bastian King an Bord.
Christian Metzner
Seit Mitte April 2023 leitet Christian Metzner die IT der Drogeriemarktkette Rossmann. Seiner Vorgängerin Antje König stieg Anfang 2022 in den Vorstand auf. Metzner kommt von Volkswagen Financial Services.
Melanie Fichtner
Zum 1. Februar 2024 hat Melanie Fichtner den CIO-Posten bei der Baywa übernommen. Zuvor leitete sie die operative IT des Konzerns.
Ricardo Diaz
Seit August 2017 arbeitet Ricardo Diaz bei der Emil Frey AG in Zürich als CIO/CTO. Die Gruppe ist im Automobilhandel tätig. Der gelernte Diplom-Kaufmann Diaz war im April 2014 vom Energie Versorger EnBW als Vice President IT Strategy &Steering zur Unternehmensgruppe Media-Saturn gekommen. Im Juli 2014 wurde er CEO der Media-Saturn IT-Services und CIO bei Media-Saturn.
Matthias Wlaka
Seit 1. Januar 2024 ist Matthias Wlaka CIO und Mitglied der Geschäftsführung von Bonprix. Die Stelle wurde neu geschaffen, um die IT-Aktivitäten des Modehändlers zentral zu bündeln.
Marc Rauscher
Seit 1. April 2023 ist der ehemalige IT-Chef von Douglas, Marc Rauscher, Geschäftsführer der Hagebau IT GmbH. Er verantwortet das operative Geschäft der IT-Tochter.
Roman Melcher
Roman Melcher verantwortet bei dm nicht nur die IT, sondern sitzt auch in der Geschäftsführung des Drogeriekonzerns.
Lars H. Heimann
Lars H. Heimann ist seit März 2019 CIO der BAHAG AG, die zentrale Einkaufsgesellschaft der BAUHAUS Regionalgesellschaften. Seit Anfang 2021 hat er zudem den Posten des Senior Vice President Corporate IT inne. Er kam bereits 1999 in das Unternehmen.
Roland Schütz
Roland Schütz, langjähriger CIO der Lufthansa, wechselt als Vorstand für IT und Digitalisierung zum Mannheimer Pharmahändler Phoenix. Schütz tritt die neu geschaffene Position des Chief Information Officer Anfang 2021 an.
Andreas Hubert
Andreas Hubert ist seit Februar 2021 Group CIO von Adidas.
Katja Burkert
Seit 1. Juli 2021 ist Katja Burkert CIO bei Intersport. Sie folgte auf Lars-Eric Pusch, der zur Drogeriekette Müller wechselte.
Sinanudin Omerhodzic
Sinanudin Omerhodzic ist seit Oktober 2020 Geschäftsführer IT bei Aldi Nord. Er kommt von der Paul Hartmann AG.
Frank Schroeder
Frank Schroeder ist seit Mai 2016 Head of IT der Interseroh Dienstleistungs GmbH, einer Tochter des Berliner Recycling- und Umweltdienstleisters Alba. Er war zuvor Leiter IT-Management und Leiter Innovationsmanagement beim Bauunternehmen Hochtief AG in Essen.
Severin Canisius
Seit September ist Severin Canisius CIO und Mitglied der Geschäftsführung des Essener Schuhhändlers. Er folgt auf Olaf Schrage, der das Unternehmen Ende 2021 verlässt.
Katharina Knötel
Katharina Knötel hat im August 2021 den CIO-Posten bei Coca-Cola European Partners CCEP von Christian Rasche übernommen, der Mitte Juni zu The Coca-Cola Company gewechselt ist. Sie berichtet sowohl an Peter Brickley, CIO von CCEP, als auch die Geschäftsführung der deutschen Dependance. Knötel ist Teil der hiesigen Geschäftsführung und hat zudem einen Sitz im internationalen BPT-Führungsteam. Sie leitet den Bereich Business, Process and Technology (BPT) in Deutschland und ist unter anderem verantwortlich für Vertriebs- und Lieferkettenlösungen.
Jörg Kohlenz
Am 1. Juli 2022 hat der ehemalige Leoni-CIO Jörg Kohlenz die Position des Group CIO beim Thermomix-Anbieter Vorwerk übernommen.
Lars-Eric Pusch
Seit April leitet Lars-Eric Pusch die IT der Drogeriemarktkette Müller. Er soll sie zu einem datengetriebenen Unternehmen machen.
Michael Rybak
Michael Rybak hat bei der Drogeriekette Rossmann Anfang 2015 als Geschäftsführer den neu geschaffenen Geschäftsbereich Logistik und IT übernommen. Er verantwortete bereits seit Mitte 2014 zusätzlich zur Logistik den Fachbereich IT. Rybak wechselte 2009 in die Logistik des Drogeriekonzerns, wurde Logistikleiter sowie Geschäftsführer der Logistik-Gesellschaft und trat in die Geschäftsleitung ein.
