Einige der Slogans, mit denen der Otto-Versand seit langem für sich wirbt, lauten "Otto find‘ ich gut" oder "Mein Otto". Dies fanden am vergangenen Sonntag auch zahlreiche Online-Kunden, die für ihre Bestellungen Gutschein-Codes benutzten, die frei in sozialen Netzwerken kursierten. Allerdings kamen sie nicht vom Otto-Versand selbst, sondern waren Fälschungen.
Otto merkte dies erst nach Stunden, als am Sonntagabend bereits 50.000 solcher Bestellungen eingegangen waren. Als Grund für diese Panne spricht man bei Otto von einem nicht näher ausgeführten "technischen Problem": "Auch Otto ist vor technischen Problemen nicht immer gefeit. Am Sonntagabend hatte genau ein solches technisches Problem dazu geführt, dass Besteller beliebig oft auf immer die gleichen nicht autorisierten Gutscheincodes zurückgreifen konnten."
Gutscheine für 88 bis 400 Euro
Als man es in der IT dann doch bemerkte, war es fast schon zu spät: Die 50.000 "nicht autorisierten" Gutscheine beruhten auf einer Preisspanne von 88 bis 400 Euro und hätten voraussichtlich zu einem finanziellen Schaden von mindestens 5 Millionen Euro geführt. So ist es erst einmal nur bei einem nicht unbeträchtlichen Image-Schaden geblieben.
Die Aktion trifft einen Versender, der sich einer zunehmenden Konkurrenz durch große Online-Shops wie Amazon oder Zalando ausgesetzt sieht. Diese gewinnen durch aggressive Preisgestaltung, viele Sonderaktionen oder kostenlosen Versand und Umtausch immer größere Marktanteile.
Klassische Versandhäuser wie Neckermann und Quelle sind bereits Pleite gegangen, weil sie zu spät oder unzureichend auf die neue Konkurrenz reagiert hatten. Auch an Otto und seinen Tochterunternehmen wie Schwab, Sport-Scheck oder Baur ist diese Entwicklung nicht vorbei gegangen. Um sich am Markt zu halten, setzte man jedoch früher als Neckermann und Quelle auf das Internet und entfaltete ebenfalls zahlreiche Preiskampagnen, unter anderem gestützt auf die Ausgabe von Gutschein-Codes.
Preise und Konditionen im freien Fall
Erst Anfang November hatte Otto angekündigt, mit den Preisen runter zu gehen. Vor allem bei Unterhaltungselektronik und Computern wollte man im Vorweihnachtsgeschäft die Kunden mit Preissenkungen anlocken. Laut einem Bericht der WAZ setzt Otto gegenwärtig auch verstärkt auf verkappte Rabatte. So müssen Kunden im Rahmen einer Aktion "100 Tage Zahlpause" ihre Rechnungen erst weit nach Weihnachten im Februar bezahlen. Auch bei den Versandkosten will man den Käufern weiter entgegenkommen.
Günstiger als indirekte zinslose Kredite bei verlängerten Zahlungszielen oder permanente Preisnachlässe bei den Produkten und beim Versand ist es natürlich, wenn man gar nichts oder kaum etwas aus eigener Tasche zahlen muss. Insofern dachten sicher viele Besteller am letzten Sonntag "Otto find‘ ich gut". Ob sie das jetzt noch denken, bleibt offen.