Mark Michaelis
Seit dem 7. Juni 2021 ist Mark Michaelis Geschäftsführer der Markant Services International GmbH sowie ihres polnischen Pendants. Das Unternehmen verantwortet die IT, Produktentwicklung und den Betrieb der Dienstleistungen und Services der Markant-Gruppe.
Michael Kaib
Michael Kaib wurde im Juli 2015 neuer CIO in der Zentrale des Modekonzerns Esprit in Ratingen. Er berichtet an den Chief Operations & Systems Officer, Leif Erichson. Kaib kam im Mai 2010 zu Esprit. Er war dort zuletzt Vice President - Head of IT Governance & Enterprise Architecture. Kaib studierte Betriebswirtschaftslehre an der Philipps-Universität Marburg und in den USA und promovierte anschließend am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Marburg. Seine berufliche Karriere begann er 1998 als Berater bei Booz & Company in Frankfurt am Main in der globalen IT Practice.
Andreas Schobert
Bei der Hornbach-Baumarkt-AG ist Andreas Schobert (41) seit 2015 neuer IT-Vorstand. Das Ressort Technologie wurde neu geschaffen. Der Vorstand wurde dafür von sechs auf sieben Mitglieder erweitertet. Im neuen Ressort laufen ab sofort die Fäden für die konzernweite Informationstechnologie sowie das E-Business zusammen. Seit 2012 war Schobert als Leiter E-Business für den internationalen Aufbau und die Weiterentwicklung des Online-Geschäfts im Hornbach-Baumarkt-AG Konzern zuständig.
Nathan Mott
Nathan Mott ist seit Oktober 2014 CIO beim Stuttgarter Pharmagroßhändler McKesson Europe (zuvor: Celesio). Der IT-Chef kam aus den USA, vom Mehrheitsaktionär McKesson. Mott war zuletzt Präsident der McKesson Pharmacy Systems & Automation (MPS&A) und hatte danach zusätzlich das Celesio Coordination Planning Office geleitet.
Armin Bergbauer
Mit Armin Bergbauer hat der Technologie-Distributor Ingram Micro seit Frühjahr 2008 einen neuen IT-Chef. Seine Vorgängerin Barbara Neumann hatte sich in den Ruhestand verabschiedet. Als Leiter IT & Organization ist Bergbauer auch Mitglied der Geschäftsleitung und berichtet an Gerhard Schulz, den Vorsitzenden der Geschäftsführung.
Walter Schulte-Vennbur
Bei Electronic Partner verantwortet Walter Schulte-Vennbur seit Februar 2013 die IT. Der Diplom-Informatiker war zuvor CIO be Also Actebis. Auch vor dem Zusammenschluss von Also und Actebis 2011 arbeitete er mehr als 15 Jahre in verschiedenen Positionen beim Vorgängerunternehmen Actebis.
Bernd Herrmann
Bernd Herrmann arbeitet seit 1990 bei Würth, einem Großhandel für Produkte der Befestigungs- und Montagetechnik. In der Würth-Gruppe ist er Geschäftsbereichsleiter für IT, E-Business und Logistik sowie Geschäftsführer für die Bereiche Marketing und EDV der Adolf Würth GmbH & Co. KG. Seit Mai 2015 ist er auch in der vierköpfigen Konzernführung der Würth Gruppe vertreten und dort für IT und E-Business verantwortlich.
Stephan Wohler
Seit 2011 ist Stephan Wohler im Vorstand der Edeka Minden-Hannover. Er verantwortet bei der größten Edeka-Regionalgesellschaft die Ressorts IT und Logistik. Wohler kommt von der Metro, wo er zuletzt als Vorsitzender der Metro Group Logistics (MGL) arbeitete.
Khaled Bagban
Zum 1. Juli 2024 ist Khaled Bagban als CIO bei der Metro AG eingestiegen. Gleichzeitig wurde er CEO der Digitalisierungstochter Metro.digital. Er folgt auf Timo Salzsieder.
Michael Homburg
Michael Homburg ist seit April 2016 Geschäftsbereichsleiter IT/Organisation bei Edeka Nord. Sein Vorgänger Ernst Bochnig ist in den Ruhestand gegangen. Seit Mitte 2015 war Homburg bei Edeka Nord bereits stellvertretender Geschäftsbereichsleiter IT/Organisation.
Benjamin Beinroth
Neun Jahre war Benjamin Beinroth bei dem Lebensmitteleinzelhändler Tegut beschäftigt, davon vier Jahre als Chief Information Officer (CIO). Er wechselte zum Jahresbeginn 2016 in die CIO-Position bei Fressnapf. Beinroth berichtet als CIO direkt an Hans-Jörg Gidlewitz. Dieser ist verantwortlicher Geschäftsführer für die Bereiche Finanzen, Personal und IT bei Fressnapf.
Jörg Heinen
Jörg Heinen heißt der IT-Leiter bei WMF (Württembergische Metallwarenfabrik AG) in Geislingen. Seit Februar 2016 ist er im Amt. Der Vice President Global IT (CIO), so sein offizieller Titel, war zuvor Corporate Director, Strategic Vendor Management, bei der Henkel AG in Düsseldorf. Dort war er zuvor auch CIO Western Europe und damit verantwortlich für die IT-Services in der umsatzstärksten Region.
Andreas Möller
Seit März 2018 ist Andreas Möller Geschäftsführer IT/ Managing Director IT beim Lebensmittelhändler Aldi Nord in Essen. Zuvor war er dort Bereichsgeschäftsführer IT, verantwortlich für IT-Projekte & -Methodik.
Frank Hoe
Frank Hoe ist seit September 2016 CIO DACH bei der L’Oréal Deutschland GmbH in Düsseldorf. Er blickt auf 15 Jahre Erfahrung als CIO und IT Direktor in internationalen Unternehmen wie McDonald’s, Dole Food Company, Aldi Stores UK/Ireland und beim TÜV Rheinland zurück. Hoes Vorgänger im Amt, Abder Dellys, ist in den Ruhestand gegangen.
Johannes Wechsler
Johannes Wechsler ist seit Juli 2018 neuer Geschäftsführer der MediaMarktSaturn IT Solutions in Ingolstadt. Wechsler berichtet an Atul Bhardwaj, CTO der MediaMarktSaturn Retail Group und CEO der MediaMarktSaturn IT Solutions. Wechsler wird die Geschäftsführung der MediaMarktSaturn IT Solutions um Bhardwaj, Orhan Olgun und Thomas Gawron ergänzen. Zuvor, seit Mai 2015, war Wechsler CIO der ProSiebenSat.1. Media SE.
Max Thelen
Weil Erwin Sattler in die Geschäftsführung aufstieg, übernahm Max Thelen im Herbst 2010 dessen Position als Bereichsleiter IT/ORG beim Pharmagroßhändler Sanacorp. Damit verantwortet er IT-Infrastruktur und Anwendungsentwicklung des Unternehmens. Zugleich fungiert er als Schnittstelle zu den Fachbereichen.
Michael Baier
Neuer Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Infokom in Karlsruhe ist seit Juli 2018 Michael Baier. Infokom ist die IT-Tochter der Eurobaustoff, einer Kooperation für den mittelständischen Baustoffgroß und -einzelhandel. Zuletzt war Baier Vorstandsmitglied der Abas Unternehmensgruppe.
Jens Siebenhaar
Jens Siebenhaar ist seit Oktober 2018 CIO beim Bekleidungsunternehmen C&A Europe. Zuvor arbeitete Siebenhaar als Geschäftsführers der REWE Systems GmbH. Siebenhaar war im März 2009 Leiter der IT bei REWE geworden. Er wechselte damals von der Baumarktkette OBI an den Rhein.
Frank Scholz
Frank Scholz ist seit September 2018 Group CIO bei der Citti Handelsgesellschaft in Kiel. Er ist dort für die gesamte IT verantwortlich. Scholz war zuvor CIO bei der DB Regio. In den kommenden vier Jahren wird er sich die Aufgabe mit dem bisherigen IT-Leiter Matthias Ernst teilen.
Ulrich Wiedemann
Ulrich Wiedemann ist seit September 2020 IT-Leiter von Vinzenzmurr. Zuvor war er CIO und COO beim Münchner Edelmetallhändler Pro Aurum, zu dem er Anfang 2020 von Essity gewechselt ist.
Jochen Jaser
Jochen Jaser ist seit Juni 2019 neuer CIO beim Kölner E-Commerce Unternehmen HRS Group. Zuvor war Jaser bis Mai 2019 ein Jahr als CTO bei der Bearing Point Software Solutions GmbH in Frankfurt. Fast acht Jahre arbeitete er bei der Frankfurter Matrix42 AG, als CTO und CEO und sowie fünf Jahre bei der Karlsruher update4u Software AG, als Head of Product Management und CTO.
Andreas Helber
Mit dem Jahreswechsel 2010/11 änderten sich die IT-Verantwortlichkeiten bei der BayWa: Andreas Helber wurde zum Finanzvorstand berufen und übernahm zugleich das IT-Ressort vom vormaligen Vorstand Frank Hurtmanns. Dieser verließ den Agrarhändler. IT-Dienstleistungen bezieht die BayWa über die RI-Solution GmbH, die sie Anfang 2002 zusammen mit der österreichischen RWA AG gegründet hat. Chef des Dienstleisters ist Eugen Berchtold.

Echtzeit bedeute, "dass alle Daten, die durch einen Klick des Kunden im Onlineshop produziert werden, sofort und gleichzeitig allen am Prozess Beteiligten zur Verfügung stehen", so Michael Müller-Wünsch. Und was man mit einem Klick auf einem Shop-Portal auslöse, ließe sich nicht ohne großen Aufwand mit einer Standardsofortware in Echtzeit umsetzen. Jenen Zeitversatz, der zu Zeiten der Stapelverarbeitung noch normal war, akzeptiere heute niemand mehr.

Erwartungen der Online-Kunden steigen

Stattdessen erwarten Online-Shopper ein integriertes Einkaufserlebnis, und diese Erwartung lässt sich nur erfüllen, wenn die Prozesse hinter Auswahl, Bestellung oder Logistik perfekt aufeinander abgestimmt sind. Immer wichtiger, erzählt Müller-Wünsch, werde auch die Kommunikation mit den Kunden, und die sei neben der üblichen Sprachkommunikation heute bei weitem nicht nur textbasiert, sondern schließe auch Bilder und Videos mit ein. "Alle diese Daten muss man vorhalten, miteinander verbinden und in Echtzeit bereitstellen können. In verteilten Dateisystemen wäre das extrem schwierig", erklärt Müller-Wünsch. "Diese vielen Daten können wir jetzt alle in unserem neuen Backend ablegen."

Backend mit mehreren Oracle-Datenbanken

Das neue Backend arbeitet mit mehreren Oracle-Datenbanken, die zusammen eine "gemeinsame Bodenplatte" bilden, wie der Otto-Bereichsvorstand es nennt. Auf dieser Bodenplatte setzt das Unternehmen in der kommenden Zeit weitere Transformations- und Innovationsprojekte auf. "Damit ist es uns gelungen", so Müller-Wünsch, "gewachsene Strukturen und langjähriges Know-how in eine moderne Grundarchitektur zu übersetzen."

Die Generalüberholung der Infrastruktur ist Teil des Kampfes darum, einen traditionellen Versandhändler, der lange vor Erfindung des Internets das Licht der Welt erblickte, zum „intelligenten Echtzeit-Unternehmen“ zu machen.
Foto: OTTO

Viele der aktuellen und vor allem der kommenden Projekte drehen sich ums Einkaufen über mobile Gadgets, das Smartphone wird auch für Otto zum wichtigsten Kundenzugang. Es gibt schon heute Tochtergesellschaften des Unternehmens, die 90 Prozent ihrer Umsätze online und davon mehr als die Hälfte über Smartphones erwirtschaften.

Standardsoftware erschwert Differenzierung

Dabei fallen jede Menge spannende Daten an, die Otto intensiver als bisher vermarkten will. Das Unternehmen kennt nach eigenen Angaben die Hälfte aller deutschen Frauen, weil sie schon mal in einem der vielen Shops des Unternehmens eingekauft haben. Und weil Frauen 80 Prozent aller Konsumentscheidungen treffen, ist das Wissen über sie natürlich auch für andere Unternehmen Gold wert.

Unternehmen, die dabei alle auf den gleichen Technologie-Standard setzen, haben es sehr schwer, sich zu differenzieren. "Standardsoftware wird schlechter und teuer, wenn man versucht, an mehreren Stellen von diesen Standards abzuweichen", so Michael Müller-Wünsch. Trotzdem kann es Bereiche wie zum Beispiel Einkauf und Accounting geben, die nach einer entsprechenden Harmonisierung gut durch Standardsoftware unterstützt werden.

SAP-Einführung scheiterte am Change-Prozess

Das ist allerdings nicht der einzige Grund, warum Otto heute im Backend kein zentrales SAP-System einsetzt. Der andere: Man hatte zwar versucht, über eine Prozessharmonisierung die Technologie-Einführung zu unterstützen. Doch der Change-Prozess in der Organisation hat damals nahezu unüberwindbare Hürden entstehen lassen. Schließlich musste man 2012 einsehen, dass sich ein traditionsreicher, vielfältiger Kosmos unterschiedlichster Online- und Offline-Shops und unterschiedlicher Backend-Systeme nicht - oder jedenfalls nicht mit vertretbarem Aufwand - auf eine einzige Standardplattform zwingen lässt.

Der damalige CIO Christoph Möltgen setzte in der Folgezeit konsequent auf Dezentralisierung, das heißt die meisten Tochterunternehmen sollten jeweils eigene ERP-Systeme (u.a. auch SAP) betreiben. Doch damit, so Bereichsvorstand Michael Müller-Wünsch, war man eben stark von den Routinen und festgelegten Standards solcher Systeme abhängig.

Entscheidung für eine Eigenentwicklung

Für das zentrale Backend-System von Otto entschied sich das Projektteam noch vor der Amtszeit von Müller-Wünsch, die Alt-Systeme auf eine Eigenentwicklung für die Abwicklung des Geschäfts zu migrieren. So ist eine neue "Bodenplatte" entstanden, auf der sich weitere, unterschiedliche Räume oder ganze Gebäudeteile errichten lassen.

In Hamburg beschäftigen sich Gehirne von über 1000 Technologen mit der Zukunft der Handelssysteme. Neben eigenen Analytics-Teams arbeitet Otto auch schon seit vielen Jahren mit Startups zusammen. "Wir haben einen gesunden Mix aus Inhouse-Kompetenz, externen Partnern und eigenen Startup-Investments."

Eine Consumer-zentrierte Technologie-Organisation

Sie alle sollen dazu beitragen, dass sich Otto zu einer Consumer-zentrierten Technologie-Organisation entwickelt. Das Zauberwort dabei: Einfachheit. Müller-Wünsch: "Einfachheit und Verständlichkeit für den Kunden bedeutet in aller Regel auch Einfachheit in den Prozessen dahinter. Und Einfachheit heißt Schnelligkeit."

Schnelligkeit beim Liefern des Bestellten zum Beispiel, wobei Otto Wert darauf legt, an diesem Punkt schon einen Schritt weiter zu sein als die Konkurrenz, sich nicht nur um Geschwindigkeit zu kümmern, sondern auch um optimale Planbarkeit und Verlässlichkeit bei der Zustellung. Als einziger deutscher Onlinehändler informiert Otto seine Kunden selbst über das Eintreffen der bestellten Ware - und zwar Stundengenau. Wenn es um die Lieferung von Großstücken wie Waschmaschinen geht, können die Kunden das Zeitfenster der Zustellung im Bestellprozess sogar selbst auswählen.

Auf der Website von www.otto.de können Kunden ihren Wunschliefertermin angeben (Feld unten links).
Foto: OTTO-Pressebild

Diesen Service führt Otto nicht nur verlässlich aus, sondern das Unternehmen nutzt das dazu entstandene Framework, um solche prediktiven Modelle auch in anderen Bereichen ausrollen zu können.

Mit Design Thinking und Scrum

Grundlage der Modelle sind umfangreiche Prozessdaten und die Erfahrung der Hermes-Zusteller. Entwickelt hat das System ein Team aus Data Scientist in Hamburg, und zwar ohne die sonst dabei übliche Trennung zwischen Modellierung und Umsetzung, die Entwicklung erfolgte quasi direkt in der Praxis.

Methodisch gehörten vor allem Design Thinking und agile Verfahren wie Scrum dazu, also das Entwickeln eng an Kundenbedürfnissen in gemischten Teams, die Orientierung an Zielen statt an Pflichtenheften und das Verwenden von inkrementellen Verfahren. Genutzt wurde darüber hinaus auch Pair Programming, also das Entwickeln in Zweierteams, eine Arbeitsweise, für die eine sorgfältige Dokumentation sehr wichtig ist.

Dinge selber zu machen, gestalten und dadurch individuellere Lösungen bieten zu können, ist aber nur eine Seite jenes größeren Transformationsprozesses, in dem sich Deutschlands größter Versandhändler aktuell befindet. Die andere, das ist die Abkehr vom klassischen Plan-Build-Run auch in der Denke und im Umgang miteinander.

Neue Vertrauensmodelle für mehr Geschwindigkeit

So will sich die Otto Einzelgesellschaft zu einer Consumer Centric Organisation entwickeln, was die Arbeitskultur ändern wird. Denn das sich ständig stark verändernde Kundenverhalten, immer neu aufkommende Technologien, Automatisierung und neue Interaktionsmodelle wirken auf die Arbeitsweisen zurück. "Dafür muss man Vertrauensmodelle schaffen, die mehr Geschwindigkeit ermöglichen", sagt Müller-Wünsch. Neben flexiblen Arbeitsformen bedeutet das auch, dass Mitarbeiter stärker selbsttätig handeln und Dinge anstoßen sollen als in eher unproduktiven Strukturen geprägt durch Administration und Bürokratie zu verharren.

Die technische Grundlage für die schnelle und pünktliche Auslieferung der bestellten Waren entwickelte ein Team aus Data Scientists in Hamburg. Das Logistikunternehmen Hermes, ein Tochterunternehmen der Otto Group, setzte die Technik als erstes ein.
Foto: OTTO-Pressebild

Wichtige Lehren aus der Zeit bei MyToys.de

Michael Müller-Wünsch ist in diesem Prozess ein wichtiger Player. Eine der wichtigsten Lehren, die ihm heute bei seiner Umsetzung helfen, habe er ausgerechnet während seiner Tätigkeit beim Internet-Unternehmen MyToys.de gelernt: "Wenn kluge Menschen eine eigene Idee plausibel erläutern können, dann sollte man ihnen auch die Chance geben, sie umzusetzen. Ich habe in solchen Fällen gesagt: Wenn wir alle eine Nacht darüber geschlafen haben, dann lass uns Montag mit der Arbeit beginnen."

Natürlich ändern sich in einem Traditionshaus wie Otto nicht über Nacht sämtliche Strukturen und die gesamte Denke. Weil man das auch gar nicht will. Womit wir wieder am Anfang dieser Geschichte sind: Für Otto geht es darum, zu viel Tradition da abzustreifen, wo sie hinderlich ist, und sie an anderer Stelle gezielt zu bewahren, indem man die damit verbunden Werte in Kundennutzen übersetzt.

Und dieser Nutzen ist zum Beispiel der, die Waschmaschine am Samstag zu einem Zeitpunkt liefern zu lassen, den man vorher selbst bestimmt hat. Und sich anschließend darauf verlassen zu können, das das Gerät auch zur verabredeten Stunde da ist.

Projekterfahrungen | Lessons Learned

Michael Müller-Wünsch nennt die drei für ihn wichtigsten Learnings aus diesem komplexen Großprojekt.

1. Gemeinsamer klarer Fokus

Was uns sehr stark geholfen hat, insbesondere auf der Schlussgerade, war der klare Fokus des gesamten Unternehmens, vom Konzernvorstand bis zum letzten Mitarbeiter, auf den Erfolg dieses Projekts. Allen war klar, wir ziehen alle an einem Strang. Das hatten wir teilweise auch in Zielvereinbarungen verankert.

2. Interdisziplinäres vertrauensvolles Arbeiten

Die Führungsleute haben ein interdisziplinäres vertrauensvolles Arbeiten vorgelebt. Wir waren sehr fokussiert in der organisatorischen Abwicklung. Wir hatten für die Phase der Go-Live-Betreuung ein Hypercare-Steuerungsteam eingerichtet. Es bestand aus hochrangigen IT- und Business-Managern, die sehr schnell konkrete Fragestellungen schnell und unbürokratisch beantwortet haben.

3. Rigides Scope-Management

Bei so einem großen und komplexen Projekt war es wichtig, den Scope immer wieder klar zu priorisieren. Denn Projekte werden in ihrem Verlauf immer mal wieder überladen und mit neuen Anforderungswünschen konfrontiert. Ein rigides Scope-Management hat geholfen, dass das Projekt erfolgreich über die Zielgerade gelaufen ist.